Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung im Sinne des § 122 Abs. 1, 3 AktG ist rechtsmissbräuchlich, wenn dem Antragsteller ein Zuwarten bis zur nächsten ordentlichen Hauptverhandlung zugemutet werden kann. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die begehrte außerordentliche Hauptversammlung bei unterstelltem Obsiegen des Antragstellers erst nach der nächsten ordentlichen Hauptversammlung stattfinden würde.

2. Soweit darüber hinaus (ggf. im Wege eines Hilfsantrags) die Ermächtigung zur Bekanntgabe von Tagesordnungsgegenständen im Sinne des § 122 Abs. 2, 3 AktG begehrt wird, bedarf es zuvor eines entsprechenden - fristgerechten - Verlangens an die Gesellschaft. Dem Verlangen auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung wird jedenfalls in Konstellationen, in denen der Antragsteller deutlich zum Ausdruck bringt, dass ihm ein Zuwarten bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung nicht zugemutet werden könne, ein solcher Hilfsantrag auf Ergänzung der Tagesordnung nicht als Minus entnommen werden können.

 

Normenkette

AktG § 122

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen HRB 162137 (Fall 38))

 

Gründe

Nach eingehender Vorprüfung durch den Senat werden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Beschwerde der Antragstellerin voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

1. Der als Hauptantrag gestellte Antrag auf Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1, 3 AktG dürfte bereits deswegen rechtsmissbräuchlich sein, weil die nächste ordentliche Hauptversammlung schon für den 07.06.2019 angesetzt und mit einer abschließenden Entscheidung des Senats vor diesem Termin nicht zu rechnen ist. Die begehrte außerordentliche Hauptversammlung würde - bei unterstelltem Obsiegen der Antragstellerin - erst nach diesem Termin stattfinden. Die Antragstellerin ist daher ohne weiteres auf die ordentliche Hauptversammlung zu verweisen, zumal die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung mit einem nicht unerheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist und in der Öffentlichkeit eine besondere - in der Regel eher negative - Aufmerksamkeit hervorruft (OLG München, Beschl. v. 09.11.2009 - 31 Wx 134/09 m.w.N.; Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, 4. Aufl. ≪2019 ≫ § 122 Rn. 25).

Dass die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gegenüber der Antragsgegnerin bereits am 13.12.2018 verlangt wurde, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Entscheidend kommt es allein auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts als letzte Tatsacheninstanz an (OLG München, aaO; Spindler/Stilz/Rieckers, aaO Rn. 54b).

Ob das Einberufungsverlangen darüber hinaus auch aus weiteren Gründen rechtsmissbräuchlich sein könnte, muss daher an dieser Stelle nicht entschieden werden.

2. Soweit aufgrund des Zeitablaufs nunmehr nach § 122 Abs. 2, 3 AktG als Hilfsantrag weiter beantragt wird, die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Hauptversammlung um die begehrten Punkte zu erweitern, erscheint bereits fraglich, ob eine solche Antragserweiterung im FamFG-Verfahren in der Beschwerdeinstanz möglich ist oder ob der Antrag bereits in der ersten Instanz hätte gestellt werden müssen. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es insofern jedoch nicht, da dem Antrag jedenfalls das nach § 122 Abs. 2 AktG vorgeschaltete an den Vorstand gerichtete Verlangen (und deren Ablehnung) fehlt.

Das als Anl. ASt 1 vorgelegte Schreiben vom 13.12.2018 beinhaltet ausdrücklich lediglich das Verlangen der Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung. Es wird dort ausgeführt, dass ein Zuwarten bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung nicht zuzumuten sei, weswegen nicht angenommen werden kann, dass in dem Verlangen auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung als Minus das Verlangen auf Ergänzung der Tagesordnung enthalten sein könnte. Letzteres wurde seitens der Antragstellerin schließlich gerade als nicht ausreichend erachtet, worauf sie auch mit Schriftsatz vom 12.02.2019 (S. 26) nochmals ausdrücklich hingewiesen hat. Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, dass es sich im Vergleich von § 122 Abs. 2 AktG zu § 122 Abs. 1 AktG um ein Weniger handele, (so z.B. KK/Noak/Zetsche, AktG, 3. Aufl. ≪2011 ≫ § 122 Rn. 98; a.A. MüKo/Kubis, AktG, 4. Aufl. ≪2018≫ § 122 Rn. 56; Spindler/Stilz/Rieckers, aaO, Rn. 54b; in diese Richtung auch OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03.12.1996 - 3 W 171/96), teilt der Senat diese Auffassung nicht, zumal dies lediglich den Antrag auf gerichtliche Ermächtigung und die Frage, ob es einer ausdrücklichen Antragsänderung bedarf oder ob das Gericht auch ohne geänderten Antrag hierüber entscheiden darf, nicht jedoch das vorgeschaltete an die Gesellschaft gerichtete Verlangen betrifft. Letzteres ebenfalls als obsolet anzusehen, wäre angesichts des mit dem durch die gerichtliche Entscheidung verbundenen Eingriffs in originäre Rechte der Gesellschaft nicht sachgerecht. Es obliegt zunächst der Gesellsch...

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