Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer mehrfach verpfändeten Forderung (hier: an einer Rückdeckungsversicherung) steht das Einziehungsrecht gem. § 1290 BGB dem erstrangigen Pfandgläubiger zu. Dieser benötigt für die Einziehung nicht die Zustimmung der übrigen Pfandgläubiger, denn diesem stehen die Rechte aus den §§ 1281 - 1283 BGB zu und die nachrangigen Pfandgläubiger kommen nur dann zum Zuge, wenn der vorrangige Pfandgläubiger befriedigt ist oder aus anderen Gründen wegfällt.
2. Ist eine Rückdeckungsversicherung an mehrere Pfandgläubiger in abgestufter Reihenfolge verpfändet worden, stellt die Kündigung des Versicherungsvertrages durch die Versicherungsnehmerin mit Zustimmung des erstrangigen Pfandgläubigers eine Einziehung i.S.v. § 1290 BGB dar.
3. Soweit noch keine Pfandreife eingetreten ist, kann der vorrangige Pfandgläubiger nach § 1281 S. 2 BGB die Leistung nur an sich und den Gläubiger gemeinschaftlich verlangen. Der nachrangige Pfandgläubiger ist an diesem Einziehungsverhältnis nicht beteiligt und insbesondere nicht befugt, Leistung an alle Pfandgläubiger gemeinschaftlich oder Hinterlegung für alle Pfandgläubiger zu verlangen.
4. Das Pfandrecht der nachrangigen Pfandgläubiger setzt sich auch nicht an dem Auszahlungsbetrag fort. Denn gem. §§ 1287, 1288 BGB ist Folge der Liquidierung der Forderung, dass die Gläubigerin der Forderung und der erstrangige Pfandgläubiger einander verpflichtet sind, den eingezogenen Betrag anzulegen und daran zugunsten des Pfandgläubigers ein neues Pfandrecht zu bestellen. § 1288 Abs. 1 BGB verdeutlicht, dass im Fall der Geldeinziehung sich das Pfandrecht in Abweichung von der allgemein anerkannten Regel des § 1287 Abs. 1 BGB nicht kraft Gesetzes aufgrund dinglicher Surrogation unmittelbar an diesem Erlös fortsetzt, sondern dem Surrogations-Prinzip dadurch Rechnung getragen wird, dass ein Anspruch auf Neubegründung eines Pfandrechts besteht.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 26 O 442/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.09.2022 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 26 O 442/19 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin zu 90% und der Beklagten zu 10% auferlegt. Die Klägerin hat von den Kosten der Streithelferin 90% zu tragen. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren beträgt bis zu 125.000 EUR.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer von dieser an die Streithelferin sowie deren damaligen Geschäftsführer J. H. - zugleich auch ehemaliger Ehemann der Klägerin - ausgekehrten Rückdeckungsversicherung geltend.
Die Streithelferin erteilte ihrem damaligen Geschäftsführer J. H. zum 02.01.1989 eine Pensionszusage und schloss auf dessen Person bei der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten eine Lebensversicherung mit der Nr. ...33 (im Folgenden: Rückdeckungsversicherung -33) ab (BI. 214 LG-Akte). Die Ansprüche aus dieser Versicherung wurden von der Streithelferin am 01.01.1990 an J. H. als unmittelbar versorgungsberechtigte Person zur Sicherung aller Ansprüche aus der Pensionszusage verpfändet (BI. 213 LG-Akte) und dies der Beklagten angezeigt.
Der vormals ebenfalls bei der Streithelferin arbeitenden Klägerin gewährte die Streithelferin mit Pensionszusage vom 01.12.1997 ebenfalls eine betriebliche Altersvorsorge. Am gleichen Tag schloss die Streithelferin bei der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten eine die Klägerin als versicherte Person betreffende Lebensversicherung Nummer: ...27 (im Folgenden: Rückdeckungsversicherung -27) ab (BI. 186 ff. LG-Akte). Die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung -27 wurden von der Streithelferin am 14.12.1997 an die Klägerin als unmittelbar versorgungsberechtigte Person verpfändet (BI. 207 f. LG-Akte).
Die Ehe zwischen der Klägerin und J. H. wurde am 10.05.2007 rechtskräftig geschieden. Am 31.03.2009 verpfändete die Streithelferin zur Sicherung aller Ansprüche aus der am 01.12.1997 erteilten Pensionszusage die Ansprüche aus der mit "Wirkung vom 1.12.90" abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung -33 an die Klägerin (BI. 377 LG-Akte). Die Beklagte bestätigte der Streithelferin unter Bezugnahme auf "Ihre Nachricht vom 31.03.09" die Verpfändung zugunsten der Klägerin mit Schreiben vom 25.06.2009 (BI. 381 LG-Akte).
Mit auf dem Briefkopf der Streithelferin erstellten und an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 04.08.2014 erklärte J. H., der das Schreiben sowohl als damaliger Geschäftsführer der Streithelferin, als auch als Pfandgläubiger unterzeichnete, "hiermit kündigen wir" mit Zustimmung des Pfandgläubigers die R...