Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen des sog. "blue-pencil-Tests"
Leitsatz (amtlich)
Eine Regelung in AGB nach der sich ein Vertriebspartner zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 10.000 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine vereinbarten Regelung, die es dem Vertriebspartner während der Dauer wie auch nach Beendigung des Vertrages untersagt, andere Vertriebspartner, die noch in einem Vertragsverhältnis zu der Klägerin stehen, abzuwerben oder den Versuch einer Abwerbung zu unternehmen, unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs, ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Der uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist mit wesentlichen Grundgedanken des Vertragsstraferechts nicht zu vereinbaren und stellt im Regelfall eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar.
Der Umstand, dass der Vertragsstrafe auch die Funktion eines pauschalierten Schadensersatzes zukommen mag, vermag vorliegend nichts an der Unangemessenheit der Klausel zu ändern. Hierzu ist zum einen darauf hinzuweisen, dass auch die Unternehmung eines Versuchs einer Abwerbung nach der Regelung einer vollendeten Abwerbung gleichgestellt ist und auch insoweit der Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs gilt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Regelung nicht nach dem Grad des Verschuldens des Vertragspartners unterscheidet. Schließlich lässt die Vertragsstrafe keinerlei Differenzierung zu und die Regelung in Ziff. 10.5 Satz 3 AVB lässt ausdrücklich weitergehende Schadensersatzansprüche der Klägerin hiervon unberührt.
Bei der Inhaltskontrolle einer AGB-Klausel kommt es nicht darauf an, ob die Bestimmung im konkreten Einzelfall, also im Verhältnis der konkreten Parteien angemessen ist. Vielmehr ist in einer überindividuell-generalisierenden, von den konkreten Umständen des Einzelfalls absehenden Betrachtungsweise zu prüfen, ob die Regelung generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise den Vertragspartner unangemessen benachteiligt.
Der Regelung kann nicht dadurch mittels des angeführten "Blue Pencil Tests" zur Wirksamkeit verholfen werden, indem der Satzteil "unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges" weggestrichen wird. Das Streichen des in Rede stehenden Satzteils würde zu einer unzulässigen Neuformulierung, die dem Verbot der geltend erhaltenen Reduktion widersprechen würde, führen. Denn es handelt sich erkennbar um eine einheitliche Regelung, weshalb es mit dem Streichen des unangemessenen Teils nicht getan ist, sondern die Klausel insgesamt verfällt.
Normenkette
AGB-Kontrolle; BGB § 307
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 03.03.2010; Aktenzeichen 16 O 242/09) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 3.3.2010 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Köln - 16 O 242/09 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Das LG hat die Klage hinsichtlich der mit der Berufung noch verfolgten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten i.H.v. jeweils 10.000 EUR zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf jeweils 10.000 EUR aus Ziff. 10.5 AVB. Nach Ziff. 10.5 Satz 2 AVB verpflichtet sich der Vertriebspartner unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 10.000 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung der in Ziff. 10.5 Satz 1 AVB getroffenen Vereinbarung, die es dem Vertriebspartner während der Dauer wie auch nach Beendigung des Vertrages untersagt, andere Vertriebspartner, die noch in einem Vertragsverhältnis zu der GmbH stehen, abzuwerben oder den Versuch einer Abwerbung zu unternehmen.
Mit dem LG kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagten jeweils den Tatbestand dieser Klausel verwirklicht haben, indem sie tatsächlich Handelsvertreter der Klägerin abgeworben oder dies versucht haben. Die Klausel ist jedenfalls gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Vertragspartner wegen des Passus "unter Ausschluss der Fortsetzungszusammenhangs" unangemessen benachteiligt. Auf die zutreffenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung, denen sich der Senat anschließt, wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
1. Der Senat vermag der Auffassung der Klägerin, dass die Vereinbarung einer Vertrags...