Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 23.12.2022 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bergisch Gladbach vom 18.11.2022 (26b F 24/22) teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller halbjährlich spätestens am Freitag der der Zeugnisausgabe nachfolgenden Kalenderwoche Folgendes zu übersenden:

  • das jeweils aktuelle Halbjahreszeugnis bzw. nach Beendigung der Schule zusätzlich Belege über den aktuellen Stand der Ausbildung,
  • ein aktuelles Passfoto oder ein vergleichbares Foto in Halbportraitform (Oberkörper/Kopf frontal) von N., eine Auflistung der erfolgten Arztbesuche unter Benennung der aufgesuchten Ärzte inkl. deren Kontaktdaten unter Angabe des Besuchsgrundes,
  • einen zusammenhängen, nicht sich in Stichpunkten erschöpfenden Bericht über die aktuellen Freizeitaktivitäten (Sport, Computerspiele, sonstiges Freizeitverhalten, Art der Treffen mit Freunden ohne deren Namensnennung) und die erfolgten Urlaube (Land und Region), einen zusammenhängenden, nicht in Stichpunkten verfassten Bericht über sonstige relevante Umstände, die von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 1628 BGB sind.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die beteiligten Kindeseltern je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kindeseltern leben seit Mai 2020 getrennt und sind seit Anfang 2022 geschieden.

Der verfahrensbetroffene Jugendliche N. lebt seit der Trennung im Haushalt der Kindesmutter. Der letzte Kontakt zwischen Vater und Sohn fand im Sommer 2020 statt; seitdem finden keine Umgangskontakte statt; N. lehnt auch weiteren Kontakt ab.

Ende März 2022 ist der Kindesvater von Leverkusen in die Nähe von Leipzig gezogen.

Erstinstanzlich hat der Antragsteller die monatliche Übersendung von Fotos und die monatliche Vorlage eines Entwicklungsberichts zur schulischen Entwicklung, zu sportlichen Aktivitäten, zur gesundheitlichen Entwicklung und zu sozialen Kontakten des Sohnes verlangt.

Mit angegriffenem Beschluss vom 18.11.2022 hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vierteljährlich ein aktuelles Foto des gemeinsamen Kindes und halbjährlich die Zeugnisse zu übersenden sowie halbjährlich unter Attestvorlage Auskunft zu erteilen über den Gesundheitszustand, die sportlichen Aktivitäten, die sozialen Kontakte des Sohnes und Aktivitäten besonderer Art . Den weitergehenden Antrag hat das Amtsgericht zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 23.12.2022, mit der die vollumfängliche Aufhebung des Antrages verlangt worden ist. Es fehle bereits an einem berechtigten Interesse des Antragstellers, Zeugnisse würden bereits dem Kindesvater übermittelt. Auch hätten Fotos von N. übersandt werden können, wenn der Kindesvater den mehrfachen Aufforderungen nachgekommen wäre, die Fotos von N. nicht in sozialen Medien/ Netzwerken zu veröffentlichen. Atteste könnten nicht vorgelegt werden, da sich die Ärzte zur Ausstellung dieser außer Stande sähen. Außerdem sei der Kindesvater ja sorgeberechtigt; er könne sich selber an die Ärzte wenden.

Der Antragsteller hat erneut versichert, Fotos des Sohnes nicht zu veröffentlichen. Er hat weiter den letzten Bericht der Antragsgegnerin vorlegt, der neben einem Foto von N., auf dem er mehrere Meter weit weg steht, folgenden Text enthält:

"sportliche Aktivitäten: ab und an Fahrrad fahren und wandern/spazieren soziale Kontakte: Familie, Nachbarn, Bekannte, Schüler und Lehrpersonal Aktivitäten besonderer Art: Martinszug und Martinssingen"

Der Senat hat das Jugendamt um einen Bericht gebeten, der mit Schreiben vom 04.05.2023 vorgelegt worden ist. Der Senat hat zudem N. ebenso wie die übrigen Beteiligten am 29.06.2023 angehört. Die Beteiligten beantragen aufgrund der erfolgten Erörterungen übereinstimmend eine dem Kindeswohl entsprechenden Entscheidung.

II. 1. Die gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig eingelegte Beschwerde ist im Wesentlichen unbegründet.

a. Nach § 1686 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Ein berechtigtes Interesse ist in der Regel schon aufgrund der grundrechtlich geschützten Elternstellung anzunehmen. Daher wird in Rechtsprechung und Literatur die Frage danach gestellt, unter welchen Voraussetzungen das berechtigte Interesse fehlen kann. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn der Elternteil sich die Information selbst beschaffen kann, ohne dabei dem Kind, sich selbst bzw. dem Verhältnis zwischen ihm und seinem Kind Nachteile zuzufügen. Von einem berechtigten Interesse ist daher auszugehen, wenn der Elternteil keine zumutbare Möglichkeit hat, Informationen über die persönlichen Verhältnisse zu erlangen. Maßgeblich dafür ist nicht, ob der die Auskunft begehrende Elternteil ein Um...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge