Leitsatz (amtlich)
Trinkgeldempfehlungen von Reiseveranstaltern in Form einer Widerspruchslösung (opt-out-Gestaltung) sind unwirksam.
Normenkette
BGB §§ 307, 312a Abs. 3 S. 1, § 321k Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 30.10.2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20.11.2017, Aktenzeichen 15 O 36/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Koblenz sowie dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Landgericht hat die beklagte Reiseveranstalterin durch Urteil vom 30.10.2017 (Bl. 82 ff. GA) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20.11.2017 (Bl. 91a f. GA) verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, in Bezug auf Reiseverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen
"Trinkgeldempfehlung: [Sie sind sicher gerne bereit, die Leistung der Servicecrew durch Trinkgeld zu honorieren.] Hierfür wird auf Ihrem Bordkonto ein Betrag i.H.v. 10,- pro Person/Nacht an Bord gebucht, die Sie an der Rezeption kürzen, streichen oder erhöhen können.",
soweit die Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung vom Verbraucher nicht gesondert bestätigt worden ist.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Koblenz vom 30.10.2017 sowie den Hinweisbeschluss des Senats vom 05.02.2019 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
II. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 30.10.2017, Aktenzeichen 15 O 36/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.
1. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 1 UKlaG verlangen, dass diese es unterlässt, in Bezug auf Reiseverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die streitbefangene Klausel bzw. eine inhaltsgleiche Klausel zu verwenden sowie sich auf diese Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen, soweit die Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung vom Verbraucher nicht durch einen gesonderten Erklärungsakt bestätigt worden ist.
Die streitbefangene Klausel ist unwirksam nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, da sie dem wesentlichen Grundgedanken des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB widerspricht, da sie die Buchung des Trinkgeldes auf dem Bordkonto des Kunden ohne ausdrückliche Vereinbarung vorsieht. Von der Vorschrift des § 312a BGB darf gemäß § 312k Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Insofern ist der Begriff der ausdrücklichen Vereinbarung in § 312a Abs. 3 S. 1 BGB richtlinienkonform auszulegen. § 312a BGB wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie "Richtlinie über die Rechte der Verbraucher" (VRRL) vom 20.9.2013 in das BGB eingefügt. Bei Auslegung und Anwendung des Gesetzes sind Wortlaut und Sinn und Zweck des Art. 22 der Richtlinie 2011/83/EU (ABl. L 304. S. 64) zu berücksichtigen. Der Wortlaut des Art. 22
"Bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist, hat der Unternehmer die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder Extrazahlung einzuholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht. Hat der Unternehmer vom Verbraucher keine ausdrückliche Zustimmung eingeholt, sondern sie dadurch herbeigeführt, dass er Voreinstellungen verwendet hat, die vom Verbraucher abgelehnt werden müssen, wenn er die zusätzliche Zahlung vermeiden will, so hat der Verbraucher Anspruch auf Erstattung dieser Zahlung."
wurde nur unvollkommen in § 312a Abs. 3 BGB übernommen. Daraus folgt jedoch im Rahmen der Auslegung des § 312a Abs. 3 BGB, dass Vertragsklauseln, die eine Extrazahlung regeln, einer ausdrücklichen gesonderte...