Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 31.10.2002; Aktenzeichen 10 O 440/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen IX ZR 44/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 31.10.2002 - 10 O 440/00 - im Kostenpunkt aufgehoben sowie im Übrigen wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.492,55 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 25.10.2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin 94 % und der Beklagte 6 %. Von den Kosten des zweiten Rechtszugs tragen die Klägerin 96 % und der Beklagte 4 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche geltend, weil der Beklagte sie als Prozessbevollmächtigter in einem in den Jahren 1996 bis 1998 vor dem LG und dem OLG Karlsruhe gegen die Gemeinde P. geführten Amtshaftungspro-zess schlecht vertreten habe.

Die Klägerin und ihre Schwester waren nach dem Tode ihrer Mutter zu je 5/48 Miteigentümer des Anwesens B.-straße in P.-B. Der wieder verheiratete Vater war Miteigentümer des restlichen Miteigentumsanteils von 38/48. In Abteilung II des Grundbuches war ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht zugunsten der zweiten Frau des Vaters, der Stiefmutter der Klägerin, eingetragen. Die Stiefmutter der Klägerin befand sich vom 8.8.1989 bis 13.6.1991 in einem K. Pflegeheim. Der Landkreis K. übernahm mit Bescheid vom 17.10.1989 die anfallenden Unterbringungskosten gem. § 29 BSHG. Im Zusamenhang mit der Frage, ob die vom Landkreis aufgewendeten Kosten teilweise vom Vater der Klägerin erstattet werden müssten, wurde geprüft, ob dessen 38/48-Anteil an dem Grundstück als Schon-Vermögen i.S.d. § 88 BSHG anzusehen ist. Hierzu beauftragte das Landratsamt K. den Gutachterausschuss der Gemeinde P. mit der Ermittlung des Wertes des Grundstückes. Am 3.9.1991 wurde das erbetene Gutachten erstattet. Der Ausschuss ermittelte einen Verkehrswert des Grundstückes i.H.v. 448.250 DM (vgl. Beiakte 10 O 13/96 LG KA - Anlage AS. 31).

Mit dem Tode des Vaters im Mai 1991 wurden die Klägerin und ihre Schwester ungeteilte Miterben des Miteigentumsanteils ihres Vaters. Die Klägerin wollte ihrer Schwester deren Miteigentumsanteil am Grundstück sowie deren Anteil an der Erbengemeinschaft abkaufen. Dabei bestand Einigkeit, dass bei der Bestimmung des Kaufpreises der Wert des kapitalisierten Wohnrechtes zugunsten der Stiefmutter in Abzug zu bringen sei. Auf Verlangen der Klägerin und deren Schwester ergänzte der Gutachterausschuss am 17.10.1991 sein Gutachten dahin, dass der Wert des eingetragenen Wohnrechtes auf 64.000 DM festgesetzt wurde (vgl. Beiakte LG KA, Anlage AS. 1). Dabei wurde zur Berechnung der Lebenserwartung der Wohnungsberechtigten die Sterbetafel 1970 zugrunde gelegt und zur Ermittlung des kapitalisierten Wertes des Wohnrechts an den Mietwert angeknüpft.

Im Rahmen der notariellen Erbauseinandersetzung am 18.12.1991 übertrug die Schwester der Klägerin das Eigentum an dem Grundstück vollständig auf diese gegen Zahlung von 200.000 DM. Die Stiefmutter verstarb bereits am 21.1.1992.

Auf der Grundlage der vom Gutachterausschuss getroffenen Feststellungen zog der Landkreis K. mit Bescheid vom 4.10.1991 die Klägerin und deren Schwester als Erben ihres Vaters zum Ersatz des ungedeckten Aufwandes für die Heimunterbringung der Stiefmutter i.H.v. 38.228,52 DM gem. § 29 Satz 2 BSHG heran. Ihre dagegen gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage wurde vom Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg am 27.3.1995 abgewiesen. Zur Begründung wies der VGH unter Bezugnahme auf die - im damaligen Verfahren von den Klägern nicht beanstandeten - Wertermittlungen des Gutachterausschusses darauf hin, dass die Inanspruchnahme der Klägerin und ihrer Schwester keine besondere Härte darstelle, da der Verkehrswert des Miteigentums auch unter Abzug des kapitalisierten Wohnrechtes den Schutzwert des Miteigentumsanteils von 197.800 DM um mehr als ein Viertel übersteige.

Die Klägerin erfuhr Ende 1994, dass bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Gutachterausschusses im Oktober 1991 eine neue aktualisierte Sterbetafel der Jahre 1986 bis 1988 erarbeitet war, die im Dezember 1991 vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wurde. Nach dieser Sterbetafel betrug der statistisch zugrunde zu legende Faktor für eine Frau im Alter der Stiefmutter nicht wie nach der älteren Sterbetafel 12 Jahre, sondern 13,96 Jahre, weshalb eine hiervon ausgehende Berechnung zu einem entsprechend höheren Wohnrechtswert geführt hätte.

Die Klägerin sah in der Heranziehung der veralteten Sterbetafel eine Amtspflichtverletzung und be...

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