Leitsatz (amtlich)
Erörterung der Sache i.S.d. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO ist nur die Erörterung eines rechtshängigen Gegenstandes in dem diesen Gegenstand selbst betreffenden Gerichtsverfahren. Eine Miterörterung in einem anderen Gerichtsverfahren lässt die Erörterungsgebühr nicht entstehen.
Normenkette
ZPO § 91; BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Beschluss vom 20.02.2003; Aktenzeichen 11O 206/02 KfH) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Heidelberg vom 20.2.2003 – 11 O 206/02 KfH – abgeändert:
Auf Grund des Beschlusses des LG Heidelberg vom 17.1.2003 sind an Kosten zu erstatten: 2.780 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.1.2003 von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
3. Der Beschwerdewert beträgt 2.760 Euro.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Beschwerdeverfahren über die Frage, ob der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin eine Erörterungsgebühr verdient hat, welche der Antragsgegnerin zu erstatten wäre.
In dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit vor dem LG Heidelberg – Kammer für Handelssachen – ging am 18.12.2002 der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein. Dieser Antrag wurde zunächst nicht zugestellt. Am 20.12.2002 fand im parallelen Hauptsacheverfahren (11 O 190/02 KfH) vor derselben Kammer Verhandlungstermin statt. Das Terminsprotokoll (Aktenseite 33) enthält folgende Passage:
Die Sach- und Rechtslage wird erörtert, vor allem auch mit Hinblick auf die am 19.12.2002 beantragte einstweilige Verfügung (Az.: 11 O 206/02 KfH).
Sodann erhält Rechtsanwalt L. nach entspr. Bevollmächtigung die Doppel des einstweiligen Verfügungsantrages und verzichtet auf förmliche Zustellung.
Sodann schließen die Parteien … folgenden Zwischenvergleich:
…
§ 3
Diese Einigung gilt bis zum nächsten Verhandlungstermin am 10.1.2003. Nach diesem Zeitpunkt sind beide Seiten in ihren Handlungsmöglichkeiten nicht mehr beschränkt. D. h. die Klägerin kann ihr Zurückbehaltungsrecht weiter ausüben, die Beklagte gem. dem einstweiligen Verfügungsantrag weiter vorgehen. Die Klägerin wird insoweit allerdings auf den Einwand ermangelnder Eilbedürftigkeit verzichten.
Mit Schriftsatz vom 9.1.2003 beantragte die Antragsgegnerin Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Mit Beschluss der Kammer vom 17.1.2003 wurde der Antrag zurückgewiesen, der Antragstellerin wurden die Kosten auferlegt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin wurde später wieder zurückgenommen.
Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegnerin vom 27.1.2003 (AS 81) hat die Rechtspflegerin des LG Heidelberg mit dem angegriffenen Beschluss vom 20.2.2003 (AS 99) die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 5.540 Euro nebst Zinsen festgesetzt und hierbei insb. auch die geltend gemachte 10/10 Erörterungsgebühr gem. §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO i.H.v. 2.760,00 Euro berücksichtigt.
Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26.2.2003, eingegangen beim LG Heidelberg am 26.2.2003, sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Festsetzung der Erörterungsgebühr wendet. Sie meint, weder durch den schriftsätzlich gestellten Antrag noch durch die Erörterung im parallelen Hauptsacheverfahren sei eine Erörterungsgebühr entstanden.
Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt.
II. Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Für den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin ist eine Erörterungsgebühr nach §§ 31 Abs. 1 Nr. 4, 40 BRAGO nicht entstanden, so dass insoweit die Antragsgegnerin auch keinen Kostenerstattungsanspruch hat. Der Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegnerin ist deshalb i.H.v. 2.760 Euro zurückzuweisen.
Durch die wechselseitige Einreichung von Schriftsätzen im vorliegenden Verfahren ist eine Erörterungsgebühr zweifellos nicht entstanden. § 35 BRAGO, wonach auch im schriftlichen Verfahren Erörterungs- oder Verhandlungsgebühren entstehen können, gilt nicht für das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung, da für dieses Verfahren mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist (§§ 936, 922 ZPO; vgl. v. Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 35 Rz. 12).
Auch durch die Miterörterung des Streitgegenstandes dieses Verfahrens im Verhandlungstermin des parallelen Hauptsacheprozesses 11 O 190/02 KfH ist eine Erörterungsgebühr nicht entstanden. Zwar ist eine solche Miterörterung ausweislich der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden vom 17.3.2003 (AS. 116, 117) eindeutig erfolgt. Erörterung der Sache i.S.d. § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ist aber nur die Erörterung eines rechtshängigen Gegenstandes in dem diesen Gegenstand selbst betreffenden Gerichtsverfahren. Eine Miterörterung in einem anderen Gerichtsverfahren lässt die Erörterungsgebühr nicht ents...