Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienrechtlicher Ausgleichsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch nach Obhutswechsel des minderjährigen Kindes in den Haushalt des zuvor barunterhaltspflichtigen Elternteils ist der Höhe nach jeweils durch dessen Leistungsfähigkeit im verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum begrenzt.
2. Der Umfang der Leistungsfähigkeit kann insoweit bindend auch durch ein rechtskräftiges Urteil festgestellt sein, in welchem die Höhe des Unterhaltsanspruchs des minderjährigen Kindes nach der Leistungsfähigkeit des damals barunterhaltspflichtigen Elternteils tituliert ist.
Normenkette
BGB §§ 426, 1613
Verfahrensgang
AG Gladbeck (Aktenzeichen 10 F 206/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - E vom 5.7.2010 teilweise abgeändert:
Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt M aus F für die 1. Instanz ratenfreie Verfahrenskostenhilfe insoweit bewilligt, als er ggü. der Antragsgegnerin einen Ausgleichsanspruch i.H.v. insgesamt 460 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit geltend macht.
Die Beschwerde des Antragstellers vom 22.7.2010 im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Gebühr nach Ziff. 1912 KVFamGKG wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die geschiedenen Eltern des 13-jährigen Kindes L.
Nach der Trennung der Eltern wurde L zunächst von seiner Mutter betreut und versorgt. Im Dezember 2008 wechselte er in den Haushalt seines Vaters, bevor er zum 1.3.2010 zu seiner Mutter zurückkehrte.
Während seines Aufenthaltes beim Vater hat L, gesetzlich vertreten durch den Antragsteller, ggü. der Mutter Kindesunterhalt geltend gemacht. Durch Urteil des AG - Familiengericht - E vom 3.7.2009 unter dem Az: 21 F 20/09 ist die Mutter verurteilt worden, ab Januar 2010 Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 230 EUR an das klagende Kind zu Händen seines Vaters zu zahlen.
Für den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2009 hat das AG E in seinen Entscheidungsgründen hingegen festgestellt, die Mutter sei in unterhaltsrechtlicher Hinsicht nicht leistungsfähig. Ihr reales Nettoeinkommen aus abhängiger Beschäftigung liege unterhalb ihres notwendigen Selbstbehalts i.H.v. 900 EUR. Zu einer Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit, welche fiktiv ab Januar 2010 zu berücksichtigen sei, sei sie erst nach einer Übergangsphase bis einschließlich Dezember 2009 verpflichtet.
Eine hiergegen eingelegte Berufung des klagenden Kindes wurde nach der Rückkehr von L in den Haushalt seiner Mutter zurückgenommen.
Im nunmehr anhängigen Verfahren zwischen den Eltern beabsichtigt der Vater, ggü. der Mutter einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch auf Zahlung von insgesamt 4.288 EUR nebst Zinsen für den Zeitraum zwischen Dezember 2008 und Februar 2010 geltend zu machen. Er trägt vor, anstelle der barunterhaltspflichtigen Mutter den Mindestunterhalt für L geleistet zu haben.
Das AG - Familiengericht - E hat das vorab erhobene Verfahrenskostenhilfegesuch des Vaters durch den angegriffenen Beschluss vom 5.7.2010 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vaters, mit der er - nach Abgabe des Verfahrens an das AG G - sein Begehren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe weiterverfolgt.
II. A. Das Rechtsmittel des Antragstellers vom 22.7.2010 ist als sofortige Beschwerde nach §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 2 ZPO statthaft.
Es ist zulässig, insbesondere fristgerecht gem. §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 3 ZPO eingelegt worden.
B. In der Sache ist die sofortige Beschwerde teilweise begründet.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für das angekündigte Verfahren gem. §§ 113 I S. 2 FamFG, 114 S. 1 ZPO besteht im tenorierten Umfang.
1. Entgegen der Auffassung des AG G in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 11.11.2010 ergeben sich Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Vaters in unterhaltsrechtlicher Hinsicht aus seinem Sachvortrag nicht. Seine Behauptung, dem gemeinsamen Sohn L durchgehend den Mindestunterhalt zur Verfügung gestellt zu haben, wird seitens der Mutter nicht bestritten.
2. Allerdings weist das AG zu Recht darauf hin, dass ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis zwischen den Eltern seiner Höhe nach jeweils durch die Leistungsfähigkeit des in Anspruch genommenen Elternteils während des streitgegenständlichen Zeitraumes begrenzt wird (vgl. Wendl/Staudigl-Scholz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 5 Rz. 535). Insbesondere ist der familienrechtliche Ausgleichsanspruch nicht dazu bestimmt, gerichtlich festgesetzte Unterhaltsverpflichtungen, die auf einer Abwägung der Leistungsfähigkeit beider Elternteile beruhen, durch "Ausgleich" von Unterhaltsanteilen im Verhältnis der Eltern zueinander abzuändern (vgl. BGH, Urt. v. 25.5.1994, Az: XII ZR 78/93, MDR 1994, 1122 = FamRZ 1994, 1102, Juris, Rz. 13).
Durch das Urteil des AG - Familiengericht - E vom 3.7.2009 im Vorverfahren unter dem Az: 21 F 20/09 ist die Leistungsfähigkeit der Mutter rechtskräftig für den Zeitraum zwischen Dezember 2008 und Dezember 2009...