Leitsatz (amtlich)
1. Werden Mängelrechte vor der Abnahme geltend gemacht, trägt der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sein Gewerk frei von Mängeln ist. Demgemäß trägt er auch das Risiko des non liquet.
2. Der Besteller, der Mängelrechte vor der Abnahme geltend macht, trägt die Darlegungs- und Beweislast für weitere Anspruchsvoraussetzungen, wie z.B. die vereinbarte Beschaffenheit, die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität sowie den Schaden.
3. Bei Unterfangungsarbeiten ist immer mit Rissbildungen im Altbaubestand zu rechnen. Daher kann kein Erfahrungssatz formuliert werden, wonach im engen zeitlichen Zusammenhang mit Unterfangungsarbeiten beobachtete Risse im Nachbarhaus zwingend i.S. eines Anscheinsbeweises auf Mängel der Unterfangungsarbeiten hindeuten.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 41 O 75/10) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin zu 1) gegen das am 15.11.2017 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streithelfer zu 2) hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Restwerklohnanspruch geltend, während die Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch wegen am Nachbarhaus entstandener Risse hilfsweise aufrechnet und hinsichtlich des überschießenden Betrags Widerklage erhoben hat. Die Beklagte errichtete ein Wohngebäude mit Tiefgarage auf dem Grundstück S...straße 18 in D.... Hierzu wurde der dort befindliche Altbau, M...straße 20, abgerissen. Er verfügte zusammen mit dem Nachbarobjekt, M...straße 14, über eine gemeinsame Giebelwand. Die Klägerin war von der Beklagten am 03.08.2009 mit Verbau- und Hochdruckinjektionsarbeiten (Unterfangungsarbeiten) zu einem Pauschalpreis von 105.882,36 EUR beauftragt worden. Vor den Baumaßnahmen erstellte die Dr. T... & Partner GmbH im Auftrag der Beklagten eine "baugrundtechnische Untersuchung". Den Streithelfer zu 2) betraute die Beklagte mit statischen Berechnungen, für die er teilweise auf das Gutachten der Dr. T... & Partner GmbH zurückgriff. Die Abrissarbeiten führte die Streithelferin zu 1) vom 14.07. bis 05.08.2009 durch. Am 6.08.2009 begann die Klägerin mit den Bohrarbeiten für den Verbau und am 07./08.09.2009 mit den Unterfangungsarbeiten. Schon vor Beginn der Abbrucharbeiten und der Trennung der Gebäude war die gemeinsame Giebelwand beschädigt. Nach der Trennung der Gebäude, in dem Zeitraum zwischen dem 13. und 19.07.2009, wurden von der Beklagten weitere Risse festgestellt. Nach Abbruch des Bestandsgebäudes traten Risse an der Gebäudeinnenwand sowie der straßenseitigen Außenwand des Nachbarobjekts auf. Die Beklagte ließ zum Zwecke der Beweissicherung das Nachbargebäude durch das Sachverständigenbüro MBI Müller untersuchen. Während der Abbrucharbeiten wurde das Gutachten Nr. 5387a/09 erstellt, welches die Altschäden, die den Bewohnern der M...straße 14 bekannt waren, dokumentiert und auf Besichtigungen vom 20. und 23.07.2009 beruht. Ein Gutachten zur Feststellung des Gesamtschadens und seiner Ursachen wurde durch das Institut für Erd- und Grundbau Dr. S... erstellt. Die Begutachtung hierzu hatte während der Abrissarbeiten begonnen.
Die Klägerin hat behauptet, die Verbauarbeiten zur Sicherung der Baugrube und die Hochdruckinjektionsarbeiten zur Absicherung der Nachbarbebauung vollständig und mangelfrei ausgeführt zu haben. Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe die beauftragten Arbeiten nicht entsprechend den Regeln der Technik ausgeführt und einen Teil der Rissschäden am Nachbargebäude zu verantworten. Früher festgestellte Risse hätten sich erweitert, weitere Risse seien hinzugekommen. Zur Prozessgeschichte und zum Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Durch das am 15.11.2017 verkündete Urteil hat der Vorsitzende der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 37.452,98 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen und hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe ein Werklohnanspruch in Höhe von 37.452,98 EUR gemäß § 631 Abs. 1 BGB zu. Der Anspruch sei fällig, weil zwischen den Parteien ein Abrechnungsverhältnis entstanden sei, nachdem die Beklagte dem Werklohnanspruch der Klägerin Schadensersatzansprüche entgegenhalte. Die Werkleistung der Klägerin sei nicht m...