Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines bezirksfremden Prozess-/Verfahrensbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Einem Antragsteller, für den ein Berufsbetreuer u.a. für den Aufgabenkreis Rechts-/Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellt ist, kann für ein einfach gelagertes Familienstreitverfahren (hier Abänderung eines Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses auf "Null" aufgrund durch wenige Dokumente belegbarer Leistungsunfähigkeit) ein am außerbezirklichen Wohnort des Antragstellers ansässiger Verfahrensbevollmächtigter nur zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet werden.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 3; FamFG § 113 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 07.02.2012; Aktenzeichen 622 F 51/12) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger und hält sich aufgrund einer Duldung in Deutschland auf. Durch das AG Göttingen ist für ihn ein Betreuer u.a. für die Aufgabenkreise Vermögenssorge sowie Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellt. Der Antragsteller erhält ausschließlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, wobei die Kosten der Unterkunft sowie die Krankenversicherung direkt bezahlt werden und er neben Gutscheinen einen monatlichen Barbetrag von rund 40 EUR ausgezahlt erhält.
Im Verfahren 622 FH 8233/11 VU ist er vor dem AG - Familiengericht - Hannover durch das Land Niedersachsen (im weiteren: der Antragsgegner) aus übergegangenem Recht seines minderjährigen Sohnes D. A. auf Kindesunterhalt in Höhe der nach Unterhaltsvorschussgesetz geleisteten bzw. zukünftig zu leistenden Beträge in Anspruch genommen worden. Mit Beschluss vom 3.11.2011 ist der begehrte Unterhalt antragsgemäß festgesetzt worden. Der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss ist dem Antragsteller am 30.11.2011 zugestellt worden.
Mit am 22.12.2011 eingegangenem Schriftsatz seiner - in seinem Aufenthaltsort Göttingen niedergelassenen - Verfahrensbevollmächtigten hat er unter Berufung auf fehlende Leistungsfähigkeit die - auch rückwirkende - Abänderung der Unterhaltstitulierung vom 3.11.2011 auf 0 EUR beantragt. Zugleich hat er für das Abänderungsverfahren um Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten nachgesucht.
Das AG hat - sobald die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachgereicht worden war - dem Antragsteller für das Abänderungsverfahren VKH bewilligt und ihm seine Verfahrensbevollmächtigten zu den Bedingungen eines im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwaltes beigeordnet. Gegen diese Einschränkung in dem dem Antragsteller über seine Verfahrensbevollmächtigten am 15.2.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20 Februar 2012 eingegangen Beschwerdeschrift; darin heißt es "erheben wir gegen den Beschluss ... Beschwerde, soweit die Beiordnung des Unterzeichnenden zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwalt[s] mit Niederlassung im Bezirk des Verfahrensgerichtes erfolgt ist". Zur Begründung wird darauf abgestellt, der Antragsteller wohne in Göttingen und damit am Kanzleiort seiner Verfahrensbevollmächtigten; die Fahrtkosten zu der notwendigen Besprechung mit einem etwaigen Verfahrensbevollmächtigten am Sitz des Verfahrensgerichtes könne der Antragsteller nicht aufbringen. "Darüber hinaus müsste er für die Wahrnehmung des Termins in der mündlichen Verhandlung für seinen Prozessbevollmächtigten die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld aufbringen, was angesichts seiner finanziellen Verhältnisse völlig unmöglich ist".
Das AG hat eine Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 8.3.2012 eingeholt. Die Bezirksrevisorin hält darin die Beschwerde für zulässig aber nicht begründet. Sie verweist darauf, dass das Betreiben des vorliegenden Verfahrens in den Wirkungskreis des für den Antragsteller bestellten Berufsbetreuers fällt, der einen Rechtsanwalt am Gerichtsort unproblematisch schriftlich unterrichten könnte. Insofern lägen die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes nicht vor, so dass eine Ausnahme vom Mehrkostenverbot des § 78 Abs. 3 FamFG nicht geboten sei. Daher müsse es bei der kostenrechtlich eingeschränkten Beiordnung bleiben.
Mit Versäumnisbeschluss vom 26.3.2012 hat das AG, nachdem der Antragsgegner im angeordneten schriftlichen Vorverfahren dem Antrag nicht entgegengetreten war, dem Abänderungsantrag entsprochen. Der Versäumnisbeschluss ist dem Antragsgegner am 3.4.2012 zugestellt worden; über einen etwaigen dagegen gerichteten Einspruch ist bislang nichts bekannt.
Das AG hat parallel dazu rechtliches Gehör zur Stellungnahme der Bezirksrevisorin gewährt, mit Beschluss vom 12.4.2012 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem OLG vorgelegt. Der Einzelrichter hat die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen.
II.1. Die sofortige Beschwerde ist als eine solche der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auszulegen und als solche zulässig (vgl. zum...