Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts. Unstatthaftigkeit der Beschwerde gegen einen auf eine Erinnerung ergangenen Beschluss des Sozialgerichts. Vorrang des § 178 SGG ggü. den §§ 56 Abs 2 Satz 1, 33 Abs 3 RVG

 

Orientierungssatz

Gegen die Entscheidung über eine Erinnerung gegen den Beschluss über die Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse ist das Rechtsmittel der Beschwerde unstatthaft, weil SGG § 178 gegenüber RVG §§ 56 Abs 2 S 1, 33 Abs 3 der Vorrang zukommt.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Juli 2008 wird als unzulässig verworfen. Ihre außerordentliche Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine mit Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Januar 2007 im Verfahren S 23 AS 2144/06 ER dem dortigen Kläger im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwältin, erstrebt die Festsetzung einer höheren Vergütung.

Nachdem das einstweilige Rechtsschutzverfahren seine Erledigung gefunden hatte, beantragte die Antragstellerin im März 2007, die dortige Beklagte mit den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten. Hierüber ist - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden.

Am 01. November 2007 hat sie die Festsetzung der PKH-Vergütung auf 547,40 € begehrt. Mit Beschluss vom 08. Januar 2008 hat die Urkundsbeamtin die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 221,34 € festgesetzt. Auf die Erinnerung der Antragstellerin hat das Sozialgericht Potsdam mit Beschluss vom 29. Juli 2008 unter Abänderung der Kostenfestsetzung und unter Zurückweisung der Erinnerung im Übrigen die der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 327,25 € festgesetzt. Dem Beschluss hat es eine Rechtsmittelbelehrung angefügt, nach der der Beschluss mit der Beschwerde anfechtbar ist.

Gegen diesen ihr am 30. September 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13. Oktober 2008 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie weiterhin die Festsetzung der zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 547,40 € erstrebt.

Nachdem die Berichterstatterin Bedenken hinsichtlich der Statthaftigkeit der Beschwerde geäußert hatte, hat die Antragstellerin ihre Beschwerde aufrecht erhalten und geltend gemacht, dass sie auf die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss hätte vertrauen dürfen. Hilfsweise erhebe sie eine außerordentliche Beschwerde, da der angegriffene Beschluss willkürlich sei. Es dränge sich der Eindruck auf, dass das Gericht die Begründung des Kostenfestsetzungsantrages und der Erinnerung nicht gelesen habe. Auch liege Willkür vor, weil bisher nicht über den Kostenantrag gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens entschieden sei.

Der Antragsgegner hält die Beschwerde zwar gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) für zulässig, nicht aber für begründet.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht statthaft ist.

Nachdem die Urkundsbeamtin mit Beschluss vom 08. Januar 2008 die der Antragstellerin als beigeordneter Rechtsanwältin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt hatte und das Sozialgericht Potsdam über die hiergegen gerichtete Erinnerung mit Beschluss vom 29. Juli 2008 entschieden hat, steht der Antragstellerin kein weiterer Rechtsbehelf offen. Nach § 178 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht in diesen Fällen endgültig. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung über die Erinnerung steht nicht zur Verfügung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 178 Rn. 2).

Anderes folgt zur Überzeugung des Senats insbesondere nicht aus den Bestimmungen der §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG. Zwar können danach Beschlüsse, die auf Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungen der Urkundsbeamten ergangen sind, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung mit der Beschwerde angefochten werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, das Rechtsmittel wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat. Die genannten Vorschriften sind im sozialgerichtlichen Verfahren jedoch nicht anwendbar (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2009 - L 15 SF 9/09 B - zitiert nach juris, Rn. 8 ff. mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung). Entgegen teilweise vertretener Auffassung stellen diese keine Spezialvorschriften für die Rechtsbehelfe gegen Gebührenfestsetzungen im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe dar, sondern werden durch die speziellere Regelung in § 178 Satz 1 SGG - wie die gesetzessystematische Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzesgeschichte zeigt (vgl. inso...

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