Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Satzung. Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel. Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Verwaltungskostenbeiträgen und einer Sicherstellungsumlage. Äquivalenzprinzip. Gleichheitsgrundsatz

 

Orientierungssatz

1. Die Satzung einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) muss auch Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten. Nähere Vorgaben für die Ausgestaltung der Beitragserhebung durch eine KÄV macht das Gesetz nicht. Es überlässt die Art und Weise der Einnahmenerhebung vielmehr dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers, der dabei allerdings die allgemeinen Grundsätze des Beitragsrechts sowie den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz zu beachten hat (vgl BSG vom 28.11.2007 - B 6 KA 1/07 R = SozR 4-2500 § 81 Nr 3 RdNr 15; BSG vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R = BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 92).

2. Zur Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Verwaltungskostenbeiträgen und einer Sicherstellungsumlage.

3. Es verstößt dabei nicht gegen das Äquivalenzprinzip - wenn als Bemessungsgrundlage das vertragsärztliche Honorar einschließlich der Sachkosten herangezogen wird.

4. Auch der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG wird durch die Heranziehung der gesamten Honorarumsätze als Bemessungsgrundlage für die Beitragserhebung nicht verletzt.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.06.2017; Aktenzeichen B 6 KA 85/16 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.01.2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 5.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Belastung des Honorars für das Quartal I/2011 der Klägerin mit Verwaltungskosten in Höhe von 2,54 % sowie einer Umlagesicherstellungspauschale in Höhe von 0,13 %.

Die Klägerin, eine aus mehreren Augenärzten bestehende Gemeinschaftspraxis, erhielt von der Beklagten für das Quartal I/2011 vertragsärztliches Honorar in Höhe von 1.181.162,39 € bewilligt (Honorarbescheid vom 15.07.2011). Die Beklagte behielt dabei per Saldo in Höhe von 2,54 % einen Verwaltungskostenanteil in Höhe von 29.929,29 € und ebenfalls per Saldo von 0,13 % eine Umlage Sicherstellung in Höhe von 1.531,82 € vom klägerischen Honorar ein.

Hiergegen legte die Klägerin am 01.08.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie die Einbeziehung der Sachkosten zu Sätzen der allgemeinen Verwaltungskosten sowie zur Umlagesicherstellung für rechtswidrig halte und als Ungleichbehandlung zu anderen Fachgruppen ansehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie, die Beklagte, sei berechtigt, die durch die Vertreterversammlung beschlossenen Aufwendungen vom Honorar einzubehalten. Die Aufbringung und Verwaltung der Mittel sei in § 19 Abs. 1 ihrer Satzung geregelt. Hiernach erhebe sie zur Durchführung ihrer Aufgaben grundsätzlich einheitliche Verwaltungskostenbeiträge. Das Bundessozialgericht (BSG) habe insoweit entschieden, dass die von einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Rahmen ihres normativen Gestaltungsspielraums in der Satzung getroffene Regelung, als Ermessensgrundlage für die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen alle über die KV vereinnahmten Honorare aus vertragsärztlicher Tätigkeit (unter Einbeziehung von Erstattungen für verauslagte Sachkosten) zugrunde zu legen, mit dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz vereinbar sei (Urteil vom 28.11.2007, - B 6 KA 1/07 R -, in juris).

Hiergegen erhob die Klägerin am 06.12.2012 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Der Widerspruchsbescheid vom 21.11.2012 lasse bereits die wesentlichen rechtlichen Gründe nicht erkennen, die die Beklagte zu der Entscheidung bewogen habe, Verwaltungskosten auf Sachkosten bei ambulanten Operationen mit einem Verwaltungskostensatz um mehr als das Fünffache gegenüber dem Verwaltungskostensatz für Dialyseleistungen zu erheben. Das wäre aber gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderlich gewesen. Mit der Erhebung der identischen Verwaltungskostenpauschale für die EBM-Gebührenordnungsposition und Sachkosten verstoße die Beklagte auch gegen das Äquivalenzprinzip, teilweise in Kombination mit einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 3 Grundgesetz (GG). Ihr, der Klägerin, seien dabei die Urteile des BSG vom 28.11.2007 (B 6 KA 1/07 R), des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 27.01.2010 (L 3 KA 70/08) und des BSG vom 17.08.2011 (B 6 KA 2/11 R, alle in juris) bekannt. Sie könne den Ausführungen der Gerichte jedoch nur mit erheblichen Einschränkungen zustimmen und weise darauf hin, dass bei dieser Argumentation zur Sachkostenerstattung ein ganz wesentlicher Bereich, für den die KV ihrerseits personelle Sachkosten im großen Umfang aufwenden müsse, nämlich für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen gemäß § 106 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), außen vor geblieben sei und bei Sachkosten ü...

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