Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Aufenthalt in Nichtvertragskrankenhaus. Begriff des Notfalls
Orientierungssatz
Der Begriff des Notfalls iS des § 76 Abs 1 S 2 SGB 5 ist nicht gleichzusetzen mit dem medizinischen Notfallbegriff. Ein Notfall iS dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt beziehungsweise Krankenhaus nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Dies ist vor allem der Fall, wenn ohne eine sofortige Behandlung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer Gefahren für Leib und Leben entstehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lange andauern würden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung in einer Nichtvertragsklinik streitig.
Der 1950 geborene Kläger, der unter Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule litt und sich deshalb seit dem Jahr 2002 in Behandlung befand, ist bei der Beklagten krankenversichert.
Im September 2002 konsultierte er u. a. erstmals Dr. C, der ihn zunächst erfolglos konservativ behandelte, worauf der Kläger am 22.01.2003 mit dem Wunsch einer operativen Sanierung in der Privatklinik Dr. C vorstellig wurde.
Am 25.03.2003 suchte er außerdem die Sprechstunde der Orthopädischen Klinik M-H auf. Dort wurde zur Behandlung der Osteochondrose C5/6 und C6/7 zunächst eine Infiltrationstherapie für sinnvoll erachtet. In Abhängigkeit vom Verlauf sollte gegebenenfalls ein operatives Vorgehen im Sinne einer Spondylodese und Dekompression diskutiert werden. Nach seinen Angaben wurde der Kläger hierfür auf eine Warteliste gesetzt. Die Wartezeit sollte ca. vier Monate betragen.
Am 06.04.2003 begab sich der Kläger dann jedoch in die Privatklinik Dr. C und wurde zur Durchführung einer Operation stationär aufgenommen. Am 07.04.2003 wurden CT's gefertigt und der Kläger im Hinblick auf eine Operation aufgeklärt. Am 08.04.2003 erfolgte die Sanierung der Etage HWK 6/7 mittels einer Bryan Cervical Disc. Am 10.04.2003 wurde die Etage HWK 5/6 ebenfalls mittels einer Bryan Cervical Disc saniert. Der stationäre Aufenthalt dauerte bis zum 15.04.2003. Hierfür wurden dem Kläger, der am 06.04.2003 mit der Privatklinik Dr. C GmbH einen privaten Behandlungsvertrag abgeschlossen hatte, Beträge in Höhe von 12.280,48 € für die Behandlung und 9.915,- € für den stationären Aufenthalt in Rechnung gestellt.
Am 22.04.2003 erkundigte sich der Kläger bei der Beklagten nach der Möglichkeit einer Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme, worauf ihm mündlich mitgeteilt wurde, dass eine Kostenübernahme abgelehnt werde, da die Behandlung in einer Privatklinik erfolgt sei.
Am 25.06.2003 beantragte der Kläger unter Vorlage der Rechnungen bei der Beklagten schriftlich die Kostenerstattung bzw. -übernahme. Zur Begründung wies er darauf hin, sein Gesundheitszustand habe sich Ende März/Anfang April 2003 erheblich verschlechtert, weshalb er sich kurzfristig zu der von Dr. C angeratenen Operation entschlossen habe. Die Möglichkeit, sich in der Orthopädischen Klinik in M-H operieren zu lassen, habe er nicht gesehen, da dies dort erst nach Ablauf der Wartezeit möglich gewesen wäre. Da der Eingriff auf jeden Fall hätte erfolgen müssen, sollten ihm zumindest Kosten in der Höhe, die in einem zugelassenen Krankenhaus angefallen wären, erstattet werden. Insoweit bitte er auch zu berücksichtigen, dass eine Rehabilitationsmaßnahme nicht notwendig sei.
Die Beklagte wandte sich hierauf zunächst an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Für diesen äußerte sich Dr. Sch dahingehend, dass beim Kläger eine baldige Operation indiziert gewesen sei. Alle gängigen und anerkannten Operationsmethoden an der Halswirbelsäule könnten aber in der Neurochirurgie des K-hospitals in S ausgeführt werden. Dort hätte man den Kläger, wenn dies medizinisch erforderlich gewesen wäre, auch notfallmäßig operieren können.
Mit Bescheid vom 11.07.2003 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Aus sozialmedizinischer Sicht sei zwar eine baldige Operation indiziert gewesen, ein Notfall habe jedoch nicht vorgelegen. Der Kläger hätte durchaus noch die Möglichkeit gehabt, sich die Genehmigung zur Krankenhausbehandlung einzuholen. Zudem wäre die Behandlung in der Neurochirurgie des K-hospitals in S möglich gewesen. Dort hätte eine Notfallbehandlung, wenn sie denn medizinisch notwendig gewesen wäre, erfolgen können. Eine Erstattung auf Basis eines Vertragskrankenhauses sei nur in sogenannten Notfällen möglich.
Im Rahmen des hiergegen erhobenen Widerspruchs wies der Kläger darauf hin, dass im K-hospital in St die bei ihm notwendige medizinisch erforderliche und nachhaltige Behandlung nicht hätte erbracht werden können. Es ...