Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Angestellten des Ordnungsamtes im Außendienst. Unbegründete Eingruppierungsfeststellungsklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zum Tarifmerkmal “selbständige Leistungen„

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Tarifmerkmal “selbständige Leistungen„ darf nicht mit dem Begriff “selbstständig arbeiten„ im Sinne von “allein arbeiten„ als einer Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Lenkung durch Weisungen verwechselt werden. Unter “selbständiger Leistung„ ist vielmehr eine Gedankenarbeit zu verstehen, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich der einzuschlagenden Wege, wie insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert

2. Kennzeichnend für “selbständige Leistungen„ im tariflichen Sinne können ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses sein.

3. Eine im Außendienst des Ordnungsamtes eingesetzte Arbeitnehmerin hat für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zwar ihre Kenntnisse über die anzuwendenden Normen einzusetzen, sie trifft dabei aber keine Entscheidungen zur Beendigung von Ordnungswidrigkeiten, die einen Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum erfordern oder voraussetzen. Bei dem Ausspruch von Verwarngeldern, die sich der Höhe nach aus dem bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog “Ruhender Verkehr - Verwarnungen„ ergeben, steht der Arbeitnehmerin kein Ermessensspielraum zu.

 

Normenkette

BAT-O § 22 Abs. 1-2; TVöD-VKA § 12; TVöD-VKA Entgeltgruppe 5; BAT-VKA Vergütungsgruppe Vb; BAT-VKA Vergütungsgruppe Vc; BAT-VKA Vergütungsgruppe VIb; BAT-VKA Vergütungsgruppe VII

 

Verfahrensgang

ArbG Halle (Entscheidung vom 20.04.2016; Aktenzeichen 3 Ca 1499/15 E NMB)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 20.4.2016 - 3 Ca 1499/15 E NMB - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 20.4.2016 - 3 Ca 1499/15 E NMB - wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die am x.x.1958 geborene Klägerin ist seit dem 1.2.1984 bei der beklagten Stadt bzw. deren Rechtsvorgängern im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Die Klägerin ist ausgebildete Erzieherin und war zunächst auch als Erzieherin bei der Beklagten tätig. Später wechselte sie in den Bereich der allgemeinen Verwaltung. Hier ist sie seit März 2004 im Ordnungsamt der Beklagten eingesetzt, und zwar in Vollzeit im Außendienst und im Dreischichtsystem.

Zwischen den Parteien ist die Geltung der Bestimmungen des BAT-O und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung arbeitsvertraglich vereinbart. Gemäß Änderungsvertrag vom 26.2.2004 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe VII BAT-O eingruppiert und entsprechend vergütet. Im Zuge der Einführung des neuen Tarifwerks und der Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf die Bestimmungen des TVöD im Oktober 2005 wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe 5 TVöD (Stufe 6) eingestuft. Es erfolgte eine Überleitung aus der bisherigen Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1a BAT-O gemäß Anlage 1 zum TVöD VKA. Die Klägerin erhält seitdem die entsprechende Vergütung (zuletzt in Höhe von 2.733,30 € brutto).

Für die Tätigkeit der Klägerin hat die Beklagte unter dem 18.1.2005 (Blatt 21 bis 24 der Akte) eine Stellenbeschreibung erstellt. Diese hat folgenden Inhalt:

"Stellenbeschreibung (Angestellte)

Stellenplannummer:

Funktionsbezeichnung:

Wochenarbeitszeit:

Verg.-Gr.:

MA-Stadtordnung

40 Stunden

0.11000.0013.1

Außendienst

VII Fg1a

Bearbeiter:

Amt/Abteilung:

Bewährungsaufstieg:

Frau Sch

Ordnungs- und Sozialamt/

nein

SB Organisation

Ordnung und Sicherheit

Tätigkeitsaufstieg:

nein

Arbeitsbeschreibung

Nr.

Verzeichnis der Tätigkeiten

%

1.

Verantwortlich für die Überwachung des ruhender Verkehrs

55

- Kontrolle und Ahndung von Halte- und Parkverstößen in der VG W Land

- Überwachung der Parkzeiten auf den gebührenpflichtigen Parkplätzen

- Kontrolle und Überprüfung von Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO

- Kontrolle und Überprüfung von Schwerbeschädigtenausweisen und Bewohnerparkausweis

- Kontrolle der Parkscheinautomaten auf Funktionsfähigkeit sowie Durchführung kleinerer Reparatur- und Wartungsarbeiten; Auffüllung und Entleerung der Automaten

2.

Verantwortlich für die Überwachung der Einhaltung der ordnungsbehördlichen Bestimmungen nach SOG LSA, Gefahrenabwehrverordnung sowie Satzungen mit ordnungsbehördlichem Charakter

25

2.1.

- Vollzug bzw. Veranlassung von Maßnahmen nach SGL LSA (insbesondere Entfernung von Kfz)

2.2.

- Kontrolle der Einhaltung zur Verhinderung von unerlaubter Abfallbeseitigung auf öffe...

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