Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Fahrtkostenerstattung bei Arbeitsunfall
Leitsatz (redaktionell)
1. Für Personenschäden im Sinn der §§ 104, 105 SGB VII gilt der Haftungsausschluss des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
2. Eine Vermögensbeeinträchtigung ist dann ein Personenschaden, wenn sie durch die Verletzung oder Tötung eines Menschen verursacht wird; darunter fällt nicht nur der immaterielle Schaden (Schmerzensgeld) sondern auch jeder mittelbare materielle Vermögensschaden als Folge der Körperverletzung.
3. Durch den Haftungsausschluss gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII soll die Arbeitgeberin von der Haftung wegen Personenschäden insgesamt freigestellt werden; dazu zählen auch Benzin und Unterhaltungskosten eines Privatwagens für die Wahrnehmung von Terminen bei Ärzten, im Krankenhaus oder bei einer Ergotherapie.
Normenkette
SGB-VII § 104; SGB VII § 104 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 09.01.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1260/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az.: 2 Ca 1260/13 - vom 9. Januar 2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über dem Kläger infolge eines schweren Arbeitsunfalls entstandene Fahrtkosten.
Der am 26. Januar 1950 geborene Kläger war bei der Beklagten als Lkw-Fahrer beschäftigt. Er erlitt am 16. November 2009 einen schweren Arbeitsunfall, bei dem seine linke Hand unter einem hydraulischen Wagenheber zerquetscht wurde. Dies führte zu einem nahezu vollständigen Funktionsverlust der linken Hand. Über diesen Unfall wurde der Unfalluntersuchungsbericht (Bl. 12 d. A.) gefertigt. In diesem heißt es auszugsweise:
"Bei technischen Arbeitsmitteln
Hersteller nicht mehr lesbar
Type
Baujahr
GS-Zeichen? Nein
ggf. Prüfstelle
ggf. Prüf-Nr
Ist die Betriebseinrichtung prüfpflichtig? Ja
ggf. nach welcher Vorschrift? BGV A1 § 2 Abs. (1) und BetrSichV § 10 Abs. (2)
Wird ein Prüfbuch geführt? Nein
Wann war die letzte Prüfung?"
Seit dem Unfall ist der Kläger arbeitsunfähig. Ab dem 29. Dezember 2009 bis zum 15. Mai 2011 erhielt der Kläger Verletztengeld. Vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 bezog er Arbeitslosengeld I (Bescheid der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Kaiserslautern vom 11. Januar 2012, Bl. 33 ff. d. A.) sowie eine Berufsunfähigkeitsrente. Seither erhält er Rentenbezüge.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30. November 2012 hat der Kläger Ansprüche aus dem Arbeitsunfall gegenüber der Beklagten in einer Gesamthöhe von 41.047,39 € geltend gemacht. Er hat sodann am 3. Mai 2013 beim Landgericht Kaiserslautern Klage auf Zahlung der Differenz zwischen dem erhaltenen Verletztengeld und seinem Gehalt, Arbeitslosengeld zuzüglich Berufsunfähigkeitsrente und seinem Gehalt, Rentenbezügen und Gehalt, auf Ersatz entstandener Fahrtkosten und auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schadens erhoben. Das Landgericht Kaiserslautern hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 29. August 2013, Az. 3 O 326/13 (Bl. 89 ff. d. A.) an das Arbeitsgericht Kaiserslautern verwiesen.
Der Kläger hat - soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung - vorgetragen,
bei der Beklagten handele es sich um einen prüfpflichtigen Betrieb, der die Arbeitsmittel einer regelmäßigen Kontrolle unterziehen müsse. Die erforderliche Prüfung sei bei dem Wagenheber noch nie vorgenommen worden. Die Beklagte habe den Wagenheber wahrscheinlich aus Altbeständen der US-Streitkräfte übernommen, als dieser dort ausgemustert worden sei. Der Wagenheber habe sich ohne sein Zutun gelöst, als er gerade dabei gewesen sei, an einem Fahrzeug die Unterbauung nach dem Reifenwechsel zu entfernen. Mit einem geprüften, fehlerfreien Wagenheber wäre dies nicht geschehen. Er sei Rechtshänder. Es sei jedoch seine linke Hand verletzt worden. Daher sei davon auszugehen, dass er den Wagenheber nicht selbst habe lösen können. Es sei auch nicht wirklich möglich, die linke Hand oben auf dem Griff zu haben und gleichzeitig die Verriegelung zu lösen.
Er war der Ansicht, ein Haftungsausschluss nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII sei nicht gegeben. Indem die Beklagte es unterlassen habe, den prüfpflichtigen Wagenheber der vorgeschriebenen Kontrolle zu unterziehen, habe sie billigend in Kauf genommen, dass mit dem nicht geprüften Arbeitsmittel Unfälle passieren könnten. Zudem sei seine Arbeitsleistung mit diesem ungeprüften Wagenheber angewiesen worden. Diese Anweisung in dem Bewusstsein, dass der hierzu benutzte Wagenheber noch nie überprüft worden sei und sich deswegen Verletzungserfolge ergeben könnten, reiche für die Annahme bedingten Vorsatzes aus. Die Beklagte habe den Wagenheber sogar in beschädigtem Zustand nach dem Unfall noch einsetzen lassen (Beweis: Zeuge N. N.). Hieraus sei ersichtlich, dass die Beklagte sogar ein weiteres Unglück in Kauf genommen hätte. Wenn mit einem Wage...