Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltung der Besitzstandsregelung gem. § 29a Abs. 1 S. 2 TVÜ-VKA für Stufenzuordnungen. Zulässigkeit der Änderung zum Nachteil des Arbeitnehmers bei Feststellung eines Zuordnungsfehlers. Rechtsfolgen unterbliebener Mitbestimmung des Personalrats
Leitsatz (amtlich)
1. Die Besitzstandsregelung des § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA, wonach eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen aufgrund der Überleitung in die Entgeltordnung für den Bereich der VKA nicht stattfindet, gilt nicht für Stufenzuordnungen. Diese können somit bei Feststellung eines Zuordnungsfehlers auch zum Nachteil des Arbeitnehmers korrigiert werden und im Rahmen der Überleitung zu einer Rückstufung führen.
2. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats aus § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NW hindert die Rückstufung nicht. Die sog. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung findet keine Anwendung, wenn wie hier kein Gestaltungsakt des Arbeitgebers in Ausübung eines ihm zustehenden Beurteilungsspielraums oder Ermessens in Rede steht, der aufgrund der Verletzung von Mitbestimmungsrechten für unwirksam erklärt werden könnte, sondern lediglich eine tariflich ohnehin objektiv bereits vorgegebene Rechtsfolge nachvollzogen wird.
Normenkette
TVÜ-VKA § 29a Abs. 1 S. 2; LPVG NW § 72 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 09.04.2018; Aktenzeichen 5 Ca 268/18) |
Nachgehend
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.04.2018 - Az.: 5 Ca 268/18 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung der Klägerin nach Überleitung in die neue Entgeltordnung (VKA) zum TVöD zum 01.01.2017.
Die Klägerin ist seit dem 01.08.1986 bei dem Beklagten als Angestellte im Umfang von 30 Wochenstunden tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden der TVöD-VKA sowie der TVÜ-VKA Anwendung. Davor richtete es sich nach den Bestimmungen des BAT. Im Anwendungszeitraum des BAT war die Klägerin zuletzt in die Vergütungsgruppe Vb eingruppiert. Gemäß Anlage 1 des TVÜ-VKA wurde sie daher zum 01.10.2005 der Entgeltgruppe 9 zugeordnet und von dem Beklagten zuletzt bis 30.09.2016 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD-VKA vergütet. Zum 01.10.2016 stufte der Beklagte die Klägerin in die Stufe 6 der Entgeltgruppe 9 ein.
Mit Wirkung zum 01.01.2017 trat die neue Entgeltordnung zum TVöD für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber (VKA) in Kraft. Das machte eine erneute Überleitung der Arbeitsverhältnisse erforderlich.
Mit Schreiben vom 18.01.2017 (Blatt 29 f. der Akte) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 01.01.2017 in die neue Entgeltordnung übergeleitet werde, dass für die Überleitung in die neue Entgeltordnung die aktuelle Eingruppierung zum 31.12.2016 maßgeblich sei, dass sie sich zum 31.12.2016 in der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 befunden habe und dementsprechend zum 01.01.2017 der Stufe 6 der Entgeltgruppe 9a zugeordnet werde. In jenem Schreiben führte der Beklagte weiter aus, dass die persönliche Stufe der Klägerin in der Entgeltgruppe 9 gemäß Anhang zu § 16 TVöD-VKA die Stufe 5 sei und dass die Klägerin zum 01.10.2016 versehentlich in die Stufe 6 aufgestiegen sei und ihr aus diesem Grund unter Beachtung der Ausschlussfrist der ab dem 01.10.2016 zu viel gezahlte Betrag in Höhe von 269,72 € vom Entgelt einbehalten werde.
Mit der Abrechnung für Januar 2017 erfolgte entsprechend der Ankündigung der Einbehalt in Höhe von 269,72 € netto (Abrechnung Blatt 40 der Akte).
Mit Schreiben vom 14.03.2017 (Blatt 31 der Akte) wendete sich die Klägerin erfolglos gegen das Ergebnis aus der Überleitung in die neue Entgeltordnung, insbesondere gegen die vorgenommene rückwirkende korrigierende Rückstufung.
Mit ihrer am 31.01.2018 vor dem Arbeitsgericht Essen erhobenen und dem Beklagten am 07.02.2018 zugestellten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass der Beklagte verpflichtet sei, sie nach der Entgeltgruppe 9b Stufe 6 TVöD-VKA zu vergüten. Dementsprechend schulde er ihr auch die Differenzvergütung rückwirkend ab dem 01.01.2017 bis Januar 2018 in Höhe von insgesamt 2.546,61 € sowie die Zahlung der einbehaltenen 269,72 €. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, mit der vorgenommenen Überleitung lediglich in die Entgeltgruppe 9a Stufe 6 TVöD-VKA habe der Beklagte gegen § 29a TVÜ-VKA verstoßen. Denn danach habe die Überleitung in die neue Entgeltordnung unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit zu erfolgen. Diese Besitzstandsregelung schließe eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung aus. Sie hat zudem bestritten, dass der Stufensprung im Oktober 2016 von der Stufe 5 in die Stufe 6 der Entgeltgruppe 9 irrtümlich erfolgt sei. Der Stufensprung sei ein Indiz dafür, dass es sich bei der Eingruppierung der Klägerin um die sogenannte "große EG 9" ohn...