Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Ablehnung Aufstockungsantrag. Verschulden
Leitsatz (amtlich)
1. Schadenersatzpflicht wegen rechtswidriger und schuldhafter Ablehnung eines Aufstockungsantrages gemäß § 9 TzBfG.
2. Unterlassene Ausschreibung einer zu besetzenden Stelle im Ã-ffentlichen Dienst als Indiz für Verschulden.
Normenkette
TzBfG § 9; BGB §§ 315, 276
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 19.05.2009; Aktenzeichen 5 Ca 576/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 19.05.2009 – Az. 5 Ca 576/08 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:
2. Die Feststellungsklage der Klägerin wird abgewiesen.
3. Die Klage auf Zahlung von Entgelt für die Zeit vom 01.12.2008 bis zum 06.01.2009 wird abgewiesen.
4. Auf den Hilfsantrag der Klägerin wird das beklagte Land verurteilt, der Klägerin an Schadenersatz zu bezahlen für die Zeit vom 07.01.2009 bis zum 30.06.2009 EUR 9.202,79 brutto (i.W.: neuntausendzweihundertundzwei) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank
aus 1195,37 EUR (i.W.: eintausendeinhundertneunzigundfünf) ab dem 01.02.2009
aus 1544,02 EUR (i.W.: eintausendfünfhundertvierzigundvier) ab dem 01.03.2009
aus 1544,02 EUR (i.W.: eintausendfünfhundertvierzigundvier) ab dem 01.04.2009
aus 1697,68 EUR (i.W.: eintausendsechshundertneunzigundsieben) ab dem 01.05.2009
aus 1610,85 EUR (i.W.: eintausendsechshundertundzehn) ab dem 01.06.2009
aus 1610,85 EUR (i.W.: eintausendsechshundertundzehn) ab dem 01.07.2009.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits – beider Rechtszüge – trägt die Klägerin 4/5 und das beklagte Land 1/5.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist am 30.04.1957 geboren. Sie ist geschieden und zwei Kindern zum gesetzlichen Unterhalt verpflichtet. Nach ihrem Abitur studierte sie von 1976 bis 1981 am Institut für Übersetzen und Dolmetschen der Universität H. Französisch, Englisch und – als Sachfach – Volkswirtschaftslehre mit dem Abschluss als Diplomübersetzerin.
Seit dem 01.11.1983 steht sie mit dem beklagten Land in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis an der Universität H. aufgrund Arbeitsvertrages vom 28.10.1983 nebst Änderungsvertrag vom 18.04.1984. Sie ist als Fremdsprachensekretärin beschäftigt, dem S.-I. (im folgenden: S.) der Universität zugeordnet und dort Herrn Prof. Dr. G., Abteilung Wirtschafts- und Entwicklungspolitik zugewiesen. Die Klägerin hat eine unbefristete Halbtagsstelle mit 19,75 Wochenstunden bei einem Bruttomonatsgehalt von – zur Zeit der Klageerhebung – EUR 1544,00 inne.
Mit Schreiben vom 10.01.2005 beantragte sie die Aufstockung ihrer Arbeitszeit auf eine Ganztagsstelle unter Berufung auf § 9 des Teilzeit- und Befristungsgesetz (im folgenden TzBfG).
Mit Zusatzarbeitsvertrag vom 28.03.2007 wurde ihre Arbeitszeit ab dem 01.04.2007 befristet bis zum 30.06.2007 um 10 Wochenstunden erhöht, der mit Zusatzarbeitsvertrag vom 26.06.2007 befristet bis 30.09.2007 verlängert wurde. Hieran schloss sich ein weiterer Zusatzarbeitsvertrag vom 25.09.2007 über eine halbe Stelle für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 an, dieser wiederum verlängert mit Zusatzarbeitsvertrag vom 05.08.2008 bis zum 28.02.2009. Diese Zusatzarbeitsverträge regeln, dass die Klägerin ausschließlich für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit von Frau H.-C. beschäftigt werden und dass das Zusatzarbeitsverhältnis enden solle, wenn Frau H.-C. ihren Dienst wieder aufnimmt bzw. ausscheidet, spätestens aber mit Ablauf der jeweils vereinbarten Befristung.
Die Beschäftigung im Rahmen dieser Zusatzarbeitsverträge erfolgte im Sekretariat der Abteilung Geographie des S. unter Herrn Prof. Dr. N..
Am 09.08.2008 verstarb Frau H.-C.. Deswegen teilte das beklagte Land der Klägerin am 14.08.2008 mit, dass ab dem 01.09.2008 ihre zusätzliche Beschäftigung mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit als Vertretung nicht mehr möglich sei.
Vom 18.08. bis 07.09.2008 hatte die Klägerin Urlaub. Anschließend arbeitete sie unter Herrn Prof. Dr. N. in der Abteilung Geographie auf der zusätzlichen Halbtagsstelle unverändert weiter.
Während die Klägerin in diesem Zusammenhang behauptet, hierbei habe es sich um die Fortführung des befristeten Zusatzarbeitsvertrages über das Befristungsende hinaus gehandelt, beruft sich das beklagte Land auf angeordnete Mehrarbeit im Zusammenhang mit dem unbefristeten Arbeitsvertrag vom 28.10.1983/18.04.1984.
Unstreitig hatte das S. mit Schreiben vom 19.08.2008 – ABl. 55 der erstinstanzlichen Akte – bei der Universitätsverwaltung um Mehrarbeit für die Zeit vom 01. bis 30.09.08 und mit weiterem Schreiben vom 10.09.2008 bis zum 30.11.08 nachgesucht. Die Universitätsverwaltung hatte mit Schreiben vom 29.08.2008 die Ableistung von maximal 20 monatlichen Mehrarbeitsstunden angeordnet und mit Mehrfertigung die Klägerin hiervon unterrichtet. Zwischen dem 08.09. und 30.11.08 tätigte die Klägerin Stundenaufschriebe hinsichtlich der in der Abteilung Geographie geleisteten Arbeitsstunden.
Mit Schreiben...