Entscheidungsstichwort (Thema)

betrieblicher Beauftragter für Abfall n. § 55 KrW / AbfG. Sonderkündigungsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die den Sonderkündigungsschutz n. § 55 KrW / AbfG i.V.m. § 58 Abs. 2 S. 1 BlmSchG auslösende Bestellung zum betrieblichen Beauftragten für Abfall kann durch die verbindliche Vereinbarung dieser Aufgabe im Arbeitsvertrag erfolgen.

2) Unter „Bestellung” ist die konkrete Zuweisung der Aufgabe des betrieblichen Beauftragten im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zu verstehen.

 

Normenkette

KrW/AbfG § 55; BImSchG § 58 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 11.01.2007; Aktenzeichen 8 Ca 505/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 2 AZR 633/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen vom 11.01.2007 – 8 Ca 505/06 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung des Arbeitsverhältnisses vom 24.10.2006.

Der Kläger ist bei der Beklagten aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 09.03.2006 (AS 3 ff. d. arbeitsgerichtl. A.) seit 02.05.2006 beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug EUR 3.700,00 zuzüglich eines Sachbezugswert von EUR 250,00.

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

㤠1

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 02.05.2006 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

§ 2

Tätigkeit:

Dem Arbeitnehmer obliegen folgende eigenverantwortliche Tätigkeiten:

  1. Herr B. wird eingestellt für den gesamten Bereich Betriebsleitung, Überwachung des Geschäftsverlaufes, deren Kosten, gesetzliche und betriebswirtschaftliche Vorgaben und deren Verlauf. Als Vertretung für die Personaleinstellung und deren Überwachung.
  2. Einschließlich der Tätigkeit als Betriebsbeauftragter für Abfall und Stellvertreter als Gefahrgutbeauftragter, sowie als Stellvertreter des Geschäftsführers.

    Das Arbeitsverhältnis umfasst auch nachstehende Tätigkeiten:

    Betriebsbeauftragter für Abfall- und Gefahrstoffe, auch im Sinne eines Entsorgungsfachbetriebes. Die Leitung der Betriebsabläufe des Innen- und Außendienstes, auch in Zusammenarbeit mit Frau W., Kontaktierung der Kunden und der Behördenvertreter.

§ 11

Kündigungszeit:

1. Das Arbeitsverhältnis endet mit dem Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet.

2. Eine Kündigung bedarf der Schriftform. Die Kündigungsfrist beträgt, nach Beendigung der Probezeit, immer 3 volle Monate.

3. In der Probezeit von 6 Monaten beträgt die vereinbarte Kündigung 4 Wochen.”

Dieser Arbeitsvertrag ist unter dem Datum vom 09.03.2006 von beiden Parteien unterschrieben (AS 17 d. arbeitsgerichtl. A.).

Mit Schreiben vom 24.10.2006 (AS 74) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 24.11.2006 und bot dem Kläger zugleich eine Tätigkeit als Abteilungsleiter mit aktiver Mitarbeit zu einem Bruttogehalt von EUR 2.700,00 an.

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 10.11.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage. Das Änderungsangebot nahm er nicht an.

Vor dem Arbeitsgericht trug er zur Begründung vor, einerseits sei die Kündigung bereits unwirksam, weil er von der Beklagten durch den Arbeitsvertrag als betrieblicher Beauftragter für Abfall bestellt worden sei und daher nach § 55 Abs. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) i. V. m. § 58 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ordentlich nicht kündbar sei. Zudem sei die Kündigung auch sittenwidrig, da sie deswegen erfolgt sei, weil zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten ein Streit über die Entsorgung von Klinikmüll vorausgegangen sei, in dessen Zusammenhang sich der Kläger geweigert habe, bestimmten Abfall umzudeklarieren.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers ungekündigt fortbesteht und insbesondere nicht aufgrund der Kündigung vom 24.10.2006 endet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, der Kläger habe bereits deswegen keinen Sonderkündigungsschutz, weil er nicht wirksam als betrieblicher Abfallbeauftragter bestellt worden sei. Es fehle an einer schriftlichen Bestellung und ebenso an einer näheren Aufgabenbezeichnung des Klägers. Zudem sei die Bestellung gegenüber dem zuständigen Landratsamt nicht angezeigt worden. Die Kündigung sei auch nicht sittenwidrig, sondern sei wegen Leistungsmängeln ausgesprochen worden.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 11.01.2007 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten durch die ordentliche Kündigung vom 24.10.2006 nicht beendet wurde, sondern ungekündigt fortbesteht.

Dabei ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Kündigung unwirksam ist, weil sie gegen den besonderen Kündigungsschutz des Klägers als betrieblichem Abfallbeauftragten verstößt. Im Arbeitsvertrag hätten die Parteien vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auch die Tätigkeit „Beauftragter für Abfall- und Gefa...

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