Rz. 144

Mit dem Insolvenzantrag hat der Schuldner – in diesem Fall der Mieter – eine Bescheinigung über einen Einigungsversuch mit den Gläubigern sowie einen Schuldenbereinigungsplan als Grundlage für eine Einigung mit diesen beizubringen. Falls Aussichten auf eine Einigung nicht von vornherein ausscheiden, wird das Insolvenzgericht das Eröffnungsverfahren zunächst ruhen lassen (§ 306 Abs. 1 InsO). Dennoch besteht die Kündigungssperre gemäß § 112 InsO fort, sodass der Vermieter nicht wegen eines vor dem Insolvenzantrag eingetretenen Zahlungsverzuges gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 kündigen kann (BGH, Urteil v. 18.7.2002, IX ZR 195/01, NZM 2002, 859; Cymutta, DWW 2010, 207).

Die Kündigungssperre des § 112 InsO hindert jedoch nicht das Erlöschen einer Dienstbarkeit, welche das aus einem Mietvertrag folgende Nutzungsrecht an dem belasteten Grundstück sichert und unter der auflösenden Bedingung steht, dass über das Vermögen des Berechtigten ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, wenn diese Bedingung vor dem Sicherungsfall eintritt (BGH, Beschluss v. 7.4.2011, V ZB 11/10, NZM 2012, 392).

Hatte der Vermieter bereits vor dem Eröffnungsantrag gekündigt, bleibt die außerordentliche fristlose Kündigung wirksam. Die Kündigung wird, wie auch sonst (vgl. dazu Rn. 98–104), gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle (vgl. Rn. 101–102) zur Befriedigung verpflichtet.

 

Rz. 145

Gerät der Mieter nach dem Eröffnungsantrag in einen kündigungsbegründenden Rückstand gemäß § 543 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, so kann der Vermieter nach dieser Vorschrift fristlos kündigen (NZM 2002, 859; BGH, Urteil v. 9.3.2005, VIII ZR 394/03, WuM 2005, 401; Cymutta, DWW 2010, 207). Mietrückstände, die vor dem Insolvenzantrag entstanden sind, haben außer Betracht zu bleiben (Cymutta, DWW 2010, 207 [208]). Der Anspruch auf Zahlung der Betriebskostennachforderung für einen vor der Insolvenzeröffnung liegenden Zeitraum stellt auch dann eine (einfache) Insolvenzforderung dar, wenn die Abrechnung im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht erstellt war. Dies gilt auch im Falle einer vom Treuhänder vor der Erstellung der Nebenkostenabrechnung abgegebenen Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Urteil v. 13.4.2011, VIII ZR 295/10, ZMR 2012, 11). Diese Kündigung kann der Mieter jedoch ebenfalls gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 durch vorherige Befriedigung des Vermieters (vgl. dazu Rn. 94–96) oder gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 durch Zahlung (vgl. dazu Rn. 98–104) bzw. eine gleichstehende Erklärung einer öffentlichen Stelle (vgl. dazu Rn. 101–102) binnen zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs (vgl. dazu Rn. 102) unwirksam machen. Auch die öffentliche Stelle, die zur Abwendung der Kündigungsfolgen zahlt oder sich zur Befriedigung verpflichtet, muss den Rückstand vollständig ausgleichen und kann sich nicht darauf berufen, dass der Vermieter nach Verfahrenseröffnung nur teilweise Zahlung der Miete bzw. der Nutzungsentschädigung in Höhe der Quote erwarten kann (Schläger, ZMR 1999, 522, 524) oder nach Annahme des Schuldenbereinigungsplans zur Rückzahlung des die Quote übersteigenden Betrages verpflichtet sein kann. Wird der Schuldenbereinigungsplan schon vor Ablauf der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs angenommen, so braucht der Mieter – oder die öffentliche Stelle – nur den in der Quote festgelegten Zahlungsrückstand auszugleichen, um die fristlose Kündigung unwirksam zu machen. Dies gilt auch bei gerichtlicher Ersetzung der vom Vermieter verweigerten Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan (Eckert, NZM 2006, 804).

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