Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 768 ZPO eng auszulegende Sondervorschrift
Leitsatz (amtlich)
§ 768 ZPO ist eine eng auszulegende Sondervorschrift. In diesem Verfahren geht es nur um Einwände gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel und nicht um materiell-rechtliche Einwände gegen die titulierte Forderung.
Normenkette
ZPO § 768
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 18.05.2007; Aktenzeichen 22 O 143/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.5.2007 verkündete Urteil der Zivilkammer 22 des LG Berlin abgeändert:
1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 16.11.1999 - 34 O 808/94 - ist unzulässig.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des unter Ziff. 1 genannten Kostenfestsetzungsbeschlusses an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Das LG hat die Vollstreckungsabwehrklage, die auf den Einwand der Erfüllung gestützt worden ist, mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei mit dem Einwand ausgeschlossen, weil er nicht im vorangegangenen Verfahren nach § 768 ZPO geltend gemacht worden sei. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.
A. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
B. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist begründet.
1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG vom 16.11.1999 ist unzulässig; denn der Beklagte hat aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 8.12.2005 (Anl. K 2) von der Klägerin unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) eine Zahlung i.H.v. 15.000 EUR erhalten, die gem. §§ 362, 366 Abs. 1 BGB zur Erfüllung der Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss geführt hat. Es gibt keine weitere Forderung des Beklagten auf die die Zahlung der Klägerin vorrangig vor der Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss anzurechnen ist, zumal der Beklagte nach dem rechtskräftigen Urteil des LG im Verfahren 34 O 14/06 aus vier weiteren Titeln nicht vollstrecken darf, solange ihm keine Vollstreckungsklausel erteilt worden ist. Abgesehen davon enthält der Überweisungsträger (Anl. K 3) den Hinweis, dass die Zahlung auf die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erfolgt. Darin liegt eine Tilgungsbestimmung i.S.d. § 366 Abs. 1 BGB. Damit ist die weitere Zwangsvollstreckung aus dem streitbefangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ausgeschlossen. Die Forderung ist erfüllt.
2. Entgegen der Ansicht des LG ist die Klägerin mit dem Einwand der Erfüllung nicht gem. § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Einwände sind danach nur ausgeschlossen, wenn sie zuvor in einem Verfahren nach den Vorschriften der ZPO hätten geltend gemacht werden müssen.
Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil der Einwand der Erfüllung nicht im Verfahren nach § 768 ZPO geltend gemacht werden kann. § 768 ZPO ist eine eng auszulegende Sondervorschrift. In diesem Verfahren geht es nur um Einwände gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel und nicht um materiell-rechtliche Einwände gegen die titulierte Forderung (Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 768 Rz. 2).
Es gibt in der Zivilprozessordnung keinen Zwang einer Partei, die Klage aus § 768 ZPO mit einer solchen aus § 767 ZPO im Wege der Klagehäufung zu verbinden. Beide Klagen haben einen anderen Streitgegenstand. Sie können gemeinsam im Wege der Klagehäufung erhoben werden, müssen es aber nicht. Die Klägerin war daher nicht verpflichtet, den Einwand der Erfüllung bereits im Verfahren 34 O 14/06 geltend zu machen und ist daher im vorliegenden Rechtsstreit damit nicht ausgeschlossen.
3. Der Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 16.11.1999 folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 371 BGB; denn die Schuld aus diesem Titel ist erloschen (BGH NJW 1994, 1161, 1162; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 767 Rz. 2)
4. Da der Vollstreckungsabwehrklage in vollem Umfang stattgegeben worden ist, bedarf es daneben keiner von der Klägerin beantragten Anordnung nach § 770 ZPO, für die jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil des Berufungsgerichts, gegen das ein Rechtsmittel nicht stattfindet, ohne Sicherheitsleistung durchgesetzt werden kann.
III. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1963957 |
MDR 2008, 591 |
OLGR-Ost 2008, 588 |