Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachverständigenentschädigung; Verjährung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Seit Einführung der kurzen Verjährung in § 15 Abs. 5 (a.F.) bzw. 6 (n.F.) ZSEG kann aus dem bloßen Zeitablauf ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine Verwirkung des Antragsrechts gem. § 16 Abs. 1 ZSEG bzw. des Anspruchs auf Erstattung zuviel gezahlter Sachverständigenentschädigung hergeleitet werden. Eine entsprechende Anwendung der §§ 7 GKG, 15 KostO scheidet aus.

2. Dem Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung gem. § 16 Abs. 1 ZSEG fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, wenn die vom Kostenbeamten festgestellte Entschädigung an den Sachverständigen ausgezahlt wurde und sich der Sachverständige gegenüber einem – auf die beantragte gerichtliche Festsetzung gestützten – Verlangen auf Erstattung zuviel gezahlter Entschädigung mit Erfolg auf Verjährung berufen kann und bereits beruft.

3. Die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung zuviel gezahlter Entschädigung beginnt auch in den Fällen, die noch der zweijährigen Verjährung nach § 15 Abs. 5 ZSEG a.F. unterliegen, mit der Auszahlung der Entschädigung. § 201 BGB a.F. gilt für die kurze Verjährung nach § 15 Abs. 5 ZSEG a.F. nicht.

4. Der Antrag der Staatskasse nach § 16 Abs. 1 ZSEG hemmt nicht die Verjährung eines Anspruchs auf Erstattung zu viel gezahlter Entschädigung. Beinhaltet der Antrag jedoch eine Aufforderung an den Sachverständigen zur Rückzahlung zu viel gezahlter Entschädigung, beginnt unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 S. 2 GKG die Verjährung des Erstattungsanspruchs neu.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 15.05.2002; Aktenzeichen 87 T 733/97)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 50/53 VIII N 3004)

 

Gründe

Die Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des LG Berlin vom 15.5.2002, mit dem das LG den Antrag der Bezirksrevisorin nach § 16 Abs. 1 ZSEG auf Festsetzung der Sachverständigenentschädigung für die Beteiligte zu 1) als unzulässig zurückgewiesen hat, ist gem. § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig, hat i.E. aber keinen Erfolg.

Das LG hätte den Antrag der Bezirksrevisorin vom 3.4.2002, die der Beteiligten zu 1) zu gewährende Entschädigung für das schriftliche Gutachten vom 14.3.2000 durch Beschluss nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG festsetzen zu lassen, zwar nicht als verwirkt ansehen dürfen, der Antrag erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als unzulässig. Für eine richterliche Festsetzung der Entschädigung der Sachverständigen im Verhältnis zwischen der Staatskasse und der Beteiligten zu 1) fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, nachdem sich die Beteiligte zu 1) im Beschwerdeverfahren gegenüber einer etwaigen Rückforderung auf den Schutz ihres Vertrauens in die Auszahlung und damit zu Recht auf die im April 2002 eingetretene Verjährung eines etwaigen Rückerstattungsanspruchs berufen hat. Im Einzelnen:

1. Zur Entscheidung steht lediglich der Antrag der Bezirksrevisorin vom 3.4.2002, die der Beteiligten zu 1) zu gewährende Entschädigung für das schriftlichen Gutachten vom 14.3.2000 durch Beschluss nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG festsetzen zu lassen. Die von der Beteiligten zu 1) getrennt abgerechnete Tätigkeit in der mündlichen Anhörung am 20.10.2000, die auf einer gesonderten gerichtlichen Heranziehung der Sachverständigen zu Beweiszwecken beruhte (vgl. hierzu KG JurBüro 1989, 698), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung berechnete Entschädigung wird weder dem Grunde noch der Höhe nach angezweifelt.

2. Das LG hat das Antragsrecht der Bezirksrevisorin gem. § 16 Abs. 2 ZSEG als verwirkt angesehen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es sei allgemein anerkannt, dass die Änderung einer zugunsten eines Sachverständigen erfolgten Entschädigungsfestsetzung zeitlich nicht unbegrenzt möglich sei. Auch im vorliegenden Fall verbiete der Vertrauensgrundsatz eine gerichtliche Festsetzung der bereits durch den Kostenbeamten festgesetzten und ausgezahlten Entschädigung, weil die Sachverständige nach Ablauf einer längeren Zeit von mehr als ca. 1 1/2 bis zwei Jahren nach der Zahlungsanweisung darauf vertrauen könne und dürfe, dass die vor Jahren ausgezahlte Entschädigung nicht mehr (zu ihrem Nachteil) abgeändert werde. Dem trotz Vorbefassung der Bezirksrevisorin erstmals mit Schreiben vom 3.4.2002 und damit illoyal verspätet gestellten Antrag nach § 16 ZSEG stehe ein schutzwürdiges Vertrauen der Sachverständigen ggü.

Bedenken begegnet bereits die Annahme des LG, das Antragsrechts der Staatskasse nach § 16 Abs. 1 S. 1 ZSEG könne als solches verwirkt sein. Im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist zwar die Verwirkung verfahrensrechtlicher Befugnisse – wie zum Beispiel die Verwirkung der Beschwerde – als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung anerkannt (Jansen, FGG, 2. Aufl., § 21 Rz. 20; Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 21 Rz. 44). Ein Antragsrecht, also das Recht zur erstmaligen Anrufung des Gerichts, kann jedoch grundsätzlich nicht verwirkt werden (...

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