Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit tarifvertraglicher Sonderregelungen für studentische Hilfskräfte. Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 23.10.2009, 3/5 Sa 228/09, das vollständig dokumentiert ist. Gleichbehandlung. Grundsatz der Spezialität
Leitsatz (redaktionell)
Es ist zulässig, durch Tarifvertrag Sonderregelungen für studentische aushilfsweise Beschäftigte zu schaffen, wenn hierfür sachliche Gründe sprechen.
Normenkette
TVG § 1; GG Art. 3
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.10.2008; Aktenzeichen 1/19 Ca 9797/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober 2008 – 1/19 Ca 9797/07 – teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien vom 01. März 2007 bis 31. Juli 2007 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des TVöD-BT-F Anwendung fand.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben zu 86 vom Hundert der Kläger, zu 14 vom Hundert die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen, für die Beklagte nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) in der Fassung des TVöD-BT-F ab dem 1. März 2007 auf das Arbeitsverhältnis des Klägers.
Die Beklagte ist Betreiberin eines Großflughafens. Sie ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen e. V., welcher seinerseits Mitglied in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ist.
Der Kläger absolvierte von 2000 bis 2004 ein Studium als Wirtschaftsingenieur. Seit 2004 studiert er Mathematik und Physik (Gymnasiales Lehramt). Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 16. April 2002 auf Grundlage des Arbeitsvertrags der Parteien vom 4. April 2002 (Ablichtung als Anlage zur Klageschrift, Bl. 8 – 10 d. A.) als „Studenten-Aushilfe” beschäftigt. Er war in der Gepäckabfertigung eingesetzt. Während des Semesters belief sich die wöchentliche Arbeitszeit auf nicht mehr als 20 Stunden, in der vorlesungsfreien Zeit auf nicht mehr als 38,5 Stunden. Mit Wirkung ab dem 1. März 2007 ist der Kläger Mitglied der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.
Am 1. August 2007 schlossen die Beklagte und der Kommunale Arbeitgeberverband Hessen e. V. einerseits sowie die Gewerkschaft ver.di andererseits mit Wirkung ab 1. August 2007 einen Landesbezirkstarifvertrag Nr. 16/2007 „über Sonderregelungen für studentische aushilfsweise Beschäftigte bei der A” (nachfolgend: TV 16/2007), wegen dessen Regelungen im Einzelnen auf die Ablichtung (Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 27. Februar 2008, Bl. 33 – 36 d. A.) verwiesen wird. Der Tarifvertrag ist für die Gewerkschaft ver.di von deren Verhandlungsführer C und der stellvertretenden Landesbezirksleiterin B unterzeichnet. Die Gewerkschaft ver.di wird gemäß § 35 ihrer Satzung in landesbezirklichen Angelegenheiten durch den Landesbezirksleiter oder seinen Stellvertreter vertreten.
Der Kontroll- und Beschwerdeausschuss der Gewerkschaft ver.di gab aufgrund einer Sitzung vom 28./29. Februar 2008 einer Beschwerde des Klägers gegen den Abschluss des TV 16/2007 statt. Auf das Schreiben des Beschwerdeausschusses an den Kläger vom 7. April 2008 (Ablichtung als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 28. April 2008, Bl. 63 – 66 d. A.) wird Bezug genommen.
Mit seiner am 18. Dezember 2007 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen, der Beklagten am 21. Dezember 2007 zugestellten Klage hat der Kläger erstinstanzlich zuletzt noch die Feststellung begehrt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD anzuwenden ist. Weitere Streitgegenstände sind erstinstanzlich zur eigenständigen Verhandlung und Entscheidung abgetrennt worden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der TV 16/2007 könne von vornherein keine Anwendung finden, weil der TVöD keine Öffnungsklausel enthalte. Jedenfalls sei der persönliche Geltungsbereich des TV 16/2007 nicht eröffnet. Der Kläger hat behauptet, er bestreite seinen gesamten Lebensunterhalt aus dem Arbeitseinkommen bei der Beklagten und beziehe keine weiteren Ausbildungsleistungen. Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, wegen der Besitzstandsregelung in § 11 TV 16/2007 könne sein bereits zuvor erworbener Anspruch auf höhere Vergütung nach dem TVöD nicht mehr beseitigt werden. Der TV 16/2007 verstoße zudem insgesamt gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Kläger hat vorgetragen, faktisch würden die studentischen Mitarbeiter bei der Entlohnung gegenüber den regulären Mitarbeitern bei identischer Arbeitsleistung schlechter gestellt. Wegen der näheren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens des Klägers wird auf die Klageschrift (Bl. 1 – 6 d. A.) und die Schriftsätze des Klägers vom 7. März 2008 (Bl. 52 – 55 d. A.) und vom 28. April 2008 (Bl. 62 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
festzu...