Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtiger Zustellungsadressat für Schriftstücke im Prozesskostenhilfe-Nachprüfungsverfahren. Zulässigkeit der Nachholung von Zustellungen an den Prozessbevollmächtigten im Beschwerdeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Zustellungen im Nachprüfungsverfahren des § 120a ZPO haben gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, wenn dieser die Partei bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat. Da Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren die Rechtmäßigkeit des Beschlusses ist, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 124 ZPO aufgehoben wurde, ist eine Nachholung der Aufforderung zur Mitwirkung an die Partei im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar.

 

Normenkette

ZPO §§ 120a, 124, 329, 172

 

Verfahrensgang

ArbG Fulda (Entscheidung vom 09.02.2016; Aktenzeichen 2 Ca 279/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Fulda vom 9. Februar 2016 - 2 Ca 279/14 - aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger hat am 31. Oktober 2014 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Fulda erhoben. Mit Schriftsatz vom 10. November 2014 beantragte sein Prozessbevollmächtigter die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und reichte die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu den Akten. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 wurde dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Der Rechtsstreit endete durch einen am 17. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenen Vergleich.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 bat die Rechtspflegerin den Kläger das ihm übersandte Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum 15. Januar 2016 auszufüllen. Das Schreiben wurde an den Kläger formlos mit einfachem Brief gesandt. Eine Durchschrift dieses Schreibens wurde an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gesandt (vgl. Bl. 22 des Beihefts). Mit Schreiben vom 19. Januar 2016 erinnerte die Rechtspflegerin den Kläger an seine Pflicht mit Fristsetzung zum 3. Februar 2016 und wies ihn darauf hin, dass er mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechnen müsse, wenn er seiner Erklärungspflicht nicht nachkomme. Auch dieses Schreiben wurde an den Kläger mit einfachem Brief gesandt. Eine Durchschrift wurde an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gesandt (vgl. Bl. 23 des Beihefts).

Mit Beschluss vom 9. Februar 2016 hob die Rechtspflegerin die bewilligte Prozesskostenhilfe auf, weil der Kläger innerhalb der gesetzten Fristen seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen sei (Bl. 24 des Beihefts). Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers förmlich zugestellt.

Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ging er dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12. Februar 2016 zu (Bl. 25 des Beihefts).

Mit Schriftsatz, der am 11. März 2016 bei dem Arbeitsgericht Fulda eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 26 ff des Beihefts) und hat dem Schriftsatz Anlagen beigefügt zum Beleg für die unveränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers. Die Rechtspflegerin hat den Kläger mit an seinen Prozessbevollmächtigten gerichtetem Schreiben vom 16. März 2016 aufgefordert, bis zum 31. März 2016 das Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ordnungsgemäß und vollständig auszufüllen (Bl. 45 des Beihefts).

Mit Beschluss vom 9. Mai 2016 hat die Rechtspflegerin der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 48 des Beihefts) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II.

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 S. 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 S. 2 und 3, §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 9. Februar 2016 ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120a Abs. 1 ZPO nicht stattgefunden hat. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120a Abs. 1 S. 3 ZPO, ob eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zugestellt. Dies ist im Beschwerdeverfahren nicht nachzuholen, weil die formal ordnungsgemäße Beteiligung vor Erlass des Aufhebungsbeschlusses Voraussetzung für seinen rechtmäßigen Bestand ist.

Die nunmehr für die Entscheidung von sofortigen Beschwerden im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren auch zuständige Kammer 15 schließt sich der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hamm und des Landesarbeitsgerichts Köln (vgl. statt vieler LAG Hamm 5. Juli 2013 - 5 Ta 254/13 - ; 20. September 2013 - 14 Ta 160/13 - ; LAG Köln 23. September 2015 - 12 Ta 220/15 - juris) an, wonach jedenfalls die letzte Aufforderung an die Partei, sich über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, an den Prozessbevollmächtigten der Partei zuzustel...

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