Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellungsadressat im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120a ZPO. Rechtsfolgen der Zustellung an die Partei selbst. Zulässigkeit der Nachholung der Zustellung an den Prozessbevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Zustellungen im Nachprüfungsverfahren des § 120 ZPO a.F. haben gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, sofern dieser die Partei bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (im Anschluss an BGH 11.05.2016, XII ZB 582/15, und BAG 19.07.2006, 3 AZB 18/06)

Die im Nachprüfungsverfahren versäumte Zustellung der Aufforderung zur Mitwirkung an den Prozessbevollmächtigten der Partei ist im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar, weil Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren die Rechtmäßigkeit des Beschlusses ist, mit dem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120, 124 ZPO a.F. aufgehoben/abgeändert wurde.

 

Normenkette

ZPO a.F. §§ 120, 124; ZPO § 329 Abs. 2, § 172 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 14.03.2014; Aktenzeichen 8 Ca 476/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 14. März 2014 - 8 Ca 476/12 - aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Im Beschwerdeverfahren wendet sich der frühere Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) gegen die Aufhebung der zunächst bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger am 07. Dezember 2012 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben, Prozesskostenhilfe beantragt und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 10. Januar 2013 zu den Akten gereicht. Mit Beschluss vom 04. März 2013 wurde dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Am 21. Januar 2013 wurde festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich zustande gekommen ist.

Die Rechtspflegerin hat den Kläger mit formlos übersendeten Schreiben vom 20. März 2014 gebeten, den beigefügten Vordruck "Erklärung über persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" bis zum 17. April 2014 ausgefüllt zurück zu senden. Eine Durchschrift dieses Schreibens wurde an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Kenntnis gesendet (vgl. Bl. 33 des Beihefts). Mit formlos übersendetem Schreiben vom 23. April 2014 hat die Rechtspflegerin den Kläger letztmalig aufgefordert, die gewünschte Erklärung binnen 2 Wochen abzugeben und darauf hingewiesen, dass er mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechnen müsse, wenn er der Erklärungspflicht nicht nachkomme. Eine Durchschrift davon wurde an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gesendet (vgl. Bl. 34 des Beihefts).

Mit Beschluss vom 14. März 2014 hat die Rechtspflegerin den Beschluss über die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben (Bl. 35 des Beihefts). Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 20. Mai 2014 förmlich zugestellt (Bl. 36 des Beihefts).

Eine hierauf am 20. Juni 2014 bei Gericht eingegangene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vom 04. Mai 2014 hat die Rechtspflegerin als sofortige Beschwerde gewertet und dies dem Kläger mit einfachem Brief mitgeteilt und ihn zu weiteren Angaben zu seinen Einkünften und Belegen bis 10. Juli 2014 aufgefordert. Mit Beschluss vom 06. August 2014 hat die Rechtspflegerin der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 44 des Beihefts) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht vorgelegt.

Im Beschwerdeverfahren hat der - zwischenzeitlich verzogene - Kläger seine neue Adresse in der XXX mitgeteilt.

II.

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO, zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 14. März 2014 ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO a. F. (=§ 120a Abs. 1 ZPO) nicht stattgefunden hat. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F., ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zugestellt. Dies kann im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden, weil die formal ordnungsgemäße Beteiligung vor Erlass des Abänderungs- bzw. Aufhebungsbeschlusses Voraussetzung für seinen rechtmäßigen Bestand ist.

1. Das Überprüfungsverfahren richtet sich im vorliegenden Verfahren aufgrund § 40 Satz 1 EGZPO nach §§ 120, 124 ZPO i.d.F. vom 05. Dezember 2005 (ZPO a. F.). Der Kläger hat vor dem 01. Januar 2014 für einen Rechtszug Prozesskostenhilfe beantragt, so dass für diesen Rechtszug die §§ 114 - 127 in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden sind.

2. Die Aufhebungsentscheidung beruht schon auf einem feh...

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