Leitsatz

§ 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV ist auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht analog anwendbar.

 

Normenkette

HeizkostenV § 7 Abs. 1 Satz 3

 

Das Problem

K ist Mieterin einer in Dresden gelegenen Wohnung der Beklagten B. Das Gebäude ist mit einer Einrohrheizung ausgestattet, bei der die Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt, aber nicht freiliegend verlegt worden sind. B erstellt die Heizkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2010, 2011 und 2012 unter Berücksichtigung nicht erfasster Rohrwärme auf der Grundlage des Beiblattes „Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe„ der VDI-Richtlinie 2077. K meint, diese Berechnungsweise sei bei nicht freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung nicht anzuwenden. Dem stimmt der Bundesgerichtshof zu.

 

Die Entscheidung

  1. Zwar könne gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt seien und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst werde, der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Solche Regeln enthalte das Beiblatt "Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe„. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV lägen aber nicht vor. Denn die Wärmeleitungen in dem Gebäude, in dem sich die von K gemietete Wohnung befinde, seien – anders als von § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO gefordert – nicht freiliegend. „Freiliegend" seien nur auf der Wand verlaufende und damit sichtbare Wärmeleitungen.
  2. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV könne auch nicht analog angewendet werden. Eine Analogie sei nur zulässig, wenn die maßgebliche Norm eine planwidrige Regelungslücke aufweise und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Normgeber geregelt hat, vergleichbar sei, dass angenommen werden könne, der Normgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Vorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Nach diesem Maßstab komme eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht in Betracht. Es fehle bereits an einer planwidrigen Reglungslücke. Es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Verordnungsgeber habe den Fall im Estrich oder unter Putz verlegter Heizungsrohre unbeabsichtigt nicht geregelt. Der in der HeizkostenV nicht geregelte Fall der unter Putz geführten Rohrleitungen sei auch nicht nach Maßgabe höherrangigen Rechts in den Anwendungsbereich ihres § 7 Abs. 1 Satz 3 einzubeziehen. Dies ergebe sich weder aus der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage der HeizkostenV noch aus verfassungsrechtlichen Gründen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. In Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, kann der Wärmeverbrauch der Nutzer gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Die Wohnungseigentümer haben Ermessen, ob so vorgegangen werden soll. Dass nicht alles an abgegebener Wärmeenergie gemessen wird, steht einer Verteilung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV allerdings noch nicht entgegen. Sind indes gewisse Grenzwerte erreicht, nach hier vertretener Ansicht eine Erfassungsrate von unter 20 %, ist zwingend nach § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV vorzugehen. Das Ermessen ist insoweit auf Null reduziert.
  2. Ist der "kritische Wert" überschritten, müssen die Wohnungseigentümer die Kosten des Wärmeverbrauchs nach den "anerkannten Regeln der Technik" bestimmen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs enthält unter anderem das Beiblatt „Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe„ der VDI-Richtlinie 2077 anerkannte Regeln der Technik im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV. Es gibt freilich auch andere Regeln. Welche Regeln die Wohnungseigentümer anwenden wollen, müssen sie selbst bestimmen. Die VDI-Richtlinie 2077 enthält im Übrigen 3 Verfahren zur Ermittlung des Rohrwärmeanteils: eine messtechnische Ermittlung, ein Bilanzverfahren und eine rechnerische Ermittlung. Welches dieser Verfahren angewendet werden soll, müssen die Wohnungseigentümer bestimmen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV nicht vor, haben die Wohnungseigentümer kein Ermessen: Ein von der HeizkostenV nicht vorgesehener Umlageschlüssel kann nicht bestimmt werden.
  2. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV ist – wie der Fall zeigt auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung auch nicht analog anwendbar. Ein entsprechender Umlageschlüssel ist nichtig.
  3. Als "anerkannte Regeln der Technik" in Betracht kommen zurzeit eine messtechnische Ermittlung, ein Bilanzverfahren und eine rechnerische Ermittlung. Haben sich die...

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