Leitsatz
Das Nichtvorhandensein von Angaben im Standort-Prospekt des Vermieters berechtigt den Mieter nur dann zur umgehenden Beendigung des Mietvertrags, wenn das Nichtvorhandensein als Mangel anzusehen oder vom Wegfall der Geschäftsgrundlage auszugehen ist.
Dem Mieter eines Ladenlokals in einem noch zu errichtenden Einkaufszentrum waren vom Vermieter in dessen Prospekt die Angaben gemacht worden, dass das Einkaufszentrum günstig über einen überdachten Zuweg vom Hauptbahnhof zu erreichen sei, über eine bestimmte Anzahl von Parkplätzen verfüge, einen Lebensmittelmarkt enthalte und bereits voll vermietet sei.
Nachdem sich diese Vorgaben nach Bezug des Ladenlokals nicht bestätigten, kündigte der Mieter den Mietvertrag fristlos wegen schwerwiegender Mängel bzw. verlangte die sofortige Auflösung des Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.
Ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Mangel kann nicht angenommen werden, da das Nichtvorhandensein der Angaben aus dem Prospekt keine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand darstellt. Die hierfür erforderliche unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache ist nicht gegeben.
Insbesondere können die nicht vollständige Vermietung des Einkaufszentrums und das Fehlen des Lebensmittelmarktes nicht als unmittelbare Beeinträchtigung angesehen werden, da die fehlende Möglichkeit, am erwarteten Kundenstrom partizipieren zu können, als grundsätzlich beim Mieter liegendes Gewinnerzielungsrisiko zu beurteilen ist.
Ein Mangel kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Ladenlokal bestimmte zugesicherte Eigenschaften nicht aufweist. Die im Prospekt enthaltenen Angaben stellen keine zusicherungsfähigen Eigenschaften dar, da diese ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben müssen; darüber hinaus hat der Vermieter nicht zu erkennen gegeben, dass er für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften einstehen möchte.
Die Beendigung des Mietvertrags lässt sich auch nicht mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtfertigen, da es nur um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich des Mieters fallen sollen; dieser trägt insbesondere das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinn erzielen zu können.
Zwar kann diese Risikoverteilung vertraglich auf den Vermieter verlagert werden. Hierfür sind aber konkrete Anhaltspunkte im Mietvertrag erforderlich, die nicht bereits in der dem Mieter gemachten Beschränkung seines Sortiments, der Betriebspflicht während der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten und der Pflichtmitgliedschaft in der Werbegemeinschaft gesehen werden können; die dem Vermieter vertraglich übertragene verwaltungstechnische Organisation des Einkaufszentrums rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer Verlagerung des Risikos.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 16.02.2000, XII ZR 279/97