BGH sieht den Antrag als unzulässig an

Das LG hat die sofortige Beschwerde zu Recht als unzulässig angesehen, weil die StA sie nicht als elektronisches Dokument übermittelt hat.

Gemäß § 130d ZPO sind Behörden verpflichtet, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln. Davon umfasst sind neben Erklärungen, die der Schriftform bedürfen, auch alle Erklärungen, die in schriftlicher Form abgegeben werden können (BeckOK-ZPO/von Selle, 48. Edition [Stand 1.3.2023], § 130d Rn 3).

Nach §§ 459g Abs. 2, 459 StPO gelten für die Vollstreckung der Wertersatzeinziehung die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes, soweit die Strafprozessordnung nichts anderes bestimmt. § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG ordnet die sinngemäße Geltung vollstreckungsrechtlicher Vorschriften der Zivilprozessordnung an. Darin ist auch eine Verweisung auf § 130d ZPO enthalten.

StPO verdrängt § 130d ZPO nicht

Zwar verweist § 459 StPO nicht schrankenlos auf die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes, sondern nur, soweit in der Strafprozessordnung nichts anderes bestimmt ist. Aus der Vorschrift des § 32b Abs. 3 S. 1 StPO lässt sich jedoch keine andere Bestimmung herleiten.

Nach dieser Vorschrift sollen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte einander Dokumente als elektronische Dokumente übermitteln, wenn die Akten elektronisch geführt werden. Erst mit Wirkung ab dem 1.1.2026 wird gemäß Art. 33 Abs. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs die Führung von elektronischen Akten in der Strafjustiz verpflichtend. Diese Vorschrift begründet damit zwar keine Pflicht zur elektronischen Übermittlung von Dokumenten, schließt eine solche durch andere Bestimmungen angeordnete Pflicht jedoch auch nicht aus. Dies wäre mit dem Zweck der Vorschrift, den elektronischen Rechtsverkehr zu fördern und eine vollständige, ausnahmslos elektronische Aktenführung in Strafsachen zu bewirken, nicht zu vereinbaren.

Keine strafprozessualen Besonderheiten

Wie sich ihrem Wortlaut zudem entnehmen lässt, zielt die Vorschrift in erster Linie auf die Kommunikation zwischen den am Straferkenntnisverfahren Beteiligten. Sie berücksichtigt dabei strafverfahrensrechtliche Besonderheiten. So ist – anders als in § 130d ZPO – eine elektronische Einreichung von Dokumenten nicht in allen Fällen verpflichtend und wird dies auch mit Einführung der elektronischen Akte nicht sein. Der Gesetzgeber wollte hiermit dem Umstand Rechnung tragen, dass vielerlei Situationen möglich seien, in denen ein Bedürfnis bestehen könne, Dokumente in Papierform weiterzuleiten, beispielsweise wenn Datenverarbeitungsgeräte in der einzelnen Situation nicht verfügbar seien, gleichwohl jedoch ein Bedürfnis nach sofortiger Übermittlung eines Dokuments bestehe (BT-Drucks 18/9416, S. 49). Diese Situationen sind im Rahmen eines Strafverfahrens, das zahlreiche Beteiligte und vielfältige Kommunikationsbeziehungen einschließt (vgl. BT-Drucks 18/9416, S. 44), vorstellbar, nicht aber im Rahmen der Vollstreckung von Geldstrafen und Wertersatzeinziehung.

Rückstand der Staatsanwaltschaft bei der Digitalisierung kein Argument

Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft noch nicht zur Führung einer elektronischen Akte verpflichtet ist, ist keine Besonderheit, die der Anwendung des § 130d ZPO entgegensteht. Auch Rechtsanwälte sind zu einer elektronischen Aktenführung nicht verpflichtet; für sie gilt dennoch die Vorschrift des § 130d ZPO und damit die Pflicht, Schriftsätze elektronisch bei Gericht einzureichen. Die Verpflichtung zur Einreichung von elektronischen Dokumenten dient zwar der elektronischen Aktenführung. Maßgebend ist dabei jedoch zum einen der Empfänger des elektronischen Dokuments, der von dem sonst drohenden Druck- und Scanaufwand entlastet werden soll. Zum anderen hat der Gesetzgeber auch im Zivilprozess die Pflicht zur Einreichung von elektronischen Dokumenten noch vor der Pflicht zur Führung einer elektronischen Akte angeordnet.

Eine solche Auslegung führt auch nicht dazu, dass die gesetzlich gesetzte Frist zur Einführung der elektronischen Aktenführung leerliefe. Die Versendung von elektronischen Dokumenten ist mit einer elektronischen Aktenführung nicht gleichzusetzen. Darüber hinaus ist die Staatsanwaltschaft bereits gemäß § 6 Abs. 3 ERVV verpflichtet, ein besonderes elektronisches Behördenpostfach vorzuhalten, damit im Rahmen des Strafverfahrens bei ihr elektronische Dokumente eingereicht werden können (§ 32a StPO). Dass neben dieser passiven Nutzungspflicht auch in eingeschränktem Maß – nämlich soweit es die Vollstreckung von Geldstrafen und auf Geldzahlung lautende Nebenfolgen betrifft – eine aktive Nutzungspflicht besteht, führt nicht dazu, dass ein Zwang zur elektronischen Aktenführung begründet wird.

Staatsanwaltschaft als Behörde i.S.d. § 130d ZPO

Die Staatsanwaltschaft war danach gemäß § 130d ZPO verpflichtet, die sofortige Beschwerde als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die St...

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