Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Steuerbefreiung von Umsätzen aus der Tätigkeit als Verfahrensbeistand gem. § 158 FamFG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 4 Nr. 25 UStG nicht vorliegen, so dass eine Steuerfreiheit nach nationalen Befreiungsvorschriften ausscheidet.
2. Bei der Tätigkeit als Verfahrensbeistand gem. § 158 FamFG handelt es sich nicht um eine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungi.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Entgegen der Auffassung der Stpfl. ist die Tätigkeit als Verfahrensbeistand nicht allein aus dem Grund eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden, weil sie als Aufgabe der Jugendhilfe in § 2 Abs. 3 i.V.m. § 50 SGB VIII erwähnt ist.
Normenkette
MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i; UStG § 4 Nr. 25
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Steuerpflicht von Umsätzen der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Verfahrensbeistand nach § 158 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).
Die Klägerin ist Diplom-Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Systemische Beraterin und betreibt seit dem Jahr 2003 eine eigene Praxis. Im Streitjahr 2013 erbrachte sie – neben von einem Träger der freien Jugendhilfe „A”) vergüteten Leistungen der sozialpädagogischen Jugendhilfe gemäß § 31 des Achten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) und Leistungen als Ergänzungs- bzw. Umgangspfleger, Heilpraktikerin der Psychotherapie, Mediatorin, Konfliktberaterin, Paartherapeutin und psychologische Beraterin – auch Leistungen als Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG. Am 10. Juli 2013 übermittelte sie dem Beklagten elektronisch eine Umsatzsteuervoranmeldung für das II. Quartal 2013 und deklarierte darin Ausgangsumsätze zu 19% in Höhe von insgesamt 15.966 €.
Gegen ihre Umsatzsteuervoranmeldung für das II. Quartal 2013 legte die Klägerin am 22. Juli 2013 Einspruch ein, mit dem sie begehrte, die Umsatzsteuer auf 0,00 € festzusetzen. Die von ihr erzielten Umsätze aus der Tätigkeit als Verfahrensbeistand seien nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) und i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) umsatzsteuerfrei.
Aufgabe eines Verfahrensbeistandes sei es, in familiengerichtlichen Verfahren zur Verwirklichung einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung die Interessen des jeweiligen Kindes in das Verfahren einzubringen. Damit werde die staatliche Gewährleistungspflicht in innerstaatliches Recht überführt, die aus Art. 12 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 herrühre. Der Verfahrensbeistand werde von Amts wegen bestellt, soweit es erforderlich sei. Hierzu enthalte § 158 Abs. 2 FamFG einen Katalog, in welchen Verfahren eine Bestellung regelmäßig zu erfolgen habe. Aus dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag für Kinder ergebe sich zudem, dass bei denkbaren Interessengegensätzen ein Verfahrensbeistand als Interessenvertreter des Kindes zu bestellen sei. Der Verfahrensbeistand müsse die Interessen des Kindes feststellen und geltend machen und das Kind über den Gegenstand, den Ablauf und den möglichen Ausgang des Verfahrens unterrichten. Die Stellung als Interessenvertreter des Kindes sei mit einer normalen prozessualen Beteiligten- oder Vertreterstellung nicht vergleichbar. Die Kinder seien in der Regel in dem Verfahren nicht Beteiligte im prozessualen Sinne, so dass die Tätigkeit des Verfahrensbeistandes keine rechtsberatende Tätigkeit sei. In der Praxis würden auch Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, und Kinderpsychologen als Verfahrensbeistand bestellt.
Der Verfahrensbeistand erbringe eine Aufgabe der Jugendhilfe im Sinne des § 2 Abs. 3 SGB VIII in Verbindung mit § 50 SGB VIII. Aufgrund der Erwähnung in § 2 Abs. 3 SGB VIII erbringe der Verfahrensbeistand eine sozialrechtliche Leistung. Der Verfahrensbeistand erbringe eine Aufgabe der Jugendhilfe. § 76 SGB VIII enthalte eine Ermächtigungsnorm, nach der das Jugendamt andere anerkannte Träger der freien Jugendhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben heranziehen könne. Die Vergütung des Verfahrensbeistandes erfolge aus der Staatskasse (§ 158 Abs. 7 FamFG).
Die Qualifikation der Leistungen eines Verfahrensbeistandes als sozialrechtliche Leistungen führe dazu, dass die gemeinschaftsrechtliche Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL einschlägig sei. Denn nach der Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei eng mit der Sozialfürsorge verbundenen Dienstleistungen um sämtliche in den Sozialgesetzbüchern nach Art und Umfang beschriebenen Leistungen. Die Tätigkeit des Verfahrensbeistandes falle auch unter den Begriff der Sozialfürsorge im Sinne dieser Richtliniennorm. Dies ergebe sich daraus, dass letztlich der Verfa...