Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolglose auf Verfahrensfehler gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. nicht protokollierter Beweisantrag
Normenkette
VwGO § 86 Abs. 1-3, §§ 94, 105, 152 Abs. 1, § 173 S. 1; ZPO § 160 Abs. 2, 1, §§ 164-165, 251, 415 Abs. 1-2
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 06.05.2021; Aktenzeichen 5 S 317/19) |
Tenor
Der Antrag auf Aussetzung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.
Der Antrag auf Ruhen des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2021 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
1. Die Voraussetzungen der beantragten Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 94 VwGO liegen nicht vor.
Rz. 2
Der Antragsteller stützt seinen Aussetzungsantrag im Wesentlichen darauf, dass das Ergebnis des Klageverfahrens nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg (LIFG BW) auf Auskunft über den Inhalt des zwischen der Antragsgegnerin und der A. KG geschlossenen Grundstückskaufvertrag in dem Bereich der verfahrensgegenständlichen Bebauungsplanänderung abgewartet werden solle. Eine Vorgreiflichkeit im engeren Sinne liege hier zwar nicht vor. Es würde aber zu einem unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unerträglichen Ergebnis führen, wenn die Beschwerde ohne weitere Aufklärung der streitigen Kaufvertragsunterlagen vorweg abgewiesen würde, sich bei einer nach dem LIFG BW erzwungenen Einsicht aber Tatsachen herausstellten, die eine unzulässige Vorfestlegung des Gemeinderats bei der Beschlussfassung über die Bebauungsplanänderung beweisen würden.
Rz. 3
Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens sind damit nicht dargetan. Wie die Beschwerde selbst einräumt, hängt die im Beschwerdeverfahren zu treffende Entscheidung, ob die Revision aus den Gründen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen ist, nicht vom Ausgang des Verfahrens nach dem LIFG BW ab. Eine - wie von der Beschwerde vertreten - analoge Anwendung des § 94 VwGO scheidet aus. Denn Änderungen des entscheidungserheblichen Sachverhalts nach Erlass der letzten tatsachengerichtlichen Entscheidung eröffnen dem Revisionsgericht grundsätzlich nicht die Möglichkeit, solche Umstände bei seiner Entscheidung zu verwerten (BVerwG, Urteile vom 10. Juli 2012 - 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 18 und vom 21. Juni 2018 - 4 CN 8.17 - ZfBR 2018, 684 Rn. 13). Dass das vorliegend anders sein könnte, legt die Beschwerde nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.
Rz. 4
2. Der Antrag, das Beschwerdeverfahren gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 251 ZPO zum Ruhen zu bringen, war ebenfalls abzulehnen. Die Antragsgegnerin hat die erforderliche Zustimmung wiederholt verweigert.
Rz. 5
3. Die allein auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 6
a) Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen.
Rz. 7
Der Antragsteller trägt vor, er habe in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag sowohl auf Vorlage des zwischen der Antragsgegnerin und A. KG geschlossenen Kaufvertrages gestellt als auch auf Vorlage des sogenannten A.-Gutachtens. Dass diese Anträge nicht protokolliert worden seien, sei unbeachtlich, da in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung der Vermerk "vorgelesen und genehmigt" (v.u.g.) fehle. Damit ermangele es dem Protokoll an der öffentlichen Beweiskraft und die Tatsache, dass vorgenannte Beweisanträge gestellt worden seien, könne auf andere Weise nachgewiesen werden. Hierfür wurden eidesstattliche Versicherungen vorgelegt bzw. eine Zeugeneinvernahme angeboten. Ein Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan.
Rz. 8
Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter, nicht lediglich zuvor schriftsätzlich angekündigter Beweisantrag im Sinne eines förmlichen ausdrücklichen und unbedingten Begehrens, konkrete Tatsachen durch ein bestimmtes Beweismittel festzustellen (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 6 C 89.83 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 177 S. 42, Beschluss vom 6. September 2011 - 9 B 48.11 u.a. - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 69 Rn. 10), ist als Prozessantrag und wesentlicher Vorgang der Verhandlung gemäß § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO ins Protokoll aufzunehmen (BVerwG, Urteile vom 28. Mai 1965 - 7 C 125.63 - BVerwGE 21, 184 ≪185≫ und vom 6. Oktober 1982 - 7 C 17.80 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 26 S. 2 f.; Beschluss vom 10. März 2011 - 9 A 8.10 - Buchholz 310 § 105 VwGO Nr. 57 Rn. 2). Das Protokoll begründet gemäß § 105 VwGO i.V.m. § 165 Satz 1 ZPO bzw. § 98 VwGO i.V.m. §§ 415, 418 ZPO den vollen Beweis für die protokollierten und die zu protokollierenden Vorgänge und erhebt in diesem Sinne Anspruch auf Vollständigkeit; demnach belegt die fehlende Erwähnung im Protokoll, dass ein Beweisantrag nicht gestellt worden ist (BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2011 - 9 B 53.11 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 70 S. 16 f.).
Rz. 9
Zu Unrecht meint der Antragsteller, dem Protokoll komme bereits wegen eines formellen Mangels diese Beweiskraft nicht zu. Der von ihm vermisste Vermerk "vorgelesen und genehmigt" nach § 162 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist indes nur bei den in § 162 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufgezählten Protokollinhalten, also auch bei zu Protokoll erklärten Anträgen, erforderlich, nicht jedoch beim Protokoll als Ganzem (siehe auch BGH, Beschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 14/07 - NJW-RR 2007, 1451 Rn. 6, 8).
Rz. 10
Die substantiierte Darlegung des gerügten Verfahrensfehlers, der die Unrichtigkeit des Protokolls voraussetzt, erfordert in dieser Situation den Vortrag, dass der anwaltlich vertretene Antragsteller auf das behauptete Versäumnis des Gerichts - nämlich die prozessrechtswidrig unterlassene Protokollierung des gestellten Beweisantrags - schon in der mündlichen Verhandlung reagiert hat. Denn der Beteiligte muss, um sich das Rügerecht hinsichtlich einer - wie hier - verzichtbaren Verfahrensvorschrift zu erhalten (siehe § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 295 ZPO), alle ihm nach der Prozessordnung zu Gebote stehenden Möglichkeiten nutzen, um dem Verfahrensmangel bereits in der Instanz entgegenzuwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2020 - 8 C 7.19 - BVerwGE 168, 270 Rn. 13 und Beschluss vom 1. Juli 2021 - 2 B 71.20 - juris Rn. 14 f., jeweils m.w.N.; siehe auch Beschluss vom 17. September 2001 - 9 B 59.01 - juris Rn. 3). Der Antragsteller muss dartun, dass das dann gebotene ausdrückliche Begehren, den von ihm formulierten Antrag ins Protokoll aufzunehmen (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO), vom Gericht abgelehnt worden ist und der diesbezügliche Beschluss (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 4 Satz 2 und 3 ZPO) wiederum nicht im Protokoll vermerkt worden ist. Schließlich muss er vortragen, dass er gemäß § 105 VwGO i.V.m. § 164 ZPO die Berichtigung des Protokolls beantragt hat (vgl. BFH, Beschlüsse vom 4. März 1992 - II B 201/91 - BFHE 166, 574 ≪juris Rn. 6≫ und vom 5. Oktober 2010 - IX S 7/10 - BFH/NV 2011, 57 Rn. 4; BSG, Beschluss vom 14. Januar 2020 - B 14 KG 1.20 B - juris Rn. 7). Daran fehlt es hier.
Rz. 11
Ob ein solches Vorgehen ausnahmsweise entbehrlich ist, weil der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss über den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO vom 6. Juli 2021 - 5 S 1648/21 - in "ergänzenden Hinweisen" bereits ausgeführt hat, dass ein Protokollberichtigungsantrag erfolglos wäre, kann offenbleiben. Denn die Verfahrensrüge hätte auch dann keinen Erfolg. Dahinstehen kann dabei, welche Regelung für die Bestimmung der Reichweite der Beweiskraft des Protokolls in Bezug auf einen Beweisantrag maßgeblich ist.
Rz. 12
Zählt die Stellung eines Beweisantrags zu den Förmlichkeiten der mündlichen Verhandlung im Sinne von § 165 Satz 1 ZPO (so etwa BVerwG, Beschlüsse vom 3. August 2007 - 6 B 33.07 - Buchholz 451.61 KWG Nr. 22 Rn. 26, vom 21. Dezember 2011 - 8 B 72.11 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 33 Rn. 17, vom 30. August 2017 - 2 B 34.17 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 51 Rn. 7 und vom 24. Oktober 2019 - 3 B 26.19 - [insoweit in Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 23 nicht abgedruckt], juris Rn. 36; siehe auch allg. zum Verhältnis von § 160 Abs. 2 und § 165 Satz 1 ZPO: BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2020 - 9 BN 9.18 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 64 Rn. 41; BFH in stRspr, siehe etwa Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - IX S 7/10 - BFH/NV 2011, 57 Rn. 3, vom 5. Juni 2013 - III B 47/12 - BFH/NV 2013, 1438 Rn. 4, vom 18. August 2015 - III B 112/14 - BFH/NV 2015, 1595 Rn. 10 und vom 23. November 2016 - IX B 54/16 - BFH/NV 2017, 264 Rn. 8; Dolderer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 105 Rn. 44, 87; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2021, § 165 Rn. 10, § 160 Rn. 5 f. m.w.N.), so kann die Beweiskraft des Protokolls gemäß § 165 Satz 2 ZPO nur durch den Nachweis der Fälschung beseitigt werden, wofür hier nichts dargetan ist.
Rz. 13
Sollte dem Protokoll demgegenüber insoweit lediglich die allgemeine Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zukommen, für die gemäß § 415 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit eröffnet ist (so etwa BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 7 C 17.80 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 26 S. 3; Beschlüsse vom 2. November 1987 - 4 B 204.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 32 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2010 - 9 B 71.10 - juris Rn. 6), kann hierauf im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser prozessualen Konstellation zurückgegriffen werden. Es ist zunächst der sachnähere Richter, der den Ablauf der mündlichen Verhandlung aus unmittelbarer Anschauung kennt, zur Entscheidung berufen. Ob sich das Beschwerdegericht nach erfolgloser Durchführung eines Verfahrens auf Protokollberichtigung ungeachtet der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung (BVerwG, Beschluss vom 14. August 1980 - 6 CB 72.80 - DÖV 1981, 180) an dessen Stelle setzen und im Wege des Freibeweises den Ablauf der mündlichen Verhandlung aufklären kann (ablehnend BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2011 - 3 BN 1.10 - RdL 2012, 23 ≪juris Rn. 19≫; BFH, Beschluss vom 17. März 2008 - X B 150/07 - BFH/NV 2008, 959 ___LT_π_GT___; BSG, Beschluss vom 23. Juli 2015 - B 5 R 196/15 B - juris Rn. 15 ff.), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Vorbringen des Antragstellers führt nicht auf den (Haupt-)Beweis einer Unrichtigkeit des Protokolls, sondern belegt vielmehr ein unzutreffendes Verständnis der Erfordernisse, die für eine ordnungsgemäße Stellung eines Beweisantrags gelten.
Rz. 14
b) Zu Unrecht rügt der Antragsteller, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, indem es unter Verstoß gegen seine richterliche Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen habe.
Rz. 15
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen Tatsachen und Rechtsfragen zu äußern, die für die Entscheidung erheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung verbietet es aber, dass das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens und unter Berücksichtigung der Vielfalt der vertretenen Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - [insoweit in Buchholz 404 IFG Nr. 10 nicht abgedruckt] juris Rn. 16, 18 und vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 38, jeweils m.w.N.; Beschluss vom 11. Januar 2022 - 4 BN 24.21 - juris Rn. 8).
Rz. 16
Mit der Rüge, der Hinweis in der mündlichen Verhandlung darauf, dass die Entscheidung schriftlich mitgeteilt werde, habe bei verständiger Würdigung nur dahin verstanden werden können, dass die angekündigten Beratungen der Vorbereitung eines dem Antrag stattgebenden Beweisbeschlusses dienen sollten, auf eine mögliche rechtliche Beurteilung des Antrags als bloße Beweisanregung habe der Verwaltungsgerichtshof jedenfalls nicht gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hingewiesen, kann die Beschwerde danach nicht durchdringen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift erhielten die Beteiligten Gelegenheit zur abschließenden Äußerung; sie stimmten sodann der Zustellung einer Entscheidung anstelle der Verkündung zu. Anschließend schloss der Vorsitzende im Einverständnis mit den Beteiligten die mündliche Verhandlung. Für einen gewissenhaften und kundigen Prozessvertreter musste bei diesem Ablauf mit Blick auf § 104 Abs. 3 Satz 1, § 116 Abs. 2 VwGO einerseits und § 86 Abs. 2 VwGO andererseits klar sein, dass der Verwaltungsgerichtshof nun - durch Urteil - zur Sache und nicht über etwaige Beweisanträge entscheiden werde. Denn nach § 86 Abs. 2 VwGO ist über einen unbedingten Beweisantrag noch in der mündlichen Verhandlung zu befinden (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 6 C 98.83 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 177 S. 42 m.w.N.), was - vorbehaltlich einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO) - nicht mehr möglich ist, wenn diese - wie hier - bereits geschlossen ist. Zu etwaigen (ergänzenden) Hinweisen, etwa darauf, dass es bisher an einem förmlichen und unbedingten Beweisantrag fehlt, bestand für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlass, weil von einem Prozessvertreter erwartet werden kann, dass ihm die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Beweisantragstellung in der mündlichen Verhandlung hinreichend bekannt ist, zumal dann, wenn - wie hier - entsprechende Beweisanträge bereits schriftsätzlich angekündigt worden waren.
Rz. 17
c) Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in Bezug auf die Vorlage des Kaufvertrages seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Insofern genügt die Beschwerde schon nicht den Darlegungsanforderungen.
Rz. 18
Für den Erfolg einer Aufklärungsrüge bedarf es der substantiierten Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des Tatsachengerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss er aufzeigen, dass er im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben er nunmehr beanstandet, hingewirkt hat oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, siehe etwa BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2019 - 4 CN 8.18 - BVerwGE 166, 378 Rn. 29). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
Rz. 19
Wie bereits ausgeführt, hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2018 - 4 B 40.17 - juris Rn. 4).
Rz. 20
Die Beschwerde legt auch nicht dar, dass sich dem Normenkontrollgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen musste. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass es der Vorlage des Kaufvertrages nicht bedurfte. Der Inhalt des Vertrages sei ohne Bedeutung, weil er ausweislich der Sitzungsprotokolle bei den Beratungen der Bebauungsplanänderung und der Abstimmung im Gemeinderat keine Rolle gespielt habe (UA S. 23). Im Folgenden legt das Normenkontrollgericht dar, warum es nicht von einer (unzulässigen) Vorwegbindung ausgeht, die zu einem Abwägungsdefizit führe. Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. In der Sache erschöpft sie sich darin, die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs nach Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels als fehlerhaft anzugreifen. Das genügt nicht (BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2020 - 4 B 28.19 - juris Rn. 10).
Rz. 21
d) Soweit die Beschwerde schließlich rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe ermessensfehlerhaft von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens bzw. dem Ruhen des Verfahrens keinen Gebrauch gemacht, ist sie unzulässig. Denn gegen die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO ist die Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ausgeschlossen (§ 152 Abs. 1 VwGO), ebenso die Verfahrensrüge in der Revisionsinstanz (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO; vgl. BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 - 10 C 2.10 - BVerwGE 139, 272 Rn. 15 m.w.N.; Beschluss vom 5. Juni 2013 - 5 B 11.13 - juris Rn. 8; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 94 Rn. 8). Gleiches gilt für die Entscheidung über das Ruhen des Verfahrens.
Rz. 22
e) Letztlich führt auch die Aufklärungsrüge im Zusammenhang mit dem sogenannten Kölz-Gutachten nicht zum Erfolg. Diese wurde erstmals mit Schriftsatz vom 2. November 2021 erhoben und damit außerhalb der am 28. Juli 2021 endenden Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie ist folglich ebenfalls unzulässig.
Rz. 23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15178733 |