Leitsatz (amtlich)

Rückwirkende Lohn- und Gehaltserhöhungen, die während des Konkursausfallgeld-Zeitraums tariflich vereinbart und fällig geworden sind, begründen keinen Anspruch auf Konkursausfallgeld, soweit sie für vor diesem Zeitraum liegende Lohnperioden bestimmt sind.

 

Normenkette

AFG § 141b Abs 1, § 141a

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 18.12.1981; Aktenzeichen L 1 Ar 34/80)

SG Kiel (Entscheidung vom 10.03.1980; Aktenzeichen S 3 Ar 182/79)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob ein Anspruch auf Konkursausfallgeld (Kaug) für tarifliche Lohn- und Gehaltsnachzahlungen besteht.

Am 22. Mai 1978 war über das Vermögen der Firma E. GmbH in K. das Konkursverfahren eröffnet worden. Bereits vor Konkurseröffnung - im April 1978 - waren für die Metallindustrie in Schleswig-Holstein rückwirkend zum 1. Januar 1978 neue Lohn- und Gehaltstarifverträge abgeschlossen worden, wonach sich der Ecklohn und die Tarifgehälter um 5 % erhöhten (§ 2 der Tarifverträge); für die Monate Januar und Februar 1978 erfolgte die Erhöhung gemäß § 2 der Tarifverträge durch Gewährung eines Pauschalbetrages von je DM 137,-- brutto, der mit der Lohn- bzw Gehaltszahlung für April 1978 ausgezahlt werden sollte (§ 3 der Tarifverträge).

Die Klägerin hatte dem Vergleichs- bzw Konkursverwalter der Firma E. Darlehen zur Erfüllung der Lohn- und Gehaltsansprüche gewährt und sich hierfür bereits vor Stellung des Antrages auf Kaug die Ansprüche aller Arbeitnehmer auf das Nettoarbeitsentgelt "für die Zeit vom 1. März bis 21. Mai 1978" abtreten lassen. Für diesen Zeitraum beantragte die Klägerin am 7. Juli 1978 bei der Beklagten die Gewährung von Kaug, wobei sie auch die sich für die betroffenen Arbeitnehmer aus den genannten Tarifverträgen ergebenden Pauschalbeträge für die Monate Januar und Februar 1978 in Höhe von insgesamt 211.036,83 DM geltend machte. Diesen Betrag hatte der Konkurs- bzw Vergleichsverwalter der Firma E. im April 1978 an deren Arbeitnehmer ausgezahlt.

Mit Bescheid vom 17. Januar 1979 lehnte es die Beklagte ua ab, für die vorgenannten Pauschalbeträge Kaug zu gewähren, weil es sich um Nachzahlungen für die Monate Januar/Februar 1978 gehandelt habe. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 1979; Urteil des Sozialgerichts -SG- Kiel vom 10. März 1980; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts -LSG- vom 18. Dezember 1981). In den Gründen seiner Entscheidung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, daß bei der Berechnung des Kaug jedenfalls die für die Zeit vom 1. Januar bis 21. Februar 1978 nachgezahlten tariflichen Pauschalbeträge nicht zu berücksichtigen seien, weil sie für einen Zeitraum gewährt worden seien, der außerhalb des maßgeblichen Kaug-Zeitraums vom 22. Februar bis 21. Mai 1978 liege. Für die Zeit vom 22. bis 28. Februar 1978 entfalle ein Kaug-Anspruch der Klägerin deshalb, weil ihr für diesen Zeitraum Arbeitsentgeltansprüche nicht abgetreten worden seien. Maßgeblich für die Frage, "für" welche Zeit der streitige Anspruch bestehe bzw welcher Zeit er zuzuordnen sei, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei Arbeitsentgeltansprüchen der Zeitraum, in dem diese Ansprüche erarbeitet worden seien. Dies gelte auch für die hier streitigen Ansprüche; denn nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen sei die Nachzahlung für die vor dem maßgeblichen Kaug-Zeitraum erbrachte Arbeitsleistung gewährt worden. Die Zuordnung zum Zeitraum des Erarbeitens entspreche der Art des Anspruchs, dem Ziel des Konkursverfahrens und dem Zweck des Kaug. Andere Anknüpfungspunkte kämen nicht in Betracht. Daß die Ansprüche erst im April 1978 fällig geworden seien, sei unerheblich.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 141a und 141b AFG. Das LSG habe nicht genügend berücksichtigt, daß das Arbeitsförderungsgesetz insgesamt auch dem Ziel sozialer Gerechtigkeit diene; diesem Gesetzeszweck hätte in der Weise Rechnung getragen werden müssen, daß alle Arbeitsentgeltansprüche, deren Realisierung erst im Kaug-Zeitraum möglich gewesen sei, auch bei der Berechnung des Kaug hätten berücksichtigt werden müssen. Das LSG habe auch übersehen, daß nicht nur die Fälligkeit der Ansprüche bis April 1978 aufgeschoben gewesen sei, sondern diese überhaupt erst in diesem Monat entstanden seien. Die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer allein habe diese Ansprüche nicht zu begründen vermocht, vielmehr seien sie erst durch die tarifvertraglichen Vereinbarungen entstanden. Der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs müsse daher auch für den Kaug-Anspruch maßgeblich sein. Pauschalbeträge, die ohne Rücksicht auf den Wert der Arbeitsleistung des einzelnen an alle Arbeitnehmer in gleicher Höhe ausgezahlt würden, seien kein Entgelt für insoweit bereits unentgeltlich geleistete Arbeit, sondern seien als Entschädigung und Ausgleich dafür anzusehen, daß es in der Vergangenheit eine entsprechende Entgeltvereinbarung nicht gegeben habe. Weil mit den Nachzahlungen eine Besserstellung der Arbeitnehmer in der Gegenwart bezweckt gewesen sei, handele es sich um Ansprüche iS von § 141b AFG.

Die Klägerin beantragt, unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Kiel vom 10. März 1980 und des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 1981 sowie unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. Januar 1979 idF des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 1979 die Beklagte zu verurteilen, das der Klägerin zu gewährende Konkursausfallgeld neu zu berechnen unter Berücksichtigung der im April 1978 geleisteten pauschalen Entgeltzahlungen in Höhe von 211.036,83 DM.

Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Klägerin Kaug für die auf die Monate Januar und Februar 1978 entfallenden tariflichen Pauschalbeträge nicht zusteht. Diese Beträge sind nicht für die drei letzten Monate des Arbeitsverhältnisses vor Konkurseröffnung - 22. Februar bis 21. Mai 1978 - bestimmt, wobei der Zeitraum vom 22. Februar bis 28. Februar 1978 vernachlässigt werden kann; denn für diesen Zeitraum steht der Klägerin schon deshalb kein Kaug zu, weil sie nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG Kaug nur für die Zeit vom 1. März bis 21. Mai 1978, für die ihr die Ansprüche der Arbeitnehmer auf das Nettoarbeitsentgelt abgetreten worden sind, beantragt hat. Hierbei kann der Senat offenlassen, ob der Klägerin mit der Abtretung der Entgeltansprüche "für die Zeit vom 1. März bis 21. Mai 1978" auch die Ansprüche auf die streitigen Nachzahlungsbeträge, obwohl sie für Januar und Februar 1978 bestimmt waren, abgetreten worden sind. Fehlt es insoweit an einer Abtretung der Entgeltansprüche an die Klägerin, steht dieser schon deshalb kein Kaug zu (§ 141k AFG). Hat die Abtretung hingegen auch die Nachzahlungsbeträge erfaßt, steht der Klägerin gleichwohl kein Kaug zu, weil es sich nicht um Ansprüche "für" die hier streitige Kaug-Zeit vom 1. März bis 21. Mai 1978 handelt.

Nach § 141b Abs 1 AFG hat Anspruch auf Kaug ein Arbeitnehmer, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers "für" die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (Kaug-Zeitraum) noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Nach Abs 2 dieser Vorschrift gehören zu den durch Kaug auszugleichenden Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die unabhängig von der Zeit, für die sie gewährt werden, Masseschulden nach § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst a der Konkursordnung (KO) sein können. Dazu gehören alle Ansprüche, die als Gegenleistung für die Arbeitsleistung anzusehen sind. Gegenleistung für geleistete Arbeit ist in erster Linie die Arbeitsvergütung (Lohn und Gehalt, vgl § 611 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Dazu gehören auch Lohn- und Gehaltserhöhungen, auch wenn sie - wie hier - aufgrund eines rückwirkend in Kraft getretenen Tarifvertrages für Zeiträume vor seinem Abschluß in Form von Pauschalbeträgen gewährt werden. Der Vergütungscharakter der vereinbarten Nachzahlungsbeträge ergibt sich aus dem vom LSG festgestellten Inhalt der Tarifverträge, wonach die zum 1. Januar 1978 vereinbarte allgemeine Erhöhung des Ecklohns und der Tarifgehälter um 5 % (§ 2 der jeweiligen Gehalts- und Lohntarifverträge) für die Monate Januar und Februar 1978 durch Zahlung eines Pauschalbetrages von je DM 137,-brutto erfolgen sollte (§ 3 Abs 1 der Verträge). Der pauschale Nachzahlungsbetrag ist daher Lohnbestandteil, ungeachtet dessen, daß er an alle Arbeiter und Angestellten in gleicher Höhe gezahlt wird. Daraus, daß insoweit der Wert der individuellen Arbeitsleistung vernachlässigt wird, kann entgegen der Ansicht der Klägerin nicht geschlossen werden, daß die Pauschalbeträge als Entschädigung oder Ausgleich dafür gewährt worden sind, daß es in der Vergangenheit eine entsprechende Entgeltvereinbarung nicht gegeben hat. Dem steht entgegen, daß § 3 Abs 1 der Verträge die Pauschalzahlungen ausdrücklich als rückwirkende Lohnerhöhungen ausweist und den Bezug zur Arbeitsleistung in den Monaten Januar und Februar dadurch herstellt, daß die Pauschalbeträge in voller Höhe nur dann gezahlt werden sollen, wenn in den genannten Monaten Lohn- bzw. Gehaltsansprüche bestanden haben (§ 3 Abs 2 der Tarifverträge); ansonsten ist der Pauschalbetrag zeitanteilig zu kürzen, wobei sich die Ansprüche der Teilzeitbeschäftigten nach Maßgabe ihrer vertraglich vereinbarten im Verhältnis zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit errechnen (§ 3 Abs 3); die während der Monate Januar und Februar eingetretenen bzw ausgeschiedenen Arbeiter und Angestellten erhalten den Pauschalbetrag anteilig, entsprechend der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses. Derartige Regelungen entsprechen nach arbeitsrechtlichen Auslegungsmaßstäben der Absicht, geleistete Dienste abzugelten. Für eine (reine) Sonderzuwendung, die neben der Arbeitsvergütung aus besonderem Anlaß (zB als Treueprämie) gezahlt wird, oder für eine Entschädigungsleistung, die ein Verschulden des Arbeitgebers voraussetzen würde, bestehen nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt keine Anhaltspunkte.

Ist demnach der von der Klägerin geltend gemachte - bei Konkurseröffnung rückständige - Anspruch auf die Pauschalbeträge Lohn- bzw Gehaltsanspruch, so ist er kaug-rechtlich dem Zeitraum zuzuordnen, für den er "erarbeitet" worden ist, also den Monaten Januar und Februar 1978. Hinsichtlich der Frage, "für" welche Zeit ein Arbeitsentgeltanspruch iS von § 141b Abs 1 AFG besteht, hat das BSG - ebenso das Bundesarbeitsgericht - bereits entschieden, daß hierfür zwar keine einheitlichen Maßstäbe aufgestellt werden können, vielmehr für jede Form der Arbeitsvergütung besonders zu prüfen ist, wie bzw welchem Zeitraum sie nach ihrer Eigenart letztlich zuzuordnen ist (BSG SozR 4100 § 141b Nr 12 mwN; vgl Gagel, Kaug, zugleich 2. Lieferung zu Gagel/Jülicher, AFG, § 141b Anm 24 mwN). Dabei ist es im Grundsatz davon ausgegangen, daß Lohn und ähnliche Leistungen (zB Gewinnbeteiligung, 13. Monatsgehalt) regelmäßig dem Zeitraum zuzuordnen sind, in dem sie erarbeitet worden sind (BSGE 43, 49, 50 = SozR 4100 § 141b Nr 2; SozR 4100 § 141b Nr 8; BAG AP Nr 9 zu § 59 KO). Bereits in seiner Entscheidung vom 1. Dezember 1976 hat das BSG darauf hingewiesen, daß nach dem Regierungsentwurf zum Gesetz über Kaug (BT-Drucks 7/1750) diese Leistung die Ansprüche auf Arbeitsentgelt sichern solle, die in den letzten drei Monaten vor Eröffnung des Konkursverfahrens entstanden, dh erarbeitet worden seien. Der Gesetzgeber habe sich dabei im Rahmen der Auslegung des § 61 Abs 1 Nr 1 Buchst a KO gehalten, wonach der Lohn "für" eine Frist rückständig sei, wenn innerhalb der Frist die zu entlohnenden Dienste geleistet worden seien. Für rückständigen Lohn komme es also auf den Zeitpunkt an, in dem die Arbeit als Gegenleistung für den Entgeltanspruch erbracht worden sei (BSGE 43, 49, 50 = SozR 4100 § 141b Nr 2).

Ansprüche auf Lohn- bzw Gehaltserhöhungen, die - vor Konkurseröffnung - rückwirkend vereinbart worden sind, unterscheiden sich von sonstigen - rückständigen - Ansprüchen auf Arbeitsentgelt in der Regel nicht, insbesondere wenn sie - wie hier - arbeitsrechtlich ausdrücklich bestimmten Zeiträumen zugeordnet sind, in denen die zu vergütende Arbeitsleistung erbracht worden ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die rückwirkenden Lohnerhöhungen erst nach Konkurseröffnung vereinbart werden, bedarf hier keiner Entscheidung.

Anhaltspunkte für andere Anknüpfungspunkte, wie sie für bestimmte andere Entgeltformen nach deren besonderer Zweckbestimmung maßgeblich sind, sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere kann bei den streitigen Pauschalbeträgen nicht - wie etwa bei Urlaubsentgelt oder Urlaubsgeld - angenommen werden, daß sie nicht wegen einer erbrachten Arbeitsleistung nachträglich gewährt werden, sondern für einen bestimmten Zeitraum - hier den Auszahlungsmonat April 1978 - zum Unterhalt bestimmt sind (vgl zum Urlaubsentgelt BSGE 43, 49). Lohn- bzw Gehaltserhöhungen sind regelmäßig für die Zeit aktiver Arbeit bestimmt, wobei die nachträgliche Gewährung den Bezug zu der geleisteten Arbeit nicht aufhebt; sie sind Teil des Entgelts für die in der Vergangenheit geleisteten Dienste. Daß das für zurückliegende Zeiten geschuldete Entgelt erst später - aufgrund einer während der Kaug-Zeit getroffenen Vereinbarung - realisierbar wird, begründet auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Kaug keine andere Beurteilung. Kaug soll nur für die Ausfälle eintreten, die dadurch entstehen, daß der Arbeitnehmer im Interesse der Erhaltung des Arbeitsplatzes eine Zeitlang weiter arbeitet, ohne die für die Weiterarbeit zustehende Entlohnung zu erhalten (BSG SozR 4100 § 141b Nrn 1 und 5). Daß sich die Zeiträume, für die Arbeitsentgelt geschuldet wird, bei Realisierungshindernissen verschieben oder nach der Realisierungsmöglichkeit richten, ist im Gesetz nicht vorgesehen (vgl auch Gagel, aaO, § 141b Anm 25). Insbesondere kommt es - entgegen der Ansicht der Klägerin - bei der Zuordnung der Arbeitsentgeltansprüche auch nicht darauf an, wann diese fällig geworden oder entstanden sind. Dies hat der 7. Senat des BSG zur Fälligkeit des Anspruchs bereits entschieden (BSGE 43, 49, 50) und unter Bezugnahme auf den Regierungsentwurf zum Gesetz über Kaug (BT-Drucks 7/1750, S 12 zu § 141b Abs 1) ausgeführt, daß das Abstellen auf den jeweils vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt bei sonst gleichem Sachverhalt zu unterschiedlichen, zufälligen Ergebnissen führen würde. Bei einer tarifvertraglichen Regelung, durch die die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs auf die Zeit nach der Konkurseröffnung fiele, bestünde ein Anspruch auf Kaug dann überhaupt nicht, selbst wenn Zeiten des "Erarbeitens" und die mit ihm verbundenen Lohnansprüche in die Zeit vor Konkurseröffnung fielen. Ein derartiges Zufallsergebnis sei mit Sinn und Zweck der Kaug-Regelung nicht vereinbar und widerspreche auch dem Zusammenhang der einschlägigen konkursrechtlichen Vorschriften.

Entsprechendes gilt auch für den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs (Gagel, aaO, § 141b AFG Anm 24). Die Anknüpfung an den Zeitpunkt, in dem der Nachzahlungsanspruch begründet wurde (Abschluß des Tarifvertrages), kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den Pauschalbeträgen nicht um eine Leistung für einen Zeitpunkt, sondern um eine Leistung für einen bestimmten Zeitraum handelt. Auch wenn die streitigen Ansprüche in den Zeiträumen des "Erarbeitens" noch nicht - auch nicht bedingt - entstanden waren und erst durch nachträgliche tarifvertragliche Vereinbarung begründet wurden, kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie ausschließlich zum Unterhalt für April bestimmt waren bzw in diesem Monat als Unterhaltsausgleich dafür dienen sollten, daß sich die Arbeitnehmer bisher noch mit den alten Tariflöhnen bzw -gehältern hatten zufrieden geben müssen. Dem steht entgegen, daß die Arbeitnehmer im April bereits mit der laufenden Lohnzahlung für diesen Monat den prozentualen Erhöhungsbetrag erhalten haben und die Pauschalbeträge ausdrücklich als für die Monate Januar und Februar geschuldet gelten sollten. Wäre mit den Pauschalbeträgen ausschließlich eine Besserstellung der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses bezweckt gewesen, wäre eine Ankoppelung der Pauschalbeträge an die in der Vergangenheit geleistete Arbeit bzw an den in der Vergangenheit erworbenen Vergütungsanspruch nicht erforderlich gewesen. Der Zeitpunkt der Entstehung eines Vergütungsanspruchs kann zwar in besonderen Fällen als Anknüpfungspunkt für den Kaug-Anspruch maßgeblich sein, zB wenn es - wie etwa beim Provisionsanspruch - nach dem Arbeitsvertrag nicht darauf ankommt, ob der zu vergütende Erfolg durch eine Arbeitsleistung herbeigeführt wird oder wenn sich der - häufig unbestimmte - Zeitraum des Erarbeitens einer Gegenleistung erst im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs (Eintritt des geschuldeten Erfolgs) konzentriert (vgl das Urteil des erkennenden Senats vom 24. März 1983 - 10 RAr 15/81 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil die Zeiträume des Erarbeitens, für die die Nachzahlungsansprüche rückwirkend entstanden sind, tarifvertraglich eindeutig bestimmt sind.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zur Behandlung rückwirkender Lohnveränderungen im Beitragsrecht und im Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung. Wenn im Beitragsrecht (vgl BSG SozR Nr 16 zu § 160 RVO) oder bei Berechnung von AFG-Leistungen (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nr 5) Nachzahlungen aufgrund rückwirkender tariflicher Lohnerhöhungen dem Entgelt der Lohnperiode bzw dem Bemessungszeitraum zugerechnet werden, in der sie dem Versicherten "zugeflossen" sind, so beruht dies auf Besonderheiten dieser Rechtsgebiete; im Beitragsrecht folgt dies aus dem der Vereinfachung der Beitragserhebung dienenden Zuflußprinzip (zur Lösung von diesem Prinzip s. neuerdings BSGE 54, 136 f = DAngVers 1983, 236, 237 f); im AFG wird für die Berechnung des Arbeitslosengeldes auf das im Bemessungszeitraum zugeflossene Arbeitsentgelt abgestellt, um eine raschere Feststellung der Leistung zu ermöglichen und dem Arbeitnehmer den Lebensstandard zu erhalten, den er im Bemessungszeitraum effektiv hatte. Diese Erwägungen lassen sich auf die ganz anderen Zwecken dienende Vorschrift des § 141b Abs 1 AFG schon deshalb nicht übertragen, weil Kaug ausgefallenes, also gerade nicht zugeflossenes Arbeitsentgelt ersetzt (vgl auch BSG SozR 4100 § 141b Nr 8).

Nach allem konnte die Revision der Klägerin keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Breith. 1984, 520

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