Leitsatz (amtlich)

1. Der Einkommensteuerbescheid, nach dem das Versorgungskrankengeld für einen Selbständigen (§ 16b Abs 1 S 1 BVG) zu bemessen ist (S 2 bis 8), muß unanfechtbar und abschließend sein, bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsmaßnahme vorliegen und ein zeitnahes Kalenderjahr betreffen, und zwar das Vorjahr oder das Jahr davor.

2. Fehlt es an einem solchen Bescheid, dann ist das einem Vertreter des Selbständigen gezahlte Entgelt für die Bemessung maßgebend.

 

Normenkette

BVG § 16b Abs 1 S 1, § 16b Abs 1 S 2, § 16a Abs 2

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 21.10.1987; Aktenzeichen L 10 V 39/86)

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 19.12.1985; Aktenzeichen S 30 V 65/84)

 

Tatbestand

Dem Kläger, einem selbständigen Hotelier, der in seinem Betrieb mitarbeitet, gewährte die Versorgungsverwaltung wegen seiner Schädigungsfolgen iS des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) eine Badekur in der Zeit vom 6. Juli bis 3. August 1983. Umstritten ist ein aus diesem Anlaß zu zahlendes Versorgungskrankengeld. Der Kläger bestellte für die Dauer seiner Kur einen Vertreter und zahlte diesem 3.360,-- DM. Vor Kurbeginn lag als letzter Einkommensteuerbescheid der unter Vorbehalt für das Kalenderjahr 1981 erteilte vor; dieser wies einen Verlust aus. Anfang September 1983 ging der Einkommensteuerbescheid vom 22. August 1983 für 1982 beim Beklagten ein; nach diesem Bescheid erzielte der Kläger einen Gewinn von 30.647,-- DM. Mit Bescheid vom 12. Oktober 1983 lehnte das Versorgungsamt den Antrag auf Versorgungskrankengeld ab, weil der Kläger nach dem Einkommensteuerbescheid für 1981 keinen Gewinn erzielt habe und dies für das entgangene regelmäßige Entgelt maßgebend sei. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 22. Februar 1984). Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger für die Zeit der Badekur Versorgungskrankengeld zu gewähren und bei der Berechnung des Regellohnes den im Einkommensteuerbescheid von 1982 ausgewiesenen Gewinn zugrunde zu legen (Urteil vom 19. Dezember 1985). Das Landessozialgericht (LSG) hat die - vom SG zugelassene - Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 21. Oktober 1987). SG und LSG haben als Bemessungszeitraum für das Versorgungskrankengeld nach § 16b Abs 1 Satz 2 BVG das Kalenderjahr 1982 und den für dieses Jahr festgestellten Gewinn für maßgebend gehalten, weil zur Zeit der Entscheidung der Versorgungsverwaltung der Einkommensteuerbescheid für 1982 vorgelegen habe. Wegen der Zweckbestimmung des Versorgungskrankengeldes sei derjenige Einkommensteuerbescheid zu berücksichtigen, der das der Maßnahme am nächsten liegende Kalenderjahr betreffe. Dadurch entstehe der Versorgungsverwaltung auch keine Erschwernis oder zusätzliche Arbeitsbelastung.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 16b Abs 1 iVm § 16a Abs 2 BVG. Die in der Verwaltungsvorschrift (VV) Nr 1 zu § 16b BVG enthaltene Gesetzesauslegung, daß es auf den das letzte Jahr betreffenden unanfechtbaren Einkommensteuerbescheid bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit ankomme, ergebe sich aus der entsprechenden Anwendung des § 16a BVG. Der Zweck des Versorgungskrankengeldes, den Ausfall von Einkünften auszugleichen und die wirtschaftliche Basis für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu erhalten, mache es erforderlich, daß die Leistungen auch bei einem Selbständigen möglichst schnell und zuverlässig bereits bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden können.

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland hat sich der Revision des Beklagten angeschlossen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht für die Zeit der Kur im Jahre 1983, die durch die Schädigungsfolgen notwendig geworden ist, Versorgungskrankengeld zu.

Zutreffend weist der Beklagte allerdings darauf hin, daß sich kein Krankengeld errechnen ließe, wenn als Berechnungsvorschrift nur § 16b Abs 1 Satz 2 BVG in Betracht käme. Danach ist Bemessungszeitraum "das letzte Kalenderjahr, für das ein Einkommensteuerbescheid vorliegt". Diese Vorschrift läßt es nicht zu, wie es das LSG getan hat, der Berechnung des Krankengeldes den Einkommensteuerbescheid zugrunde zu legen, der erst nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit im Jahre 1983 vorlag. Dieser Bescheid weist zwar für das Jahr 1982 einen Gewinn aus, so daß sich ein Betrag des Krankengeldes berechnen ließe. Es war der Versorgungsverwaltung auch noch möglich, diesen Bescheid zu berücksichtigen, denn die Entscheidung über das Versorgungskrankengeld hatte sich verzögert. Maßgebender Zeitpunkt, zu dem der Einkommensteuerbescheid "vorliegt", dh vorliegen muß, ist aber nicht die tatsächliche Entscheidung über den Krankengeldanspruch, sondern der Zeitpunkt, von dem an die Entscheidung wirkt. Das ist der Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Von diesem Zeitpunkt an muß Krankengeld gezahlt werden, denn zu diesem Zeitpunkt ist der Anspruch fällig (§§ 40, 41 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil -SGB I-, 60a Abs 5 BVG). Die Entscheidung hat möglichst sofort zu ergehen. Es dürfen nur die Beweismittel verwertet werden, die "vorliegen" oder zumindest ohne größeren Zeitaufwand sofort beschafft werden können, damit einerseits unnötige Verzögerungen bei der Entscheidung über das Krankengeld vermieden werden, andererseits es nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängt, welches der maßgebende Bemessungszeitraum ist.

Die Verwaltung verlangt deshalb zu Recht in Übereinstimmung mit den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften vom 27. August 1986 (Bundesanzeiger Nr 161, 12297, hier Nr 1 zu § 16b), daß nur der zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorliegende Einkommensteuerbescheid zu beachten ist.

Das ist aber entgegen der Meinung der Versorgungsverwaltung nicht der für das Kalenderjahr 1981 ergangene Einkommensteuerbescheid, der keinen Gewinn ausweist. Dieser Bescheid lag zwar bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit vor. Er war aber nicht unanfechtbar, was die oben genannte Verwaltungsvorschrift ebenfalls zutreffend verlangt. Er war nach § 164 Abgabenordnung 1977 (AO 1977 vom 16. März 1976 -BGBl I 613-) mit dem Vorbehalt einer Nachprüfung versehen, und der Vorbehalt war bis zum Beginn der Kur weder aufgehoben worden (§ 164 Abs 3 AO 1977) noch durch Ablauf der Festsetzungsfrist, die vier Jahre beträgt (§ 169 Abs 2 Nr 2 AO 1977), entfallen. Nach dieser steuerrechtlichen Regelung setzt der Vorbehaltsbescheid voraus, daß der Steuerfall noch nicht abschließend geprüft worden ist (§ 164 Abs 1 Satz 1 AO 1977). Der Vorbehalt läßt jederzeit eine andere Steuerfestsetzung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ohne Bindung an die begrenzten Aufhebungsmöglichkeiten der §§ 172 ff AO 1977 zu (§ 164 Abs 2 Satz 1 und 2 AO 1977; Schwarz/Frotscher, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand: 1988, § 164 Rz 3; Gröger/Schöll, Abgabenordnung, 1988 § 164 Rz 2, 15, 16, 24). Der Vorbehaltsbescheid kann somit nicht die Beweiskraft haben, die einem nach finanzamtlicher Prüfung ergangenen Bescheid zukommt. § 16b Abs 1 Satz 2 BVG verlangt zwar nicht ausdrücklich, daß der vorliegende Steuerbescheid auch bestandskräftig ist. Das Gesetz muß aber in diesem Sinne verstanden werden, denn jederzeit abänderbare Bescheide sind untaugliche Beweismittel. Diesen im allgemeinen allein auf Angaben des Steuerpflichtigen beruhenden (Gröger/Schöll aaO Rz 2) Vorbehaltsbescheid kannte die Abgabenordnung vor 1977 nicht. Die vorläufigen Steuerfestsetzungen nach § 100 Reichsabgabenordnung waren an enge Voraussetzungen geknüpft und erübrigten nicht die endgültige Steuerfestsetzung oder die Endgültigkeitserklärung (Gröger/Schöll aaO Rz 2). Es bestand deshalb bei Einfügung des § 16b durch das Rehabilitations-Angleichungsgesetz vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) auch noch kein Anlaß, ausdrücklich zu erwähnen, daß der Steuerbescheid bindend sein müsse.

Darauf, ob für ein weiter zurückliegendes Jahr ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid vorliegt, kommt es allerdings nicht an. Insoweit sind keine weiteren Ermittlungen anzustellen. Denn ein brauchbares Beweismittel für den wirtschaftlichen Schaden im Jahre 1983, der durch das Krankengeld ausgeglichen werden soll, ist offenkundig nicht ein Steuerbescheid, der für ein Kalenderjahr gilt, das mehr als zweieinhalb Jahre zurückliegt. Die Beweiserleichterung für die Versorgungsberechtigten und für die Verwaltung, die mit dem Rückgriff auf die Feststellungen der Finanzverwaltung beabsichtigt ist, verlöre jeden Bezug zur Wirklichkeit, wenn bei Selbständigen ohne Rücksicht auf die für sie typischen Einkommensschwankungen weit zurückliegendes Einkommen zum Maßstab ihrer wirtschaftlichen Einbuße durch Arbeitsunfähigkeit genommen würde. Änderungen im Einkommen verlaufen bei Selbständigen nicht derart, daß über die Anpassungsvorschrift des § 16c BVG wie bei Arbeitnehmern dem Zeitablauf begegnet werden könnte.

Abgesehen davon ist die Beweiserleichterung durch einen Einkommensteuerbescheid immer dann fraglich, wenn gemäß § 16f Abs 1 Satz 4 BVG Einkünfte aus dem fortlaufenden Betrieb zu ermitteln sind und zur Kürzung des Versorgungskrankengeldes führen (vgl dazu Urteil des erkennenden Senats vom 10. August 1983 - 9a RV 7/82 -, VersorgB 1984, 11 = USK 83196).

Selbst ein unanfechtbarer Steuerbescheid für 1981 oder sogar 1982 besagt nichts Zwingendes über einen im Jahre 1983 durch Arbeitsunfähigkeit eingetretenen Gewinnausfall. Das kann vielmehr im allgemeinen nur angenommen werden, wenn sich an den betrieblichen Verhältnissen in der Zwischenzeit nichts Wesentliches geändert hat. Wenn trotzdem noch § 16b Abs 1 Satz 2 und 4 BVG der Steuerbescheid eines Vorjahres maßgebend zu bleiben hat, so ist diese Regelung jedenfalls eng auszulegen und auf die Fälle zu beschränken, in denen ein zeitnaher unanfechtbarer Bescheid bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Die bisherigen Entscheidungen des Senats zur Maßgeblichkeit des Steuerbescheides betrafen nur Fälle, in denen ein zeitnaher bindender Bescheid vorgelegen hat (vgl SozR 3100 § 16b Nr 2; § 17 Nr 4; USK 79195; Urteil vom 10. August 1983 aaO).

Nach der Änderung der Abgabenordnung fehlt dem Gesetz nunmehr eine ausdrückliche Regelung für die Fälle, in denen kein zeitnaher bindender Einkommensteuerbescheid vorliegt. Der Senat ist jedoch der Überzeugung, daß § 16 Abs 1 Satz 9 BVG entsprechend gilt: "Findet eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht statt, so hat der Berechtigte die Gewinne nachzuweisen". Liegt keine zeitnahe und deshalb für das Versorgungskrankengeld brauchbare Veranlagung vor, ist der Berechtigte so zu behandeln, als fände keine Veranlagung statt. In Fällen dieser Art kann auch nicht verlangt werden, daß immer der Umweg über die Gewinne genommen wird, aus denen der Regellohn und dann erst das Krankengeld errechnet wird. In solchen Fällen ist vielmehr dem Berechtigten zu gestatten, daß er den Schaden, der durch das Krankengeld ausgeglichen werden soll, anderweitig nachweist. Dafür drängt sich als leicht und sofort verfügbares und zugleich sachgerechtes Erkenntnismittel der nachgewiesene Aufwand für einen Vertreter des Selbständigen auf. Diesen hat der Kläger an seiner Stelle zur Führung des Hotelbetriebes beschäftigt und - unstreitig - auch beschäftigen müssen. Er hat ihn die eigene Arbeit verrichten lassen und ihn angemessen vergütet, was ebenfalls nicht streitig ist. Dieses Entgelt läßt in brauchbarer Weise auf den Wert der Arbeitskraft, die durch die Kur des Klägers ausgefallen ist, und auf den Umfang der dadurch entstandenen Erwerbseinbuße schließen. Durch diese Ausgabe wird der Kläger zusätzlich infolge seiner Kur finanziell belastet. Entweder wird sein - positiver - Gewinn in der Zeit der Kur in diesem Ausmaß geschmälert, oder sein Verlust, der sogenannte negative Gewinn (Tipke, Steuerrecht, 1977, 171, 225, 230), vergrößert sich ebenso.

Entgegen der Meinung des beklagten Landes und der beigeladenen Bundesrepublik macht das Gesetz die Zahlung von Versorgungskrankengeld an Selbständige nicht ausnahmslos davon abhängig, daß vor der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positiver Gewinn nachgewiesen ist. Der Wortlaut des § 16b Abs 1 BVG legt allerdings diese Annahme zunächst nahe. Nach Satz 4 dieser Vorschrift "gelten" als Regellohn die Gewinne, die der Einkommensteuerveranlagung zugrunde gelegt worden sind. Sätze 9 bis 11 dieser Vorschrift lassen nicht ausdrücklich eine andere Berechnungsgrundlage zu, sondern weisen nur auf eine andere Berechnungsmethode für die vor der Arbeitsunfähigkeit erzielten Gewinne hin.

Aus diesen Regelungen folgt aber nur, daß es das Gesetz erlaubt, aus dem Nachweis der Gewinne vor der Arbeitsunfähigkeit auf den entgangenen und daher grundsätzlich entschädigungspflichtigen Gewinn in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit zu schließen. Daraus folgt aber nicht, daß aus dem Mißlingen dieses Nachweises immer geschlossen werden müßte, es sei dem Selbständigen auch in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit nichts entgangen, was durch das Versorgungskrankengeld ausgeglichen werden müßte.

Ein solcher Schluß würde nicht nur der Wirklichkeit, sondern vor allem auch dem Willen des Gesetzes widersprechen, wie er an anderer Stelle deutlich zum Ausdruck kommt.

Es ist zwar einzuräumen, daß der Wert der Arbeitsleistung von Selbständigen grundsätzlich aus dem Gewinn erschlossen wird. Aus dem Fehlen von Gewinn in bestimmten Kalenderjahren kann aber nicht ohne weiteres gefolgert werden, der Selbständige habe vor der Arbeitsunfähigkeit ohne Gewinn gearbeitet und erleide daher auch in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit keine Gewinneinbuße. Der Wert der heute geleisteten Arbeit eines Selbständigen wird oft erst in einem Gewinn deutlich, der sich nach Monaten oder Jahren zeigt. Das ist besonders im Aufbaustadium einer selbständigen Existenz, aber auch in Zeiten langfristiger Vorhaben der Fall. Der Ausfall der Arbeitskraft wird sich gerade in solchen Zeiten besonders gewinnmindernd oder - nur anders ausgedrückt - verlustvergrößernd auswirken und eine Entschädigung noch zwingender erscheinen lassen als in einer deutlichen Gewinnphase. Die wirtschaftlichen Folgen einer Arbeitsunfähigkeit von Selbständigen äußern sich in erster Linie in dem Verlust von Einnahmen oder - etwa bei Einstellung einer Ersatzkraft - in der Erhöhung der Ausgaben zur Erzielung gleichhoher Einnahmen. Hier Krankengeld zu versagen würde der Grundentscheidung des Gesetzes (§ 1 Abs 1 BVG) widersprechen, auch die wirtschaftlichen Folgen der Schädigung abzumildern. § 16b Abs 2 Buchst b BVG bestätigt diese Grundentscheidung mit dem deutlichen Hinweis darauf, daß eine Entschädigung nicht versagt werden kann, wenn der wirtschaftliche Schaden nicht bezifferbar ist. Danach werden auch nichterwerbstätige Beschädigte entschädigt, wenn sie durch die schädigungsbedingte Arbeitsunfähigkeit davon abgehalten worden sind, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dazu müssen auch Personen gerechnet werden, die eine selbständige Tätigkeit aufgenommen hätten, vor der Aufnahme also typischerweise keinen Gewinn erzielt hatten.

Das Fehlen von Gewinn mangels jedweder Einnahmen vor der Arbeitsunfähigkeit berechtigt also jedenfalls nach § 16b Abs 2 Buchst b BVG nicht, Versorgungskrankengeld zu versagen. Es besteht kein einleuchtender Grund, hiervon abweichend Versorgungskrankengeld dann zu versagen, wenn der Berechtigte zwar vor der Arbeitsunfähigkeit als Selbständiger Einnahmen erzielt hat, aber keinen Gewinn nachweisen kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie hier, kein Anhalt dafür besteht, daß der Selbständige auch ohne langfristig zu erwartenden Gewinn arbeitet.

Nach § 16b Abs 2 Buchst a BVG werden auch Hausfrauen bei schädigungsbedingter Arbeitsunfähigkeit entschädigt. Die Beschränkung des Versorgungskrankengeldes auf die "Mehraufwendungen für die Haushaltsführung" ist, wie der Senat zu der entsprechenden Vorschrift des Berufsschadensausgleichsrechts (§ 30 Abs 7 BVG) in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zum Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung entschieden hat, mißverständlich. In jedem Fall muß der Ausfall der Arbeitskraft entschädigt werden. Darauf, daß tatsächlich kein Erwerbseinkommen erzielt worden ist, kann es nicht ankommen (vgl das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom 13. Juli 1988 - 9/9a RV 18/87 - unter Hinweis auf BGHZ -GZS- 50, 304). Ebenso wie der Rückgriff des Gesetzes auf "Mehraufwendungen" nicht geeignet war, einen besonderen Schadensbegriff einzuführen, bedeutet auch der Hinweis des Gesetzes auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Steuerrechts keinen eigenen Schadensbegriff, sondern nur einen in vielen Fällen praktikablen Schätzungsmaßstab.

Die Entscheidung des Gesetzes, den Kriegsopfern auch für den zeitweisen Ausfall der Arbeitsfähigkeit einen Rechtsanspruch auf angemessene Entschädigung zu geben, läßt es nicht zu, in § 16b Abs 1 BVG eine abschließende Regelung der Anspruchsvoraussetzungen zu sehen und die hier nicht ausdrücklich erfaßten Schäden etwa nur nach Billigkeitsgesichtspunkten (§ 17 BVG) auszugleichen.

Die Beteiligten waren sich in der mündlichen Verhandlung darüber einig, daß sich bei Berechnung des Krankengeldes unter Berücksichtigung des Einkommensteuerbescheids für 1982, wie es das LSG für richtig gehalten hat, kein höherer Betrag ergibt als unter Zugrundelegung der Aufwendungen des Klägers für seinen Vertreter. Daher war die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Für den Fall, daß sich ein höherer Krankengeldbetrag ergibt, hat die Verwaltung nach § 44 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) entsprechend zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658254

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