Leitsatz (amtlich)
Eine zur Rentenentziehung berechtigende wesentliche Änderung der Verhältnisse des Versicherten im Sinne des RVO § 1293 Abs 1 liegt dann nicht vor, wenn die Rente auf Grund eines Leidens gewährt wurde, das infolge einer eindeutigen Fehldiagnose damals in seiner Bedeutung für die Erwerbsfähigkeit des Versicherten überbewertet worden ist, während seine Bedeutung bei objektiv zutreffender Diagnose für die Gewährung einer Rente nicht ausgereicht hätte.
Normenkette
RVO § 1293 Abs. 1 Fassung: 1934-05-17; RKG § 54 Fassung: 1942-10-04
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz in Mainz vom 11. Mai 1956 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts in Koblenz vom 24. November 1954 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I Der am 10. März 1908 geborene Kläger war seit 1926 im S Erzbergbau beschäftigt, davon 12 Jahre bis 1945 als Hauer. Seit Oktober 1945 erhält der Kläger die Knappschaftsrente, die ihm die Beklagte nach Antrag durch Bescheid vom 17. September 1946 gewährt hatte. Der Rentenbewilligung lag ein Formulargutachten des Arztes Dr. A aus H vom 9. Januar 1946 zugrunde, in dem nach einmaliger Untersuchung für die in den vorgedruckten Fragen aufgeführten verschiedenen Körperteile und ihre Funktion kein krankhafter Befund festgestellt wurde, dagegen als "sonstiger Befund" angegeben war, daß eine in Kirchen vorgenommene Röntgenaufnahme der Lunge eine Silikose II. Grades ergeben habe. Der Gutachter nahm nach dieser Röntgenaufnahme das Bestehen einer Silikose II. Grades an, schätzte die hierdurch bedingte Erwerbsminderung auf 40 v. H. und hielt den Kläger nicht mehr zur Verrichtung der Hauerarbeit oder der dazu gleichartigen und gleichwertigen Arbeiten für fähig. Seit Februar 1946 wurde der Kläger wieder im Bergbau beschäftigt, zunächst als Auffüller und Streckenreiniger unter Tage, seit September 1949 als Holzplatzarbeiter über Tage.
Mit Wirkung vom Ende Juli 1953 entzog die Beklagte durch Bescheid vom 2. Juli 1953 dem Kläger die Knappschaftsrente, weil auf Grund ärztlicher Untersuchung keine Berufsunfähigkeit anzunehmen sei. Für diese Entziehung stützte sie sich auf eine Begutachtung der Fachärzte für innere Krankheiten Dr. T und Dr. S vom 11. Juni 1953, welche die frühere Diagnose einer Silikose II. Grades für falsch und wahrscheinlich auf einer technisch unzulänglichen Papieraufnahme beruhend erklärten und nur Steinstaubveränderungen feststellten, die den I. Grad noch nicht überschritten hätten und noch keine Rückwirkungen auf sonstige Funktionen ausübten; der Kläger könnte nach Ansicht jener Ärzte noch gleichartige Schichtlohnarbeiten unter Tage (Zimmer- oder Reparaturhauer) verrichten.
Der vom Kläger hiergegen eingelegte Einspruch wurde vom Geschäftsausschuß der Beklagten durch Bescheid vom 14. Oktober 1953 zurückgewiesen, nachdem ein weiteres Gutachten des Facharztes für innere Krankheiten Dr. S vom 24. August 1951 zu einem mit dem Vorgutachten insoweit (Silikose O. - I. Grades, keine sonstigen eine Berufsunfähigkeit bedingenden Leiden) übereinstimmenden Ergebnis gekommen war.
Die vom Kläger gegen diesen Bescheid eingelegte Berufung ging nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf das Sozialgericht in Koblenz als Klage über. Das Sozialgericht hörte als Sachverständigen noch den Dr. B. Dieser war der Auffassung, daß schon der 1946 erhobene Befund eine Erwerbsverminderung von 40 v. H. nicht habe begründen können, da Feststellungen darüber, daß die Atem- oder Kreislauffunktion seinerzeit beeinträchtigt worden war, überhaupt nicht getroffen wären. Im übrigen schloß sich Dr. B dem zur Rentenentziehung führenden Gutachten an.
Das Sozialgericht hob durch Urteil vom 24. November 1954 den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 1953 auf und verurteilte diese, dem Kläger die Knappschaftsrente weiter zu gewähren. Es begründet sein Urteil damit, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die allein zur Entziehung der Knappschaftsrente berechtige, nicht vorliege. Die zutreffend diagnostizierte Silikose sei früher nur zu hoch bewertet worden.
II Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein; sie will bei der gegebenen Sachlage eine zur Rentenentziehung berechtigende wesentliche Änderung der Verhältnisse annehmen; darüber hinaus könne eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes noch darin erblickt werden, "daß 1954 keine Ausfallerscheinungen von Seiten des Herzens mehr festgestellt worden seien, die 1945 sicherlich vorgelegen hätten".
Auf diese Berufung hob das Landessozialgericht am 11. Mai 1956 das angefochtene Urteil auf und wies die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 2. Juli und 14. Oktober 1953 ab.
Es geht davon aus, daß sich seit der Gewährung der Knappschaftsrente an den Kläger in seinem Gesundheitszustand nichts wesentliches mehr geändert habe. Der Kläger litte vielmehr heute wie damals unter den gleichen Beschwerden einer erst beginnenden Silikose. Diese Silikose habe Atmung und Kreislauf nicht wesentlich beeinträchtigt, sei auch nicht von einer Lungentuberkulose begleitet und begründe "heute nicht die Berufsunfähigkeit". Die neben der Silikose bestehenden Krankheitserscheinungen fielen nicht entscheidend ins Gewicht. Die hohe Einschätzung des Grades der Silikose in den ersten Gutachten sei wahrscheinlich auf eine technisch unzureichende Aufnahme zurückzuführen. Das Landessozialgericht nimmt jedoch an, daß trotz dieses an sich gleichgebliebenen Befundes eine wesentliche Änderung im Sinne des § 1293 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vorliege. Nach seiner Ansicht handelt es sich hier nicht um "eine bloße Unter- oder Überbewertung eines gleichen Befundes, wie z. B. eine verschieden hohe Einschätzung der Erwerbsverminderung bei gleichem Befund, so daß nach ständiger Rechtsprechung die Rentenentziehung nicht begründet war. Es handelt sich vielmehr darum, daß die Beklagte 1946 Lungenaufnahmen vorliegen gehabt hat, die die Annahme einer Silikose II. Grades begründet haben. Damals war die Beklagte auch nicht in der Lage, in absehbarer Zeit bessere Lungenaufnahmen herzustellen, die die Diagnose hätten sichern können, so daß diese Diagnose als richtig hingenommen werden mußte". Erst die spätere Überprüfung habe eindeutig ergeben, daß seinerzeit keine Silikose II. Grades vorgelegen habe. Das Landessozialgericht glaubte, diesen Fall nicht anders beurteilen zu können, als wenn eine früher vorliegende Invaliditätsursache nunmehr weggefallen wäre. Es beruft sich hierfür auf die neuere Rechtsprechung (Bayer. LVA. Breithaupt Bd. 38 S. 522; Bd. 41 S. 777, LSG. Essen vom 1.12.1955). Im Ergebnis muß der Fall nach seiner Auffassung "so betrachtet werden, als habe 1946 eine Silikose II. Grades vorgelegen und jetzt nur eine solche I. Grades. Denn die Beteiligten sind auf Grund der mangelhaften Röntgenbilder von einem solchen Sachverhalt ausgegangen." Das Landessozialgericht hält unter diesen Umständen die Rentenentziehung für begründet, ohne daß es seiner Auffassung nach auf eine Prüfung der Frage ankam, ob auch im Herz- und Kreislaufbefund eine wesentliche Besserung feststellbar sei.
Das Landessozialgericht hat die Revision zugelassen, "da die grundsätzliche Frage noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, ob auch dann eine wesentliche Änderung der Verhältnisse vorliege, wenn zwar nicht das früher angenommene Leiden schlechthin wegfällt, sondern lediglich der Schweregrad des gleichen Leidens irrtümlich bestimmt worden war."
III Gegen das am 25. Juni 1956 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Juli 1956 Revision eingelegt und diese am 14. Juli 1956 begründet. Er rügt insbesondere mangelhafte Sachaufklärung durch das Landessozialgericht. Er habe in Wirklichkeit nicht nur wegen der angenommenen Silikose II. Grades, sondern außerdem wegen zusätzlicher Leiden die Knappschaftsrente erhalten. Eine Klarstellung dieser Zusammenhänge durch eine Überprüfung des Anlasses der Krankfeierzeiten des Klägers im Jahre 1945 sei erforderlich gewesen; ebenso sei mangels Fehlen "angeblicher Papieraufnahmen" aus dem Jahre 1945 nicht gesichert, ob die Annahme, es habe sich tatsächlich um technisch unzulängliche Aufnahmen gehandelt, zutreffe. Schließlich wichen die gehörten Gutachter hinsichtlich der zusätzlichen Verschleißerscheinungen derart voneinander ab, daß auch insoweit eine weitere Aufklärung erforderlich gewesen sei. Erst nach diesen Feststellungen hätte ein Vergleich des früheren und des späteren Befundes zur Beantwortung der Frage nach einer wesentlichen Besserung vorgenommen werden dürfen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen,
hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die vom Kläger vermißten Feststellungen nicht für nötig, da sie keinen Einfluß auf das Berufungsurteil hätten haben können, vielmehr die Berechtigung der Rentenentziehung sogar noch unterstützten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist vom Landessozialgericht zugelassen und somit auch statthaft.
Die Revision ist begründet.
I Die Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels, die der Kläger in der seines Erachtens in mehrfacher Beziehung mangelhaften Sachaufklärung durch das Landessozialgericht erblicken will, greift allerdings nicht durch.
Das Landessozialgericht hat seiner Beurteilung als Feststellungen zugrunde gelegt, daß zur Zeit der Rentengewährung außer einer beginnenden Silikose keine weiter ins Gewicht fallenden Leiden bestanden hätten und daß im Zeitpunkt der Entziehung die silikotischen Erscheinungen im wesentlichen unverändert gering geblieben seien und sich daneben keine sonstigen Berufsunfähigkeit bedingenden Leiden gefunden hätten. Das Landessozialgericht hat die Rentenentziehung gebilligt, weil es davon ausgeht, daß die Beklagte zur Zeit der Rentengewährung irrigerweise angenommen habe, bei dem Kläger liege eine Silikose II. Grades vor, und das Gericht bei der Prüfung, ob eine wesentliche Änderung eingetreten sei, einen derartigen Fall so behandeln müsse, als ob die damals irrigerweise angenommene Silikose II. Grades wirklich vorgelegen habe.
Es ist nicht zu erkennen, inwiefern die von dem Kläger vermißten weiteren Feststellungen unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Landessozialgerichts für dessen Urteil hätten erheblich sein können.
Da nach den Feststellungen des Landessozialgerichts zur Zeit der Entziehung die neben der Silikose bestehenden Krankheitserscheinungen Berufsunfähigkeit nicht bedingten, erübrigten sich, selbst wenn man mit dem Kläger eine gewisse Verschiedenheit in den diese bestätigenden Befunden der verschiedenen Gutachten annimmt, weitere Ermittlungen, welcher dieser Auffassungen der Vorzug zu geben sei, da sich auch dadurch keine Berufsunfähigkeit hätte ergeben können.
Noch weniger erscheinen vom Standpunkt des Landessozialgerichts Ermittlungen in der Hinsicht erforderlich, ob die Rentengewährung seinerzeit auch noch wegen zusätzlicher anderer Leiden erfolgt ist. Wäre dies der Fall, so würde die vom Landessozialgericht bestätigte Entziehung der Knappschaftsrente nur um so berechtigter erscheinen, da alsdann eine möglicherweise wesentliche Besserung im körperlichen Befund selbst hätte festgestellt werden können.
Soweit der Kläger schließlich die fehlende Heranziehung der alten Röntgenaufnahmen rügt, hat er selbst nicht vorgetragen, zu welchen anderen Feststellungen diese Herbeiziehung das Landessozialgericht möglicherweise hätte veranlassen und inwiefern dadurch die Urteilsentscheidung hätte beeinflußt werden können. Diese Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels genügt daher insoweit bereits der Vorschrift des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG nicht (vgl. BSG. SozR. SGG § 164 Da 10 Nr. 28).
II In der Sache hängt die Entscheidung allein davon ab, ob das Landessozialgericht den § 1293 Abs. 1 RVO a. F., der nach § 54 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) a. F. für die Entziehung der Knappschaftsrente entsprechend galt, richtig angewandt hat, wenn es bei dem von ihm festgestellten Sachverhalt eine zu einer Rentenentziehung berechtigende wesentliche Änderung der Verhältnisse annimmt.
Nach der seit jeher unverändert gebliebenen Auslegung der insoweit inhaltlich immer übereinstimmenden Entziehungsvorschriften ist unter einer "wesentlichen Änderung in den Verhältnissen" des Rentners stets nur eine tatsächliche Änderung in seinen körperlichen oder geistigen Fähigkeiten verstanden worden (vgl. RVA. G. E. Nr. 3201 AN. 1928 S. IV 238). Diese Änderung der Verhältnisse braucht nach der allgemein herrschenden Auffassung nicht unbedingt in einer wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes zu bestehen, sondern kann unter Umständen bei an sich gleichgebliebenem gesundheitlichen Zustand auch in der Anpassung und Gewöhnung des Körpers des Versicherten an diesen bestehenden Krankheitszustand liegen (vgl. RVA. G. E. Nr. 2647 AN. 1921 S. 334 u. a.). Sie kann im Rahmen der allgemeinen Rentenversicherungszweige auch in der Aneignung neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten bestehen, die den Rentner zur Verrichtung der jeweils für die Entziehung in Frage kommenden Arbeiten wieder befähigen. Stets aber ist in diesen Fällen Voraussetzung, daß in den die Person des Berechtigten selbst betreffenden Verhältnissen objektiv eine Änderung eingetreten ist.
Dagegen ist eine derartige Änderung nicht zu erblicken in einer abweichenden Beurteilung an sich gleichgebliebener Verhältnisse (so bereits RVA. AN. 1895 S. 251). Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung und herrschenden Ansicht und ist selbst dann im Interesse der Rechtssicherheit und des Prinzips der Rechtskraft aufrecht erhalten worden, wenn es sich um Fälle handelte, in denen eine völlige Änderung der Einschätzungen der ärztlichen Wissenschaft zu verzeichnen war. Die Tatsache, daß der Gesetzgeber in § 1293 Abs. 2 RVO a. F. - um gewisse, besonders unbillig empfundene Auswirkungen dieses Rechtskraftprinzips beseitigen zu können - eine nur für eine kurze Zeit gedachte Ausnahmebestimmung schuf, spricht mehr für als gegen die Unerschütterlichkeit jenes Grundsatzes.
Das angefochtene Urteil führt aus, daß nach ständiger Rechtsprechung die Rentenentziehung nicht begründet wäre, falls es sich um verschiedene Einschätzung der Erwerbsminderung bei gleichem Befund handele; hier liege jedoch ein anderer Sachverhalt vor, da der seinerzeit erhobene Befund und nicht nur seine Beurteilung von dem heutigen Befund abwiche. Das Landessozialgericht will unter Befund in diesem Sinne offenbar die von dem Gutachter niedergelegte, seiner subjektiven Auffassung entsprechende Darlegung des Gesundheitszustandes des Klägers verstanden wissen, woraus sich bei Fehldiagnosen notwendigerweise - trotz objektiv gleichgebliebenen Körperzustandes - das Vorliegen voneinander abweichender derartiger Befunde ergeben muß. Bei einem Vergleich der Befunde kommt es jedoch nicht auf diese subjektiven Auffassungen und Beurteilungen der einzelnen Sachverständigen und Gerichte, sondern allein auf den wirklichen, d. h. objektiven Befund an. Die Ausführungen des angefochtenen Urteils vermögen daher die Tatsache nicht auszuräumen, daß eine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers, auf die allein es ankommt, nicht vorliegt.
Das Landessozialgericht beruft sich schließlich für seine Auffassung auch noch auf die sonstige Rechtsprechung. Die vom Landessozialgericht angeführten Urteile (Bayer. LVA. vom 3.8.1949, Breithaupt 38 S. 522 und vom 31.1.1952 ebenda Bl. 41 S. 777; LSG. Essen, Urteil vom 1.12.1955, Ruhrknappschaft 1956 S. 4) betreffen die von der hier zu entscheidenden abweichende Frage, ob eine Rente, die seinerzeit ausdrücklich wegen des Verdachtes auf ein bestimmtes Leiden bewilligt worden war, dann wieder entzogen werden kann, wenn jener Verdacht sich eindeutig als unzutreffend erwiesen hat.
Die Rechtsprechung hierzu geht zurück auf eine Entscheidung des Reichsversicherungsamts vom 25. April 1930 (DIV. 1930 S. 150 zu § 1304 RVO), in der ausgeführt wird, daß die Befürchtung, ein Versicherter werde durch Arbeitsleistung seine Gesundheit gefährden, weil bei ihm der Verdacht auf ein bestimmtes Leiden bestehe, nach späteren Begutachtungen entfallen sei und daß dies eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstelle. In neueren Entscheidungen wurde diese Rechtsprechung dahin eingeschränkt, daß auch in den Fällen, in denen die Rente ursprünglich wegen eines Krankheitsverdachtes zugebilligt worden war, eine Änderung der Verhältnisse trotz Fortfalls des Verdachtes nicht angenommen werden könne und daher eine Rentenentziehung unzulässig sei, wenn schon zur Zeit der Rentengewährung entweder der Verdacht in Wirklichkeit unbegründet oder rechtsunerheblich gewesen sei (LSG. München, Urteil vom 24.7.1956, Bayer. ArbBl. 57 S. B 8; LSG. Celle, Urteil vom 8.2.1957, Beilage zum Niedersächsischen ArbBl. 1957 S. 63). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Rechtsprechung, wenigstens in ihrer eingeschränkten Form, zu billigen ist, da die Rente hier nicht auf einer diagnostisch seinerzeit nicht zu behebenden Unsicherheit, die zur Annahme eines Krankheitsverdachtes geführt hätte, sondern auf einer eindeutigen Fehldiagnose beruht. Für die im angefochtenen Urteil vertretene Auffassung findet sich somit in den dort zitierten Entscheidungen keine Stütze. Einzig der Leitsatz des Urteils des Landesversicherungsamts Bayern vom 31. Januar 1952 scheint die Auffassung des angefochtenen Urteils auszusprechen: "Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne des § 1293 Abs. 1 RVO liegt auch in dem begründeten Wegfall der früher bei Rentenbewilligung als wesentlich für die Beurteilung der Invalidität betrachteten Annahme eines bestimmten Leidens." Eine Prüfung der Gründe des Urteils selbst ergibt jedoch, daß der Leitsatz in seiner uneingeschränkten Form den Urteilsinhalt unrichtig wiedergibt, da in diesem stets ebenfalls nur von einem Krankheitsverdacht die Rede ist.
Nach Ansicht des erkennenden Senats liegt somit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 1293 Abs. 1 RVO a. F. weder dann vor, wenn das zur Rentenbewilligung führende Leiden tatsächlich niemals bestanden hat, noch dann, wenn es in seiner Bedeutung seinerzeit überbewertet worden ist (ebenso z. B. LSG. Celle, Urteil vom 30.3.1955, Niedersächs. Ministerialblatt S. 610).
Das Landessozialgericht hat demnach die Vorschrift des § 1293 Abs. 1 RVO a. F. unrichtig angewandt, so daß das Urteil aufgehoben werden mußte.
Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, konnte das Bundessozialgericht selbst entscheiden. Mangels Feststellung einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 1293 RVO a. F. in Verbindung mit § 54 RKG a. F. war die Rentenentziehung nicht berechtigt.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24. November 1954 war daher zurückzuweisen.
Fundstellen