Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. sozialgerichtliches Verfahren. Verfahrensmangel. rechtliches Gehör. Obliegenheit der Gehörsverschaffung. Inanspruchnahme der Dienste eines anwesenden Dolmetschers oder einer anwesenden Dolmetscherin. Überraschungsentscheidung. Heranziehung eines nicht in die mündliche Verhandlung eingeführten ärztlichen Berichts. Entscheidungserheblichkeit. erforderliche Darlegung der Bedeutung des Berichts für die Überzeugungsbildung des LSG. Fortwirkung eines Verfahrensmangels der ersten Instanz. unvollständige Unterschrift im Anhörungsschreiben zum Gerichtsbescheid. Berufungsgericht als zweite Tatsacheninstanz. gerichtliches Ermessen bei der Zurückverweisung an das Sozialgericht. Verletzung von Erfahrungssätzen und Denkgesetzen. Undenkbarkeit einer anderen Schlussfolgerung. Zulassungsbeschränkung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG. keine Umgehung durch Gehörsrüge. grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. soziales Entschädigungsrecht. Beweismaßstab im Verhältnis zum strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Formulierung einer abstrakt-generellen Rechtsfrage zur Anwendung einer revisiblen Norm. Darlegungsanforderungen
Orientierungssatz
1. Wird eine Verletzung des Anspruchs eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör geltend gemacht, muss dargetan werden, dass der Beteiligte seinerseits alles getan hat, um sich selbst rechtliches Gehör zu verschaffen. Hierzu kann es gehören, die Dienste eines anwesenden Dolmetschers oder einer anwesenden Dolmetscherin in Anspruch zu nehmen (hier: eines Dolmetschers, der für eine Zeugin - der Mutter des Beteiligten - geladen worden war).
2. Macht der Beschwerdeführer einer Nichtzulassungsbeschwerde als Verfahrensmangel geltend, dass das LSG seinem Urteil einen ärztlichen Bericht zugrunde gelegt habe, welcher nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sei, so muss er im Rahmen der Beschwerdebegründung im Einzelnen aufzeigen, welche Bedeutung dieser Bericht für die Überzeugungsbildung des LSG hatte und dass das Berufungsgericht sein Beweisergebnis nicht bereits aufgrund anderer Umstände gewonnen hatte.
3. Da das Berufungsgericht in vollem Umfang als zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist und Präklusionsvorschriften nicht eingreifen, kann es allenfalls in Ausnahmefällen sachgerecht sein, den Rechtsstreit wegen einer geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs im ersten Rechtszug an das SG zurückzuverweisen (hier wegen einer unvollständigen Unterschrift im Anhörungsschreiben zum Gerichtsbescheid).
4. Die Verletzung von Erfahrungssätzen oder von Denkgesetzen bei der Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts begründet keinen Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG (vgl BSG vom 23.2.2022 - B 9 V 35/21 B).
5. Im Übrigen liegt ein Verstoß gegen Denkgesetze auch nur dann vor, wenn aus dem festgestellten Sachverhalt nur eine Schlussfolgerung gezogen werden kann, somit jede andere - also auch die, welche das Gericht tatsächlich gezogen hat - nicht denkbar ist (vgl BSG vom 23.2.2022 - B 9 V 35/21 B).
6. Die Einschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG für die Geltendmachung eines Verfahrensmangels können nicht durch die Berufung auf die vermeintliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) umgangen werden (vgl BSG vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - und vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B).
7. Mit dem unspezifischen Verweis auf den angewendeten Maßstab bei der Beweiswürdigung im sozialen Entschädigungsrecht im Verhältnis zum strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wird keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht formuliert.
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1, Nr. 3 Hs. 2, Nr. 1, §§ 62, 103, 105 Abs. 1 S. 2, § 128 Abs. 1 S. 1, §§ 157, 162, 159 Abs. 1; GVG § 185; KOVVfG § 15 S. 1; StPO § 261; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1; EMRK Art. 6 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. August 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz iVm dem Bundesversorgungsgesetz aufgrund eines Vorfalls am 9.2.2012, bei dem er ua Gesundheitsschäden durch Reizgasexposition erlitten hat.
Die nach erfolglosem Antrags- und Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das SG abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 27.1.2022). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, weil ein rechtswidriger tätlicher Angriff weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei (Urteil vom 18.8.2022).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und diese mit Verfahrensmängeln sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt - auch in Ansehung des nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen weiteren Schriftsatzes vom 18.1.2023 - nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Der Kläger hat die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe in Form mehrerer Verfahrensmängel und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der danach vorgeschriebenen Weise dargetan.
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Der Kläger wendet sich in mehreren Passagen seines Vorbringens im Kern gegen die Beweiswürdigung des LSG (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Anders als im Verfahren über eine (zugelassene) Revision (vgl zB BSG Urteil vom 20.12.2016 - B 2 U 11/15 R - BSGE 122, 232 = SozR 4-2700 § 56 Nr 4, RdNr 15) sind solche Angriffe aufgrund von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision unzulässig (stRspr; zB BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 9 V 35/21 B - juris RdNr 23; BSG Beschluss vom 10.5.2017 - B 9 V 75/16 B - juris RdNr 16).
Dies gilt zunächst für den Vortrag des Klägers, das LSG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, indem es allgemeine Erfahrungssätze - insbesondere zu Abweichungen bei wiederholten Sachverhaltsschilderungen und bei Schilderungen durch mehrere an einem Geschehen beteiligte Personen - außer Acht gelassen und durch eine widersprüchliche Würdigung des Sachverhalts gegen Denkgesetze verstoßen habe (vgl BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 9 V 35/21 B - juris RdNr 22 mwN). Zugleich gilt dies für seine Rüge, das LSG habe überhöhte Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast gestellt und den verringerten Beweismaßstab der nach § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung gebotenen Glaubhaftmachung nicht umgesetzt, sondern inhaltlich den Vollbeweis verlangt. Ungeachtet dessen liegt ein Verstoß gegen Denkgesetze auch nur dann vor, wenn aus dem festgestellten Sachverhalt nur eine Schlussfolgerung gezogen werden kann, somit jede andere - also auch die, welche das Gericht tatsächlich gezogen hat - nicht denkbar ist (BSG Beschluss vom 23.2.2022, aaO mwN). Dass das LSG schlechthin unmögliche Schlussfolgerungen bei seiner Entscheidung gezogen hat, wird jedoch von der Beschwerdebegründung nicht substantiiert dargelegt.
Im Übrigen gilt, dass die Einschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG für die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auch nicht durch die Berufung auf die vermeintliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) umgangen werden können (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris RdNr 8). Deshalb kann der Kläger nicht damit gehört werden, das LSG habe sein rechtliches Gehör verletzt, weil es den Maßstab der Glaubhaftmachung zwar erkannt, aber seine Angaben zum Überfall nicht zutreffend berücksichtig habe. Zudem gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen, es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn also zu "erhören" (BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - juris RdNr 12 f; BSG Beschluss vom 6.10.2021 - B 9 V 28/21 B - juris RdNr 8).
b) Die Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels erfüllt der Kläger ebenfalls nicht, wenn er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG), ua in Form einer Überraschungsentscheidung, und des Gebots des fairen Verfahrens (Art 2 Abs 1, Art 20 Abs 3 GG und Art 6 Abs 1 Satz 1 EMRK) geltend macht, weil das LSG seinem Urteil einen ärztlichen Bericht der Universitätsklinik F zugrunde gelegt habe.
Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang, dieser Bericht sei nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung und ihm daher unbekannt gewesen. Dieser Vortrag reicht für eine Gehörsrüge allein aber nicht aus. Vielmehr hätte der Kläger auch aufzeigen müssen, dass die LSG-Entscheidung auf dem Mangel beruhen kann. Hieran fehlt es. Zwar teilt er zum Inhalt der Begründung des angegriffenen Urteils ua mit, nach Auffassung des LSG seien seine Angaben nicht plausibel nachvollziehbar gewesen, insbesondere seien sie von früheren Angaben auch gegenüber der Polizei, Ärzten und der AOK H abgewichen. Der hypothetische Tatort habe weder von ihm noch von seiner Mutter auf einem Kartenausdruck bzw einem Satellitenbild konkretisiert werden können. Damit legt der Kläger aber nicht dar, dass das LSG seiner Entscheidung den ärztlichen Bericht der Universitätsklinik F tragend zugrunde gelegt habe. Hierzu hätte er im Einzelnen aufzeigen müssen, welche Bedeutung dieser Bericht für die Überzeugungsbildung des LSG hatte und dass das Berufungsgericht sein Beweisergebnis nicht bereits aufgrund anderer Umstände gewonnen hat.
c) Soweit der Kläger rügt, dass das LSG kein Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und das Erfordernis eines solchen Gutachtens nicht erörtert habe, werden die Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels ebenfalls nicht erfüllt.
Mit diesem Vortrag macht er sinngemäß eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) geltend. Der Bezeichnungspflicht (§ 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) ist jedoch nur genügt, wenn in der Beschwerdebegründung ein für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbarer und bis zuletzt aufrechterhaltener Beweisantrag auf Einholung eines entsprechenden Gutachtens benannt wird, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11). Der Kläger trägt schon nicht vor, überhaupt einen entsprechenden Beweisantrag gestellt zu haben. Dieses Erfordernis kann auch nicht durch die sinngemäße Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör umgangen werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris RdNr 8). Dahingestellt bleiben kann deshalb auch, ob der Vortrag des Klägers, wonach "die Problematik" (der Erforderlichkeit eines solchen Gutachtens) "weder in der mündlichen Verhandlung noch sonst im Laufe des Verfahrens" erörtert worden sei, als eine solche Gehörsrüge zu deuten ist.
d) Ein Verfahrensmangel wird auch nicht formgerecht bezeichnet, wenn der Kläger rügt, das SG habe wegen unvollständiger Unterschrift der Kammervorsitzenden unter dem Anhörungsschreiben (§ 105 Abs 1 Satz 2 SGG) nicht durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen.
Grundsätzlich kann die Nichtzulassungsbeschwerde nur auf Verfahrensmängel im unmittelbar vorangehenden Rechtszug gestützt werden. Ein Verfahrensmangel des SG kann die Zulassung der Revision nur ausnahmsweise rechtfertigen, wenn dieser fortwirkt und insofern ebenfalls als Mangel des LSG anzusehen ist (stRspr; zB BSG Beschluss vom 13.11.2017 - B 13 R 152/17 B - juris RdNr 18 mwN). Ein fortwirkender Mangel wird jedoch nicht dargetan, indem der Kläger eine Verkürzung des Rechtswegs und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, weil die fehlende mündliche Verhandlung vor dem SG durch die mündliche Verhandlung vor dem LSG nicht aufgewogen werde. Denn das LSG überprüft nicht lediglich die Entscheidung des SG, sondern prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das SG. Dabei hat es auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (§ 157 SGG). Da das Berufungsgericht in vollem Umfang als zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist und Präklusionsvorschriften nicht eingreifen, kann es - wie § 159 Abs 1 SGG zeigt - allenfalls in Ausnahmefällen sachgerecht sein, den Rechtsstreit wegen einer geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs im ersten Rechtszug an das SG zurückzuverweisen. Bei der Ausübung des dem LSG eingeräumten Ermessens kommt prozessökonomischen Gesichtspunkten eine erhebliche Bedeutung zu. Im Zweifel ist die Entscheidung des LSG, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig (BSG Beschluss vom 7.5.2009 - B 14 AS 91/08 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 14.2.2006 - B 9a SB 22/05 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 16.12.2003 - B 13 RJ 194/03 B - juris RdNr 9). Eine zwingende Verpflichtung des LSG, den Gerichtsbescheid des SG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen, besteht in solchen Fällen nicht (BSG Beschluss vom 13.11.2017 - B 13 R 152/17 B - juris RdNr 19 mwN). Gesichtspunkte, die das Ermessen des LSG im Sinne einer zwingenden Zurückverweisung hätten einschränken und hierdurch eine Fortwirkung des erstinstanzlichen Verfahrensmangels hätten begründen können, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
Unabhängig davon legt der Kläger auch nicht dar, dass er alles getan hat, um sich selbst rechtliches Gehör zu verschaffen. Dies wäre aber erforderlich gewesen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 15.8.2018 - B 13 R 387/16 B - juris RdNr 12). Insbesondere hat der Kläger nicht vorgetragen, dass er eine Zurückverweisung der Sache an das SG beantragt hat (vgl zu diesem Erfordernis BSG Beschluss vom 19.1.2011 - B 13 R 211/10 B - juris RdNr 18; BSG Beschluss vom 14.2.2006 - B 9a SB 22/05 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 9.9.1998 - B 6 KA 34/98 B - juris RdNr 6).
e) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs hat der Kläger auch nicht dadurch hinreichend bezeichnet, indem er vorträgt, dass er die ihm gegenüber gemachten Vorhalte ohne Dolmetscher nicht verstanden habe und er deshalb auch nicht plausibel Stellung habe nehmen können.
Den an die Bezeichnung einer Gehörsverletzung zu stellenden Anforderungen genügt der Kläger mit diesen Ausführungen bereits deshalb nicht, weil er nicht detailliert aufzeigt, welches konkrete Vorbringen vom LSG übergangen worden sein soll, also inwiefern er sich mit Hilfe eines Dolmetschers gegenüber den Vorhalten plausibel geäußert hätte. Wird eine Verletzung des Anspruchs eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör geltend gemacht, muss - wie oben bereits ausgeführt - dargetan werden, dass der Beteiligte seinerseits alles getan hat, um sich selbst rechtliches Gehör zu verschaffen. Dies wird in der Beschwerdebegründung versäumt. Vielmehr trägt der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger vor, dass er im Rahmen seiner Anhörung vor dem LSG selbst davon abgesehen habe, die Dienste der für seine Mutter geladenen und anwesenden Dolmetscherin in Anspruch zu nehmen.
2. Auch die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat er nicht hinreichend dargelegt.
Die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 11.5.2022 - B 9 SB 73/21 B - juris RdNr 7 mwN) verfehlt er schon deshalb, weil mit dem unspezifischen Verweis auf den angewendeten Maßstab bei der Beweiswürdigung im sozialen Entschädigungsrecht im Verhältnis zum strafrechtlichen Ermittlungsverfahren keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht - formuliert wird. Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst eine entsprechende Rechtsfrage herauszuarbeiten und zu formulieren. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (stRspr; zB BSG Beschluss vom 8.3.2021 - B 9 BL 3/20 B - juris RdNr 17; BSG Beschluss vom 24.10.2018 - B 13 R 239/17 B - juris RdNr 8).
Dass der Kläger die Entscheidung des LSG inhaltlich für unrichtig hält, kann als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 10 EG 1/20 BH - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4). Gerade dies macht der Kläger aber zum Gegenstand seiner Nichtzulassungsbeschwerde, wenn er in der Sache eine Anerkennung seiner Schilderungen als glaubhaft erstrebt und die Würdigung der Einzelumstände durch das Berufungsgericht durch seine eigene Würdigung ersetzt wissen will. Dies eröffnet aber die Zulassung der Revision nicht (vgl BSG Beschluss vom 4.3.2014 - B 9 V 60/13 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 - juris RdNr 2).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. |
Kaltenstein |
Röhl |
Ch. Mecke |
Fundstellen
Dokument-Index HI15635453 |