Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Übergangsleistungen.
Der Kläger ist seit 2003 als Friseurmeister selbständig tätig und kraft Satzung bei der Beklagten mit der Mindestversicherungssumme unfallversichert. An seinen Händen trat 2013 eine Hautkrankheit auf, die sich 2014 verschlechterte und am 23.5.2015 zur Aufgabe der Friseurtätigkeit führte. Seitdem ist er nur noch administrativ in seinen drei Friseursalons tätig. Die Beklagte stellte eine Berufskrankheit nach Nr 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) mit einem Versicherungsfall am 23.5.2015 fest (Bescheid vom 26.11.2015), zahlte bis zum 18.11.2016 Verletztengeld und verneinte einen Anspruch auf Verletztenrente mangels rentenberechtigender MdE. Überdies lehnte sie es ab, Übergangsleistungen zu gewähren, weil der Verletztengeldanspruch im Zeitraum vom 24.5.2015 bis zum 18.11.2016 vorrangig sei und der ggf entstandene Minderverdienst nicht ursächlich auf der Berufskrankheit bedingten Aufgabe der gefährdenden Friseurtätigkeit beruhe. Der Kläger habe sich weder arbeitsuchend gemeldet noch Schritte unternommen, um eine geeignete Erwerbstätigkeit zu erlangen. Bei pflichtgemäßer Ermessensausübung sei das Interesse der Allgemeinheit, keine Übergangsleistungen zu gewähren, gegenüber dem Zahlungsinteresse des Klägers höher zu bewerten (Bescheid vom 18.1.2017 und Widerspruchsbescheid vom 21.3.2017).
Nachdem der Kläger ein Vergleichsangebot über die Gewährung einer Einmalzahlung iHv 6 000 Euro abgelehnt hatte, hat das SG die Bescheide antragsgemäß aufgehoben und die Beklagte auf den Hilfsantrag hin verurteilt, über die Gewährung der Übergangsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 14.3.2019): Der Kläger habe dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsleistungen, weil die Gefahr fortbestehe, dass sich die Hauterkrankung verschlimmere, wenn er die gefährdende Friseurtätigkeit nicht dauerhaft unterlasse. Der Minderverdienst bestehe darin, dass die durchschnittlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in den Jahren 2013 und 2014 höher als seine tatsächlichen Einkünfte in den Jahren 2015 bis 2018 gewesen seien. Jedenfalls bis 2017 beruhe der Minderverdienst auf der Berufskrankheit bedingten Tätigkeitsaufgabe, während der Gewinneinbruch im Jahr 2018 im Wesentlichen auf Personalmangel zurückzuführen sei. Über Art und Höhe der Übergangsleistung müsse die Beklagte im Ermessenswege entscheiden. Dabei sei das Verhalten des Klägers mit Blick auf die Höhe des Minderverdienstes ebenso zu berücksichtigen wie der Verletztengeldbezug bis zum 18.11.2016, der als Einkommen anzurechnen sei und den Minderverdienst ausgleichen könne. Dass er seine Arbeitskraft unzureichend eingesetzt und so den Minderverdienst selbst verursacht habe, sei ihm nicht vorzuwerfen. Der relativ geringe Minderverdienst und die Tatsache, dass der Friseurbetrieb die Arbeitskraft des Klägers nicht voll ausschöpfe, könnten eine Einmalzahlung in der angebotenen Höhe rechtfertigen. Eine monatlich wiederkehrende Zahlung für die Dauer von fünf Jahren erscheine nicht geboten, weil die Gewinnentwicklung von zahlreichen Faktoren wie Arbeitsmarkt, Wettbewerbssituation und allgemeiner wirtschaftlicher Entwicklung abhänge und nicht mehr durch den Ausfall des Klägers geprägt sein dürfte. Es sei auch möglich, im Rahmen des Ermessens die Übergangsleistung neben der Gewährung von Verletztengeld zu versagen.
Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte verpflichtet, auch über die Gewährung von Übergangsleistungen ab dem 1.1.2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die mit dem Hauptantrag verfolgte Klage auf Zahlung von Übergangsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe, als unzulässig abgewiesen wird (Urteil vom 24.10.2019): Der zulässige Hilfsantrag auf Erlass eines Bescheidungsurteils sei auch ab dem 1.1.2018 begründet. Der Kläger habe 2018 weniger als vor dem Versicherungsfall verdient und auch die Mindestversicherungssumme sei unterschritten worden. Dieser Minderverdienst sei durch den Unterlassungszwang wesentlich mitbedingt, weil der Kläger den Personalmangel persönlich kompensiert hätte, wenn er den Friseurberuf berufskrankheitsbedingt nicht aufgegeben hätte. Obgleich ein Zurückgehen hinter die erstinstanzliche Entscheidung zu seinen Lasten aufgrund des Verböserungsverbots (reformatio in peius) mangels Anschlussberufung der Beklagten nicht in Betracht komme, sei im Zeitraum von 23.5.2015 bis 31.12.2017 kein Minderverdienst festzustellen, weil die jeweiligen Einkünfte die Mindestversicherungssummen übertroffen hätten.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt und in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist unzulässig. Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die von ihm geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine konkrete Rechtsfrage zu einer Norm des Bundesrechts aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. In der Beschwerdebegründung muss daher angegeben werden, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Vorschrift des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist unter Auswertung der Rechtsprechung insbesondere des BSG darzulegen, dass diese Rechtsfrage klärungsbedürftig, dh höchstrichterlich nicht geklärt, und im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist (vgl BSG Beschlüsse vom 30.7.2019 - B 2 U 239/18 B - juris RdNr 2, vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 5, vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 und vom 19.4.2012 - B 2 U 348/11 B - UV-Recht Aktuell 2012, 755; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Anforderungen vgl zB BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24). Schließlich ist auch aufzuzeigen, dass die Rechtssache über den Einzelfall hinaus von allgemeiner Bedeutung ist (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2012 - B 5 R 334/11 B - NZS 2012, 428 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger hält die Frage höchstrichterlich für noch nicht geklärt,
"ob bei der Ermittlung des Minderverdienstes eines Unternehmers bei kraft Gesetzes oder Satzung pflichtversicherten Unternehmern der gemäß § 83 SGB VII in der Satzung festgelegte Jahresarbeitsverdienst und bei freiwillig versicherten Unternehmern die im Zeitpunkt des Arbeitsplatzwechsels geltend Versicherungssumme zugrunde zu legen ist oder ob der auszugleichende Minderverdienst aus einem Vergleich des tatsächlichen Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit mit einem fiktiven Einkommen zu ermitteln ist. Dies ist im Rahme des § 3 Abs. 2 BKVO zu prüfen".
Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zur Auslegung und zum Anwendungsbereich des § 3 Abs 2 BKV vom 31.10.1997(BGBl I 2623) gestellt hat, die seit dem 1.12.1997 anstelle der Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 20.6.1968 (BGBl I 721) gilt. Denn die Beschwerdebegründung legt jedenfalls nicht dar, dass die Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein könnte. Die Beschwerde hätte insofern schlüssig aufzuzeigen gehabt, inwiefern die aufgeworfene Rechtsfrage nach dem bisherigen Prozessverlauf überhaupt noch relevant war. Denn das SG hat in seinem Urteil vom 14.3.2019 "Minderungen des Verdienstes" iS des § 3 Abs 2 Satz 1 BKV im Zeitraum vom 23.5.2015 (Eintritt des Versicherungsfalls) bis zum 31.12.2017 ausdrücklich bejaht und nur ab dem 1.1.2018 verneint. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG "Minderungen des Verdienstes" für die Zeit ab dem 1.1.2018 bejaht und zutreffend ausgeführt, dass ein Zurückgehen hinter die erstinstanzliche Entscheidung zu Lasten des Klägers aufgrund des Verböserungsverbots (reformatio in peius) mangels Anschlussberufung der Beklagten nicht in Betracht komme. Der Kläger hat nicht dargelegt, wieso angesichts der Tatsache, dass aufgrund des LSG-Urteils bereits zu seinen Gunsten feststeht, dass seit dem 23.5.2015 Verdienstminderungen vorliegen, die aufgeworfene Frage im Rahmen des § 3 Abs 2 BKV noch entscheidungserheblich sein könnte. Soweit das LSG im Zeitraum vom 23.5.2015 bis zum 31.12.2017 Minderverdienste verneint hat, weil die jeweiligen Einkünfte die Mindestversicherungssummen übertroffen hätten, ist dies rechtlich bedeutungslos. Denn es liegen sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung von Übergangsleistungen vor, sodass die Beklagte im Ermessenswege nur noch über deren Höhe zu entscheiden hat. Hierbei wird sie für die Zeit vom 23.5.2015 bis zum 31.12.2017 die Rechtsauffassung des SG und im Anschlusszeitraum ab dem 1.1.2018 die Rechtsauffassung des LSG zugrunde legen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14035311 |