Entscheidungsstichwort (Thema)

Prospekthaftung beim Bauherrenmodell

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die das Management bildenden Initiatoren eines Bauherrenmodells haften den beitretenden Bauherren nach den Grundsätzen der Prospekthaftung für Vollständigkeit und Richtigkeit der mit ihrem Wissen und Willen in Verkehr gebrachten Werbeprospekte.

2. Personen und Unternehmen, die mit Rücksicht auf ihre besondere berufliche und wirtschaftliche Stellung oder auf ihre Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner eine Garantenstellung einnehmen (wie Wirtschaftsprüfer und Anlageberater), können Kapitalanlegern im Rahmen eines Bauherrenmodells haften, wenn sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Prospekt einen Vertrauenstatbestand schaffen.

3. Diese Schadensersatzansprüche der Bauherren unterliegen nicht der kurzen Verjährungsfrist der §§ 20 Abs 5 Kapitalanlagengesetz (KAGG) und 12 Abs 5 Auslandsinvestmentsgesetz (AuslInvestmG).

 

Leitsatz (redaktionell)

Namentlich Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater erscheinen aufgrund ihrer allgemein anerkannten und herausgehobenen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder wegen ihrer Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner dem Anlageinteressenten als besonders vertrauenswürdig und nehmen deshalb eine besondere Vertrauensstellung ein, wenn sie mit ihrer Zustimmung im Prospekt als Sachverständige angeführt werden und in dieser Eigenschaft Erklärungen abgeben.

 

Orientierungssatz

1. Es bleibt offen, ob die Prospekthaftungsansprüche beim Bauherrenmodell nach der allgemeinen Frist des BGB § 195 verjähren oder ob die Verjährungsfrist des BGB § 638 Anwendung findet, wie dies bei einem Verschulden bei Vertragsverletzung der Fall ist, wenn sich die Pflichtverletzung mit dem Werkmangel deckt. Ebenso bleibt offen, ob der Schadensersatzanspruch für den Vertrauensträger, hier Wirtschaftsprüfer, der Verjährung nach den Berufsordnungen, hier WiPrO § 51a, unterliegt (entgegen OLG Bremen, 1985-01-31, 3 U 44/84, OLGZ 1985, 322).

2. Zitierungen zu den Leitsätzen 1 und 2: Fortführung BGH, 1984-06-27, IVa ZR 231/82, NJW 1984, 2524 und BGH, 1978-04-24, II ZR 172/76, BGHZ 71, 284; Ergänzung BGH, 1983-10-27, VII ZR 12/82, NJW 1984, 863; Bestätigung OLG Celle, 1985-07-25, 14 U 223/84, NJW 1986, 260 und OLG Köln, 1981-05-22, 20 U 107/80, WM IV 1982, 23.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 276, 638; KAGG § 20 Abs. 5; AuslInvestmG § 12 Abs. 5; WiPrO § 51a

 

Verfahrensgang

Saarländisches OLG (Urteil vom 04.10.1988; Aktenzeichen 7 U 177/86)

LG Saarbrücken (Urteil vom 30.10.1986; Aktenzeichen 3 O 349/85)

 

Tatbestand

Der Beklagte zu 1 war Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Firma R. und K. GmbH (Firma RuKa). Die Gesellschaft brachte seit 1979 Beteiligungen nach Art des „Kölner Bauherrenmodells” auf den Anlagenmarkt. Bei den Vorhaben handelte es sich um Errichtung und Betrieb sogenannter Wohnstifte. Die Firma RuKa hatte bereits vier Projekte verwirklicht, als sie 1982 ein weiteres Vorhaben initiierte. In Bad P. sollte eine Wohnanlage mit 306 Appartements gebaut werden. Der Gesamtaufwand war auf 70,6 Mio. DM veranschlagt. Im Juni 1982 gab die Firma RuKa einen Prospekt heraus. Der Beklagte zu 2, ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, hatte den Prospekt zuvor geprüft und über das Ergebnis unter dem 4. Juni 1982 einen umfangreichen Bericht verfaßt. Die Beklagte zu 3 übernahm den Vertrieb; ihr oblag auch die Beratung der Anlageinteressenten und die Bildung der Bauherrengemeinschaft.

Das Wohnstift Bad P. wurde 1984 in Betrieb genommen. Es ist noch nicht voll belegt. Im Juli 1985 fiel die Firma RuKa in Konkurs.

Der Kläger, einer der Bauherren, behauptet, die Angaben in dem Prospekt seien in wesentlichen Punkten falsch und unvollständig, der Prüfbericht irreführend und die Anlageberatung mangelhaft gewesen. Er verlangt deswegen aus eigenem und abgetretenem Recht Ersatz des Schadens, der ihm und 50 weiteren Bauherren infolge der fehlerhaften Informationen entstanden sei.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der – angenommenen – Revision, die die Beklagten zurückzuweisen bitten, verfolgt der Kläger seine – im Berufungsverfahren ermäßigten – Schadensersatzansprüche weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. 1. Das Berufungsgericht verneint eine Haftung des Beklagten zu 1 schon dem Grunde nach.

Er sei für den Inhalt des Prospekts nicht verantwortlich, auch wenn er die Herausgeberin wirtschaftlich beherrscht habe. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Prospekthaftung bei der Publikums-KG entwickelt habe, seien auf Bauherrenmodelle nur mit Einschränkungen übertragbar. Eine Haftung der Personen, die das Management des Initiators bildeten oder diesen beherrschten, komme beim hier vorliegenden Bauherrenmodell schon deswegen nicht in Betracht, weil die Kapitalanleger der Initiatorengesellschaft und nicht den Personen, die hinter ihr stünden, Vertrauen entgegengebracht hätten. Auch bestehe hier in der Frage der Haftung keine Regelungslücke, wie sie für die Publikums-KG typisch sei. Beim Bauherrenmodell weiche die Verteilung des Haftungsrisikos nicht vom gesetzlichen Leitbild ab. Wenn der Bauherr sein angelegtes Kapital verliere, sei dies nicht durch Lücken in der Haftungsregelung bedingt, sondern gehe auf die mangelnde Leistungsfähigkeit seines Vertragspartners zurück. Ein solches Risiko bestehe aber bei jedem Geschäft und sei keine Besonderheit des Bauherrenmodells. Deswegen bestehe keine Veranlassung, hier die Haftung auf die „Hintermänner” des Initiators zu erstrecken.

2. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht stützt seine Ansicht vor allem auf den Unterschied, der zwischen den beiden Anlageformen besteht. Es vernachlässigt dabei die schutzwürdigen Interessen der Kapitalanleger, die beim Bauherrenmodell nicht anders gelagert sind als bei der Publikums-KG.

a) Der Senat hat die Frage bislang offen gelassen, ob die von der Rechtsprechung zur Publikums-KG entwickelten Grundsätze der Prospekthaftung auf das Bauherrenmodell übertragbar sind (zuletzt Senatsurteil NJW 1984, 863).

Im Schrifttum wird diese Frage einhellig bejaht (Reithmann/Brych/Manhart, Kauf vom Bauträger und Bauherrenmodell, 5. Aufl., Rdn. 136a; Locher/Koeble, Baubetreuungs- und Bauträgerrecht, 4. Aufl., Rdn. 155ff; Locher/König, Bauherrenmodelle in zivil- und steuerrechtlicher Sicht, Rdn. 10; von Heymann BB 1980 Beilage 12, Seite 17; Rosenberger ZfBR 1981, 253, 256).

Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 22. Mai 1981 – 20 U 107/80 = WM 1982, 23) und ihm folgend das Oberlandesgericht Celle (NJW 1986, 260) haben sich dieser Ansicht an geschlossen und die Grundsätze der Prospekthaftung ohne Einschränkungen auf Bauherrenmodelle angewendet.

b) Der Senat teilt diese Ansicht, soweit es um Grund und Umfang der Haftung geht.

Das Bauherrenmodell gehört ebenso zur Abschreibungsbranche wie die Beteiligung an einer Publikums-KG. Beiden Anlagearten ist gemeinsam, daß der Emissionsprospekt oftmals die einzige Informationsquelle für den interessierten Kapitalanleger ist. Der Prospekt muß daher alle Angaben enthalten, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind. Nur wenn diese Angaben vollständig und richtig sind, hat der Interessent die Möglichkeit, seine Entscheidung frei von Fehlvorstellungen zu treffen, die auf mangelhafte Sachinformation zurückzuführen sind. Andere Informationsquellen sind dem Interessenten regelmäßig nicht zugänglich. Nur unter der Voraussetzung, daß die durch den Prospekt vermittelte Information vollständig und richtig ist, kann der Kunde die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig einschätzen. Vor diesem Problem steht der Anlageinteressent unabhängig davon, ob es sich bei der ins Auge gefaßten Kapitalanlage um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung oder um den Erwerb einer Immobilie handelt. In beiden Fällen verlangen die Interessen des Anlegers, daß der Prospekt tauglich ist, die für den Anlageentschluß erforderlichen Informationen umfassend und objektiv zu vermitteln. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der in Verkehr gebrachten Prospekte muß deswegen jeder einstehen, der durch den Prospekt auf den Entschluß eines Kapitalanlegers Einfluß genommen hat. Für die Kapitalanlage durch Beteiligung an einer Publikums-KG besteht dieser Grundsatz schon seit langem; der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat ihn in BGHZ 71, 284 aufgestellt und in ständiger Rechtsprechung vertreten (BGHZ 72, 382; 77, 172; 79, 337; 83, 222; NJW 1985, 380; Urteil vom 14. Januar 1985 – II ZR 124/82 = WM 1985, 534; Urteile vom 17. Februar 1986 – II ZR 238/84 = WM 1986, 583, 584 = VersR 1986, 699; vom 12. Mai 1986 – II ZR 84/85 = WM 1986, 1047 = NJW-RR 1986, 1478; zuletzt NJW 1990, 571). Der IVa-Zivilsenat hat ihn entsprechend auf den Vermittler von Kapitalanlagen angewendet (NJW 1984, 2524 und ständig).

Für die Kapitalanlage in Form der Beteiligung an einem Bauherrenmodell kann nichts anderes gelten. Der vom Berufungsgericht herausgestellte Unterschied zwischen den beiden Anlageformen betrifft nicht die Beschaffenheit der Informationen, die ein Anleger benötigt, um sein Risiko richtig einschätzen zu können. Dem Unterschied kommt daher keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Wenn es um die Informationsvermittlung und die damit verbundene Beeinflussung des Anlageentschlusses geht, sind die für die Publikums-KG entwickelten Grundsätze ohne jede Einschränkung anwendbar.

c) Als Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Initiatorin, die den Prospekt herausgebracht hat, ist der Beklagte zu 1 für den Inhalt des Prospekts verantwortlich. Schon in seiner ersten Entscheidung zur Prospekthaftung hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dargelegt, daß die Personen, die die Publikums-KG gegründet haben oder ihr Management bilden, für die Richtigkeit und Vollständigkeit der mit ihrem Wissen und Wollen in Verkehr gebrachten Werbeprospekte einzustehen haben (BGHZ 71, 284).

Der Beklagte zu 1 gehört zu diesem Personenkreis; er allein hat die Geschicke der Initiatorengesellschaft bestimmt. Von ihm war die Gestaltung des Prospekts abhängig, mit dem er auf den Anlageentschluß einer Vielzahl von Interessenten Einfluß nehmen wollte. Wegen seiner beherrschenden Stellung ist es dabei unerheblich, ob der einzelne Kapitalanleger den Beklagten zu 1 persönlich kennengelernt hat. Der Beklagte zu 1 haftet schon deswegen, weil er allein das Handeln der Initiatorin bestimmt und damit die Emission des Prospekts letztlich veranlaßt hat.

II. 1. Das Berufungsgericht lehnt eine Haftung des Beklagten zu 2 ebenfalls ab.

Nach seiner Ansicht scheitern Prospekthaftungsansprüche daran, daß der Beklagte zu 2 in dem Prospekt nicht namentlich erwähnt werde und folglich kein Garant für die Richtigkeit des Inhalts sei. Im übrigen könne dahinstehen, ob der Prospekt Mängel habe. Selbst wenn dies der Fall sei, so hätten sich die Mängel auf die Anlageentscheidung des Klägers und seiner Rechtsvorgänger nicht ausgewirkt; denn die Bauherren hätten sich im konkreten Fall nach der Darstellung des Klägers nicht nur auf den Prospekt, sondern auch auf den Prüfungsbericht verlassen. Etwaige Mängel des Prospekts seien daher für den Beitritt zur Bauherrengemeinschaft nur nach Maßgabe der Ausführungen des Prüfungsberichts ursächlich geworden.

2. Auch dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Ansprüche aus Prospekthaftung können nicht mit der Erwägung ausgeschlossen werden, der Beklagte zu 2 sei kein Garant für die Richtigkeit des Prospekts. Für den Fall der Kapitalanlage in Form einer Beteiligung an einer Publikums-KG hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs den Wirtschaftsprüfer, der an der Herausgabe des Emissionsprospekts mitgewirkt hatte, zum Kreis der für Vollständigkeit und Richtigkeit des Prospektinhalts verantwortlichen Vertrauensträger gezählt (BGHZ 77, 172). Neben den Initiatoren und Gestaltern des Vorhabens gehören zu diesem Kreis alle Personen, die durch ihre erkennbare Mitwirkung an der Prospektgestaltung einen besonderen Vertrauenstatbestand schaffen. Hierzu zählen insbesondere Personen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte und herausgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder wegen ihrer Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner dem Anlageinteressenten als besonders vertrauenswürdig erscheinen. Namentlich Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater genießen solches Ansehen und nehmen deshalb eine besondere Vertrauensstellung ein, wenn sie mit ihrer Zustimmung im Prospekt als Sachverständige angeführt werden und in dieser Eigenschaft Erklärungen abgeben.

b) Für eine Kapitalanlage in Form einer Beteiligung an einem Bauherrenmodell gilt nichts anderes. Das Vertrauen, das die Kunden den Anbietern und den im Prospekt genannten berufsmäßigen Sachkennern entgegenbringen, ist in gleicher Weise schutzwürdig, wie bei einer Publikums-KG.

c) Der Beklagte zu 2 ist demnach für den Inhalt des Prospekts verantwortlich. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts läßt außer acht, daß der Beklagte zu 2 in dem Prospekt auch ohne Namensnennung faktisch hervorgetreten ist und dabei besonderes Vertrauen der Anlageinteressenten für sich in Anspruch genommen hat. Auf Seite 16 enthält der Prospekt unter der Überschrift: „Sicherheiten für den Bauherrn” einen werbewirksamen Hinweis auf die Person des Beklagten zu 2, der seine Identifizierung auch ohne Namensnennung mühelos ermöglicht:

„3. Prospekt und Bauherrenvertrag sind durch einen Wirtschaftsprüfer geprüft. Bericht und Testat können aus standesrechtlichen Gründen in diesem Prospekt nicht abgedruckt werden. Auf Anforderung von Interessenten wird der Prüfungsbericht selbstverständlich zur Verfügung gestellt.”

Der Verfasser des Prüfungsberichts wird damit zu einem Vertrauensträger; denn unter Berufung auf seine fachliche Qualifikation soll der Kapitalanleger zum Beitritt zur Bauherrengemeinschaft bewegt werden. Mit der besonders herausgestellten Prüfung wirbt der Beklagte zu 2, der damit an der Gestaltung des Prospekts selbst mitgewirkt hat, um besonderes Vertrauen. Das tritt auch nach außen in Erscheinung. Daß dies nicht unter ausdrücklicher Namensnennung erfolgt, hindert das Entstehen der Vertrauensstellung nicht. Für jeden Interessenten ist der Name des Wirtschaftsprüfers, mit dessen Prüfungsbericht der Prospekt werben will, ohne weiteres zu erfahren. Sein Name ist ohnedies für den Anlageinteressenten regelmäßig weniger wichtig als seine berufliche Qualifikation.

d) Die Haftung des Beklagten zu 2 entfällt nicht mangels schlüssiger Darstellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Prospektinhalt und Schaden. Für das Revisionsverfahren muß unterstellt werden, daß der Prospekt nicht richtig oder nicht vollständig gewesen ist; denn das Berufungsgericht hat diese Frage letztlich offen gelassen. Liegen Prospektmängel aber vor, dann sind sie für den geltend gemachten Schaden nach der Darstellung des Klägers auch ursächlich geworden. Er hat behauptet, weder er noch die Zedenten wären in Kenntnis der wahren Umstände der Bauherrengemeinschaft beigetreten. Damit ist ein Ursachenzusammenhang zwischen den angeblichen Mängeln des Prospekts und dem behaupteten Schaden entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schlüssig dargetan. Das wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Interessenten sich auch auf den Prüfungsbericht verlassen haben wollen. Denn das schließt zum einen nicht aus, daß sie sich schon durch wahrheitsgemäße und vollständige Angaben im Prospekt von einem Beitritt hätten abhalten lassen, zum anderen baut der Prüfungsbericht auf dem Prospekt auf; er ist nur im Zusammenhang mit dem Prospekt verständlich und bildet mit ihm eine einheitliche Informationsquelle.

III. Die Prospekthaftungsansprüche gegen die Beklagten zu 1 und 2 sind nicht verjährt.

1. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben und zur Begründung ausgeführt, selbst wenn die Grundsätze der Prospekthaftung in ihrem Falle Anwendung finden würden, so seien hieraus hergeleitete Schadensersatzansprüche nicht mehr durchsetzbar, weil sie der kurzen Verjährung entsprechend § 20 Abs. 5 Kapitalanlagengesetz (KAGG) und § 12 Abs. 5 Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) unterlägen und inzwischen verjährt seien.

Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – die Verjährungsfrage nicht erörtert.

2. Die Einrede der Verjährung greift nicht durch.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verjähren Schadensersatzansprüche der Gesellschafter einer Publikums-KG wegen Mängeln im Prospekt sechs Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der Gesellschafter von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch drei Jahre nach Beitritt zur Gesellschaft (BGHZ 83, 222; BGH NJW 1984, 2524). Der Bundesgerichtshof leitet die kurze Verjährungsfrist aus §§ 20 Abs. 5 KAGG und 12 Abs. 5 AuslInvestmG her. Er begründet dies damit, daß dadurch Spekulationen verhindert werden sollen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll es dem Wertpapierkäufer versagt sein, den Zeitpunkt für die Ausübung seines an sich gegebenen Rücktrittsrechts nach spekulativen Gesichtspunkten zu wählen (Amtliche Begründung zu KAGG/AuslInvestmG Seite 24 – vgl. Baur, Investmentgesetze, KAGG § 20 Anm. VII und AuslInvestmG § 12 Anm. VII). Dem Wertpapierkauf steht nach Ansicht des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs die Kapitalanlage in Form des Beitritts zu einer Publikumsgesellschaft gleich, so daß auch hier die Spekulation mit dem Rücktrittsrecht verhindert werden müsse (BGHZ 83, 222, 226). Dieser Gesichtspunkt ist sachgerecht für Vermögensanlagen, die den Kauf von Kapitalanteilen zum Gegenstand haben; denn diese Form der Anlage ist kaufrechtlich geprägt. Bei diesem Vertragstyp überwiegt der mit der kurzen Verjährungsfrist (§ 477 Abs. 1 BGB) verknüpfte Gedanke, daß im Interesse der Rechtssicherheit möglichst bald klare Verhältnisse zu schaffen sind, zumal der Wertpapierkäufer mit Wertschwankungen, die für Geschäfte dieser Art typisch sind, rechnen muß. Eine Verlängerung der „Gewährleistungs”-Frist stünde im Widerspruch zu der Vorstellung des Gesetzgebers, wonach Spekulationen mit Schadensersatzansprüchen zu unterbinden sind.

b) Die kurze Verjährung ist allerdings auf das Recht des Kaufvertrages zugeschnitten. Sie wird dem Bauherrenmodell nicht gerecht, das ganz überwiegend von Elementen des Werkvertragsrechts geprägt ist.

aa) In der Rechtsprechung wird zwar vertreten, auch beim Bauherrenmodell bestehe die Möglichkeit, mit Schadensersatzansprüchen zu spekulieren. Deshalb gelte es auch hier zu verhindern, daß der Bauherr die Geltendmachung seiner Schadensersatzansprüche wegen Prospektmängeln von spekulativen Erwägungen abhängig mache, indem er seinen Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages zunächst nicht ausübe um abzuwarten, ob sich der Erwerb des Objekts trotz der Fehler im Prospekt nicht doch noch zu einem für ihn günstigen Geschäft entwickle (OLG Bremen OLGZ 1985, 322, 324ff).

bb) Diese Argumentation überzeugt indessen nicht. Sie läßt außer acht, daß sich das Bauherrenmodell gerade darin von anderen Kapitalanlagen unterscheidet, daß es um die Herstellung eines Bauwerkes und den Erwerb von Grundeigentum geht. Es fehlt an der vergleichbaren, für Wertpapiergeschäfte typischen Interessenlage, die entscheidende Voraussetzung für eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften nach § 20 Abs. 5 KAGG und § 12 Abs. 5 AuslInvestmG ist. Das Bauherrenmodell kann nur verwirklicht werden, wenn der Anleger das Bauherrenrisiko trägt. Dies bedeutet, der Anleger muß dem Besteller des Werkvertrags rechtlich und wirtschaftlich gleichstehen. Zwar geht es ihm auch hier um Rendite und Steuervorteile; ihre Realisierung setzt aber voraus, daß er ein Bauwerk errichtet. Bei den Anlageformen, die den Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zugrunde lagen, handelt es sich dagegen um gesellschaftsrechtlich geprägte wertpapierkaufähnliche Anlagen, für die die Übernahme des Bestellerrisikos nicht erforderlich ist.

cc) Es kann hier offen bleiben, ob die Prospekthaftungsansprüche beim Bauherrenmodell nach der allgemeinen Frist des § 195 BGB verjähren oder ob die Verjährungsfrist des § 638 BGB Anwendung findet, wie dies bei einem Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverletzung der Fall ist, wenn sich die Pflichtverletzung mit dem Werkmangel deckt (Senatsurteil NJW 1969, 1710). Ob der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2, der als Wirtschaftsprüfer tätig geworden ist, der fünfjährigen Verjährung nach § 51a WPO unterliegt, kann gleichfalls dahinstehen (vgl. BGHZ 100, 132, 136). Denn die Klageerhebung vom 15. Oktober bzw. 21. Oktober 1985 war in jedem Fall noch rechtzeitig, auch wenn die Schadensersatzansprüche entsprechend § 638 BGB oder entsprechend § 51a WPO verjähren und die Verjährungsfrist bereits mit der Kenntnis der Fehlerhaftigkeit des Prospektinhalts oder mit Beendigung der Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers in Gang gesetzt wird.

IV. 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist auch die Beklagte zu 3 nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

Auch wenn man unterstelle, daß sie mit den Anlegern Beratungsverträge abgeschlossen habe, habe sie doch keine Pflicht aus derartigen Verträgen verletzt. Ihr hätten nämlich keine anderen Informationsquellen zur Verfügung gestanden als dem Wirtschaftsprüfer, der den Prospekt geprüft habe. Bei diesem Kenntnisstand habe für sie – ebenso wie für den Beklagten zu 2 – kein Anlaß bestanden, die Bonität der Initiatorin, die Werthaltigkeit ihrer Garantien sowie die Richtigkeit der durch den Prüfungsbericht modifizierten übrigen Prospektaussagen in Zweifel zu ziehen.

2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

a) Die Beklagte zu 3 hatte die Beratung der interessierten Anleger und die Bildung der Bauherrengemeinschaft übernommen. Es ist allgemein anerkannt, daß zwischen Anlagevermittler und Kapitalanleger sogar stillschweigend ein Beratervertrag zustande kommen kann, der Anlageberatung und Erteilung von Auskünften zum Gegenstand hat (BGH NJW 1982, 1095). So kann es auch hier liegen.

b) Die Verletzung eines derartigen Vertrages kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden.

aa) Der Anlagevermittler, der eine Beratung übernommen hat, genügt nicht schon dadurch seiner Pflicht, daß er seinen Kunden schriftliche Unterlagen überläßt, aus denen sie die erforderlichen Erkenntnisse entnehmen können. Entscheidend ist, daß der Kunde in die Lage versetzt wird, das Anlagerisiko objektiv richtig zu beurteilen. Deshalb muß der Vermittler dem Kunden alle Informationen, die für seinen Anlageentschluß wesentliche Bedeutung haben oder haben können, wahrheitsgemäß und sorgfältig, insbesondere aber vollständig erteilen (BGH aaO). Danach muß der Anlagevermittler, wenn das schriftliche Material widersprüchlich ist, die vorhandenen Widersprüche aufdecken und erklären. Insbesondere muß er falsche Angaben des Prospekts ausdrücklich richtigstellen, wenn sie nicht offensichtlich unwesentlich für den Anlageentschluß sind (BGH Urteil vom 2. Februar 1983 – IVa ZR 118/81 = WM 1983, 263, 264). Wenn nötig muß der Vermittler hierzu auch eigene Nachforschungen anstellen (BGH NJW 1982, 1095).

Steht der Vermittler aber für den Kunden erkennbar auf der Anbieterseite, so trifft ihn nicht die Sorgfaltspflicht eines unabhängigen individuellen Beraters, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird und der deshalb besonders differenziert und fundiert beraten muß. Nimmt der auf der Anbieterseite stehende Vermittler jedoch für sich in Anspruch, er verfüge über eingehende Informationen, wie sie ein Anlageberater üblicherweise nicht habe, und läßt er sich seine Vermittlungstätigkeit mit einer „Beratungsgebühr” entlohnen, dann kann der Kunde von ihm allerdings eine besondere Sorgfalt erwarten. Welche Sorgfaltspflichten der Vermittler bei der Beratung seiner Kunden im einzelnen zu erfüllen hat, kann nicht allgemein bestimmt werden sondern nur im Hinblick auf die einzelnen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände (BGH Urteil vom 27. September 1988 – XI ZR 4/88 = WM 1988, 1685, 1686 = NJW-RR 1989, 150).

bb) Jedenfalls ist die Beklagte zu 3, wenn ihr eine Anlageberatung oblag, ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen. Ihr mußten bei pflichtgemäßer Prüfung des Prospekts Bedenken hinsichtlich der Beurteilung des Anlagerisikos kommen. Der Prospekt stellt das Wohnstiftmodell als eine neue Form des Bauherrenmodells vor, bei dem der Anleger neben den sonst üblichen Vorteilen in den Genuß einer garantierten Gewinnausschüttung komme anstatt wie bei herkömmlichen Modellen noch zuzahlen zu müssen. Bei der gebotenen kritischen Prüfung hätte der Beklagten zu 3 auffallen müssen, daß alleiniger Garantieträger für die angepriesene Ausschüttungsgarantie die Initiatorin ist. Eine Absicherung durch zahlungskräftige Dritte ist nicht vorgesehen. Angesichts des Unterschieds zwischen Stammkapital der alleinigen Garantin (500.000 DM) und dem Volumen ihrer bereits in Angriff genommenen Vorhaben, die noch nicht abgewickelt waren (300 Mio. DM – vgl. Seite 18 des Prospekts), hätte die Beklagte zu 3 als sachkundige Beraterin erkennen und ausdrücklich darauf hinweisen müssen, daß die Kapitalanlage keineswegs so sicher war wie im Prospekt dargestellt. Insbesondere hätte die Beklagte zu 3 den Kunden erklären müssen, daß der Erfolg des Modells davon abhängig ist, daß die hohen Anlaufkosten eines jeden einzelnen Wohnstifts aufgebracht werden können, ohne daß hierzu die für das nachfolgende Projekt vorgesehenen Mittel eingesetzt werden müssen. Nur wenn die bereits in Betrieb genommenen Wohnstifte wirtschaftlich erfolgreich sind, d.h. wenn sie sich selbst tragen, lassen sich die nachfolgenden Vorhaben mit der zugesagten Rendite verwirklichen. Die Beklagte zu 3 hat diesen Schwachpunkt der Konzeption nicht erkannt oder bewußt verschwiegen; auf jeden Fall aber hätte sie ihre Kunden hierüber aufklären müssen. Keinesfalls durfte sie sich mit dem durch Prospekt und zugehörigen Prüfungsbericht vermittelten Kenntnisstand begnügen.

V. 1. Abschließend führt das Berufungsgericht aus, jeder Anspruch auf Schadensersatz scheitere unabhängig von seiner normativen Grundlage auch daran, daß zwischen dem geltend gemachten Schaden und der behaupteten Pflichtverletzung kein innerer Zusammenhang bestehe. Der Schaden falle nicht in den Schutzbereich der angeblich verletzten Pflicht; denn in dem geltend gemachten Schaden habe sich das aufklärungspflichtige Risiko nicht verwirklicht. Dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, daß die behauptete Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Lage, in der sich die RuKa-Gruppe befunden habe, zum Verlust der Investitionen geführt hätte, die der Kläger und seine Rechtsvorgänger getätigt hätten. Für den Zusammenbruch der RuKa-Gruppe könne auch die allgemeine Entwicklung am Anlagenmarkt verantwortlich gewesen sein, ohne daß die Verflechtung der RuKa-Gruppe und die damit verbundene Häufung der Garantieverpflichtungen sich negativ ausgewirkt hätten. Auch die Behauptung, die Firma RuKa habe die Wohnstiftskonzeption nach dem „Schneeballsystem” angelegt, begründe noch keinen Zurechnungszusammenhang zwischen der angeblich unterbliebenen Aufklärung und dem späteren Konkurs der Initiatorin. Der Absatzrückgang beruhe nach Kenntnis des Berufungsgerichts nicht auf einer für das „Schneeballsystem” typischen Marktsättigung, sondern auf einer Änderung des allgemeinen Investitionsklimas.

2. Diese Begründung hält den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Bei der Frage nach dem Kausalzusammenhang ist nicht auf das letzte, sondern auf das erste Glied der Ursachenkette (BGHZ 79, 337; BGH NJW 1982, 1095), mithin auf die Anlageentscheidung abzustellen. Zwischen dem hier maßgeblichen Anlageentschluß und der Pflichtverletzung besteht der erforderliche Ursachenzusammenhang. Denn ohne den Entschluß, dem Bauherrenmodell „Bad P.” beizutreten, hätten der Kläger und seine Rechtsvorgänger nicht den behaupteten Schaden erlitten, auch wenn sich die Lage am Anlagenmarkt tatsächlich verschlechtert haben sollte. Erst die inhaltlich richtige Information über die wirtschaftliche Lage der Firma RuKa und ihre voraussichtliche Entwicklung oder zumindest das Offenlegen von Informationslücken hätten den Anlageinteressenten befähigt, das Anlagerisiko richtig zu beurteilen. Der ohne diese Aufklärung gefaßte Anlageentschluß ist von den Mängeln des überlassenen Informationsmaterials beeinflußt. Infolgedessen hat sich die mit der unzulänglichen Information verbundene Gefahr, das Anlagerisiko zu verkennen, in der nachfolgenden Anlageentscheidung in zurechenbarer Weise verwirklicht.

b) Wenn der Werbende seine Aufklärungspflicht verletzt, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der Schaden auch bei pflichtgemäßer Aufklärung und Information eingetreten wäre (Senatsurteil BGHZ 61, 118, 122; BGHZ 64, 46, 51; 79, 337, 346; BGH Urteil vom 27. September 1988 – XI ZR 4/88 = WM 1988, 1685 = NJW-RR 1989, 150; Senatsurteil vom 11. Mai 1989 – VII ZR 12/88 = BauR 1989, 623 = ZfBR 1989, 207 = NJW-RR 89, 1102 = WM 1989, 1286, 1288 m.w.N.).

Das Berufungsgericht beurteilt die Verteilung der Darlegungslast nicht richtig, wenn es vom Kläger insoweit eine weitere Substantiierung verlangt. Sein Vorbringen ist schlüssig. Es ist vielmehr Sache der Beklagten darzulegen, daß sich die Pflichtverletzung auf den Schaden nicht ausgewirkt hat. Hierzu haben sie allerdings bislang nichts Konkretes vorgebracht.

c) Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob der Zusammenbruch der RuKa-Gruppe auf eine Veränderung des Investitionsverhaltens zurückzuführen sei, kommt es nicht mehr an, weil der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden bereits feststeht. Es kann daher offen bleiben, ob das Berufungsgericht über die für sich in Anspruch genommene besondere Sachkunde im Anlagengeschäft verfügt um beurteilen zu können, ob der Zusammenbruch der RuKa-Gruppe in der Tat ausschließlich auf eine Veränderung des Investitionsklimas zurückgeht.

VI. Das angefochtene Urteil kann nach alledem nicht bestehenbleiben. Es ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zur abschließenden Entscheidung gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist der Senat nicht in der Lage, da noch weitere Feststellungen erforderlich sind. Das Berufungsgericht hat nämlich offen gelassen, welche Mängel der Prospekt im einzelnen hat; auch zum Umfang des Schadens hat es noch keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsgericht hat dies nachzuholen.

 

Fundstellen

BGHZ, 314

BB 1990, 1437

NJW 1990, 2461

ZIP 1990, 928

JuS 1990, 934

ZBB 1990, 164

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