Tenor
Der Antrag der Nebenklageberechtigten … L., ihr Rechtsanwalt … B. aus … als Beistand zu bestellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
Der Antrag der Nebenklageberechtigten L. vom 14. März 2008, ihr „Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. zu gewähren”, ist als Anschlusserklärung (§ 396 Abs. 1 Satz 1 StPO) in Verbindung mit einem Antrag auf Bestellung eines Beistandes gemäß § 397 a Abs. 1 Satz 1 StPO auszulegen (§ 300 StPO): Eine Anschlusserklärung, die Voraussetzung sowohl für die Prozesskostenhilfe (§ 397 a Abs. 2 StPO) als auch für die Beistandsbestellung (§ 397 a Abs. 1 StPO) ist, war bislang noch nicht abgegeben worden. Die Bestellung eines Beistandes geht der Prozesskostenhilfe vor, denn sie ist für den Antragsteller günstiger, da sie unabhängig von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen vorzunehmen ist. So liegt es hier; die Antragstellerin war als Geschädigte einer sexuellen Nötigung (§ 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB) nach § 395 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StPO anschlussberechtigt, so dass an sich grundsätzlich auch die Voraussetzungen für die Bestellung eines Beistandes gemäß § 397 a Abs. 1 Satz 1 StPO vorlagen.
Rz. 2
Dennoch bleibt der Antrag ohne Erfolg, da die Geschädigte L. … sich der öffentlichen Klage nicht mehr wirksam als Nebenklägerin angeschlossen hat. Ihre Anschlusserklärung ist erst am 5. April 2008 beim Bundesgerichtshof als dem mit der Sache befassten und damit für die Entscheidung über die Anschlussbefugnis (§ 396 Abs. 2 Satz 1 StPO; s. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 396 Rdn. 8 m. w. N.) und die Beistandsbestellung (§ 397 a Abs. 3 Satz 1 StPO; s. Meyer-Goßner aaO § 397 a Rdn. 12 m. w. N.) zuständigen Gericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war das Strafverfahren hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Geschädigten L. aber bereits rechtskräftig abgeschlossen, da die Revision des Angeklagten insoweit schon mit Urteil des Senats vom 3. April 2008 verworfen worden war. Damit war ein Anschluss als Nebenklägerin nicht mehr möglich (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 136; StraFO 2005, 513).
Rz. 3
Auch die Bestellung eines Beistandes gemäß § 397 a Abs. 1 Satz 1 StPO war nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nicht mehr zulässig. Eine rückwirkende Bestellung ist grundsätzlich nicht statthaft (Meyer-Goßner aaO § 397 a Rdn. 15 m. w. N.). Die Antragstellerin hatte wegen des verspäteten Eingangs ihres Antrages beim Bundesgerichtshof auch nicht rechtzeitig alles ihrerseits für die Bestellung Erforderliche getan, so dass ihrem Antrag auch nicht ausnahmsweise nachträglich stattzugeben war (vgl. BVerfG NStZ-RR 1997, 69). Außerdem setzt die Bestellung eines Beistandes voraus, dass zum Zeitpunkt der Bescheidung des Antrags eine wirksame Anschlusserklärung vorliegt (Senge in KK-StPO 5. Aufl. § 397 a Rdn. 1 b). Dies war nicht der Fall, da nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss ein Anschluss als Nebenklägerin nicht mehr zulässig war (s. oben). Die bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss reichende Zeitspanne, innerhalb derer der Anschluss zulässig ist, stellt auch keine Frist dar, gegen deren Säumnis – gegebenenfalls von Amts wegen – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich wäre (BGH NStZ-RR 1997, 136).
Unterschriften
Becker, Pfister, Kolz, Hubert, Schäfer
Fundstellen
Haufe-Index 2564874 |
NStZ-RR 2008, 255 |
StraFo 2008, 332 |