Entscheidungsstichwort (Thema)
Verrechnung einer mit einer offenen Ausschüttung zusammenfallenden verdeckten Gewinnausschüttung
Leitsatz (amtlich)
1. Fällt eine verdeckte Gewinnausschüttung, die bei der Kapitalgesellschaft im Jahre 1982 abfließt, mit einer sog. offenen Ausschüttung zusammen, die im Jahre 1983 abfließt, jedoch die Verteilung des Gewinns 1981 zum Inhalt hat, so sind beide Ausschüttungen, falls der Antrag nach § 54 Abs.7 KStG 1984 gestellt wurde, mit dem verwendbaren Eigenkapital zum 31.Dezember 1982 zu verrechnen.
2. Führt die Verrechnung sowohl zu einer Körperschaftsteuer-Minderung als auch zu einer Körperschaftsteuer-Erhöhung, so sind beide Beträge anteilig entsprechend dem Verhältnis der Ausschüttungen zueinander auf die Veranlagungszeiträume 1981 und 1982 aufzuteilen.
Orientierungssatz
1. Der Klageantrag ist eine Prozeßhandlung, deren Nachprüfung zu den Aufgaben des Revisionsgerichts gehört (vgl. Literatur).
2. NV: Die Rüge der Nichtberücksichtigung des klaren Inhalts der Akten durch das FG erfordert die Darlegung, daß sich aus einer zu bestimmenden Stelle der Akten etwas anderes ergibt als das, was vom FG festgestellt wurde.
3. NV: Eine Vereinbarung zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter ist nur dann klar und von vornherein vereinbart, wenn ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, daß die Leistung der Kapitalgesellschaft aufgrund einer entgeltlichen Vereinbarung mit dem Gesellschafter erbracht wurde. Dazu ist zwar der Abschluß einer schriftlichen Vereinbarung nicht erforderlich. Jedoch setzt die steuerliche Berücksichtigung mündlich abgeschlossener Vereinbarungen voraus, daß eine von vornherein bestehende Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft zweifelsfrei festgestellt werden kann (vgl. BFH-Rechtsprechung).
4. NV: Für die Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft sowie für die Angemessenheit von Pachtzahlungen an den Gesellschafter bzw. an eine ihm nahestehende Person gibt es keine festen Regeln (vgl. BFH-Rechtsprechung). Die oberen Grenzen sind im jeweiligen Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Innerbetriebliche und außerbetriebliche Merkmale können einen Anhaltspunkt für die Schätzung bieten. Für die Geschäftsführerbezüge sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehaltes zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen als Beurteilungskriterien heranzuziehen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. Die Schätzung des angemessenen Pachtzinses richtet sich nach der üblichen Miete für Objekte vergleichbarer Art, Ausstattung und Lage.
5. NV: Der BFH kann als Revisionsgericht die Schätzung des FG nur daraufhin prüfen, ob der Rechtsbegriff Schätzung richtig angewendet wurde und ob alle nach den Denkgesetzen und nach den Erfahrungssätzen für die Schätzung wesentlichen Tatsachen in die Würdigung einbezogen wurden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
KStG 1977 § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 2 Sätze 2-3; KStG 1984 § 54 Abs. 7; KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2; FGO § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 2; AO 1977 § 162
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1972 gegründete GmbH. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war im Streitjahr 1982 A. A war von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit.
Die Klägerin schloß am 3.Mai 1975 mit A einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Danach hatte A Anspruch auf ein Monatsgehalt von 3 000 DM. Dafür mußte er an fünf Arbeitstagen in der Woche von 8.00 bis 17.00 Uhr für die Klägerin tätig sein. Am 15.Dezember 1978 änderten A und die Klägerin den Arbeitsvertrag dahingehend, daß A ab dem 1.Januar 1979 10,5 Stunden pro Arbeitstag und samstags fünf Stunden arbeiten sollte. Dafür erhielt er ein Gehalt von 4 500 DM pro Monat, das durch Vereinbarung vom 16.Dezember 1981 für die Zeit ab dem 1.Januar 1982 auf 7 800 DM angehoben wurde. Am 16.März 1982 wurde das Monatsgehalt mit Wirkung ab dem 1.April 1982 "aufgrund Mehrarbeit" auf 10 000 DM monatlich angehoben. Vereinbarungen über ein 13.Monatsgehalt wurden nicht getroffen.
Die Klägerin mietete außerdem von A und dessen Ehefrau E das sog. Betriebsgrundstück. Dazu schloß sie unter dem 30.November 1977 einen schriftlichen Pachtvertrag ab, wonach der Pachtzins 1 980 DM monatlich zuzüglich Umsatzsteuer betragen sollte. Zu diesem Vertrag existiert ein nicht unterschriebener Nachtrag vom 30.Oktober 1979, wonach die monatliche Pacht für die Lagerhalle einschließlich zweier Garagen ab dem 1.November 1979 800 DM zusätzlich betragen soll. Nach einem weiteren Nachtrag vom 15.Dezember 1980 wurde die monatliche Pacht für das Betriebsgrundstück auf 3 100 DM und für die Lagerhalle einschließlich der Garagen auf 1 400 DM erhöht. Außerdem sollte die Klägerin sich an den Kosten für Wasser, Kanal-, Fäkalien- und Straßenreinigung, für Müllabfuhr und Schornsteinfeger mit monatlich 450 DM beteiligen. Der Nachtrag vom 15.Dezember 1980 ist mit dem Stempelaufdruck der Klägerin und der Unterschrift des A versehen. Am 17.Dezember 1981 und am 16.März 1982 wurden weitere Nachträge zum Pachtvertrag niedergelegt. Danach wurde der Pachtzins für das Betriebsgrundstück zunächst auf 3 800 DM und später auf 4 000 DM und der für die Lagerhalle einschließlich der Garagen zunächst auf 1 500 DM und später auf 2 000 DM angehoben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah im Körperschaftsteuerbescheid 1982 vom 23.August 1984 nur zwölf Monatsgehälter a 7 800 DM und eine Monatspacht von insgesamt 3 500 DM als angemessen an. Die Differenzbeträge zum tatsächlich gezahlten Gehalt (123 400 DM ./. 93 600 DM = 29 800 DM) und zur tatsächlich gezahlten Pacht (69 900 DM ./. 42 000 DM = 27 900 DM) sah er sowohl als verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 als auch als andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 an. Der Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 führte zu einer Minderung des Steuerbilanzverlustes in Höhe von 57 700 DM. Er wirkte sich auf die tarifliche Körperschaftsteuer nicht weiter aus. Der Ansatz einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 führte laut Körperschaftsteuerbescheid ausschließlich zu einer Körperschaftsteuererhöhung von 32 456 DM.
Der Einspruch blieb erfolglos. Auf die Klage der Klägerin erhob das Finanzgericht (FG) Beweis über die Angemessenheit der Pachtzinszahlungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Nach Abschluß der Beweisaufnahme wies es die Klage ab.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977.
Sie beantragt, das Urteil des FG des Saarlandes vom 6.März 1987 1 K 260/85 aufzuheben und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1982 dahin zu ändern, daß sämtliche Gehaltszahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer sowie sämtliche Pachtzahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer und dessen Ehefrau als Betriebsausgaben abgesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG hat in den Mittelpunkt seiner Entscheidung die Frage gestellt, ob die Gehalts- und Pachtzahlungen der Klägerin an A bzw. an E zu verdeckten Gewinnausschüttungen i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 führten. Diese Frage ist jedoch nur teilweise entscheidungserheblich. Auch bei Ansatz der von der Klägerin bestrittenen verdeckten Gewinnausschüttungen ergibt sich für das Streitjahr 1982 ein negatives Einkommen. Die Frage ist deshalb für die Höhe der tariflichen Körperschaftsteuer 1982 ohne Bedeutung. Diese beträgt in jedem Fall 0 DM. Die Frage ist allerdings von Bedeutung für die Höhe des vom FA in dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid fingiert festgestellten Einkommens 1982. Das FG hätte deshalb das Klagebegehren der Klägerin dahin auslegen müssen, daß diese die anderweitige Feststellung des Einkommens 1982 und außerdem die Überprüfung der Körperschaftsteuerfestsetzung 1982 begehrte. Der Senat kann die entsprechende Auslegung des Klagebegehrens in eigener Zuständigkeit nachholen, weil der Klageantrag eine Prozeßhandlung ist, deren Nachprüfung zu den Aufgaben eines Revisionsgerichts gehört (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 118 Rdnr.36).
2. FA und FG sind im Streitfall sachlich zutreffend von einem Einkommen 1982 der Klägerin in Höhe von ./. 70 971 DM ausgegangen. ++/ Dies ergibt sich im einzelnen aus folgenden Überlegungen:
a) Nach § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 mindern u.a. verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen nicht. Dies bedeutet, daß sie hinzugerechnet werden müssen, soweit sie bei der rechnerischen Einkommensermittlung abgesetzt wurden. In diesem Sinne haben FA und FG zutreffend das Einkommen 1982 der Klägerin um 57 700 DM erhöht.
b) Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28.Juni 1989 I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854). Für die Mehrzahl der entschiedenen Fälle hat der BFH seit dem Urteil vom 16.März 1967 I 261/63 (BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626) die Veranlassung einer Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Bei einem beherrschenden Gesellschafter kann die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Vermögensminderung auch darin bestehen, daß die Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter ein Entgelt zahlt oder zu zahlen verpflichtet ist, obwohl es hierfür an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 24.Mai 1989 I R 90/85, BFHE 157, 168, BStBl II 1989, 800).
c) Zu diesen Tatbestandsvoraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs.2 FGO) festgestellt, daß A im Streitjahr 1982 alleiniger Gesellschafter der Klägerin war. A war deshalb beherrschender Gesellschafter der Klägerin i.S. der o.g. Rechtsprechung. Die Klägerin zahlte dem A ab dem 1.April 1982 ein Monatsgehalt von 10 000 DM und außerdem ein sog. 13.Monatsgehalt. Ein 13.Monatsgehalt wurde zwar auch in den Jahren 1980 und 1981 an A gezahlt. Es ist jedoch weder in dem Geschäftsführervertrag vom 3.Mai 1975 noch in den Nachträgen zu diesem Vertrag vereinbart. Das FG hat außerdem die über den Betrag von 7 800 DM monatlich hinausgehenden Gehaltszahlungen als unangemessen beurteilt.
Die Klägerin zahlte ferner seit dem 1.Januar 1982 an A bzw. an E einen Pachtzins von insgesamt 5 300 DM für die nutzungsweise Überlassung eines Gebäudes, einer Lagerhalle und sonstiger Freiflächen. Ab dem 1.April 1982 wurde der Pachtzins auf 6 000 DM monatlich erhöht. Das FG hat nur einen Pachtzins von 3 500 DM monatlich als Betriebsausgaben berücksichtigt.
d) Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen hat das FG zu Recht eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 insoweit angenommen, als die Klägerin dem A für 1982 ein 13.Monatsgehalt bezahlte. Bezüglich dieses 13.Monatsgehaltes fehlt es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung. Eine Vereinbarung ist im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BFH in BFHE 157, 168, BStBl II 1989, 800, m.w.N.) nur dann klar und von vornherein vereinbart, wenn ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, daß die Leistung der Kapitalgesellschaft aufgrund einer entgeltlichen Vereinbarung mit dem Gesellschafter erbracht wurde. Dazu ist zwar der Abschluß einer schriftlichen Vereinbarung nicht erforderlich. Jedoch setzt die steuerliche Berücksichtigung mündlich abgeschlossener Vereinbarungen voraus, daß eine von vornherein bestehende Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft zweifelsfrei festgestellt werden kann. Daran fehlt es im Streitfall. Festgestellt ist nur, daß die Klägerin dem A auch in den Jahren 1980 und 1981 ein 13.Monatsgehalt zahlte. Daraus folgt jedoch nicht notwendigerweise die Verpflichtung der Klägerin, dem A auch für 1982 ein 13.Monatsgehalt zu zahlen. Die in 1980 und 1981 geleisteten Zahlungen können ihrer Art nach freiwillige gewesen sein, die keine Rechtsansprüche des A für die Zukunft begründeten. Auf die Branchenüblichkeit kommt es insoweit nicht an, weil nur über die steuerliche Abgrenzung zwischen einer betrieblich veranlaßten und einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Leistung der Klägerin zu entscheiden ist.
e) Die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 durch das FG ist revisionsrechtlich auch insoweit nicht zu beanstanden, als die Klägerin im Jahre 1982 dem A ein Gehalt von mehr als 7 800 DM pro Monat und dem A bzw. der E einen Pachtzins von mehr als 3 500 DM pro Monat zahlte. Dazu ist im Grundsatz davon auszugehen, daß es sowohl für die Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge eines Gesellschafters als auch für die Angemessenheit von Pachtzahlungen an den Gesellschafter bzw. an eine ihm nahestehende Person keine festen Regeln gibt (vgl. BFH-Urteile vom 5.Oktober 1977 I R 230/75, BFHE 124, 164, BStBl II 1978, 234, und in BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854). Die oberen Grenzen sind im jeweiligen Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Inner- und außerbetriebliche Merkmale können einen Anhaltspunkt für die Schätzung bieten. Für die Geschäftsführerbezüge sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehaltes zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen als Beurteilungskriterien heranzuziehen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. Die Schätzung des angemessenen Pachtzinses richtet sich nach der üblichen Miete für Objekte vergleichbarer Art, Ausstattung und Lage. Die Schätzungen obliegen grundsätzlich dem FG (§ 96 Abs.1 Satz 1 FGO). Dabei zählt es zum Bereich der vom FG zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen (§ 118 Abs.2 FGO), welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der gezahlten Vergütungen im Einzelfall einzuräumen ist. Der BFH kann als Revisionsgericht die Schätzung nur daraufhin prüfen, ob der Rechtsbegriff Schätzung richtig angewendet wurde und ob alle nach den Denkgesetzen und nach den Erfahrenssätzen für die Schätzung wesentlichen Tatsachen in die Würdigung einbezogen wurden (vgl. BFH-Urteile vom 25.Februar 1958 I 337/56 U, BFHE 66, 596, BStBl III 1958, 229, und in BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854).
f) Auf diesem Hintergrund ergibt sich für den Streitfall folgendes:
aa) Das FG hat seine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach nicht verkannt. Es hat die Schätzung der angemessenen Geschäftsführerbezüge an den o.g. Beurteilungskriterien ausgerichtet und dabei ein besonderes Schwergewicht auf die Höhe der Gehaltssteigerungen und auf die künftigen Ertragsaussichten der Klägerin gelegt. Den angemessenen Pachtzins hat es auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens geschätzt, das sich seinerseits u.a. auf Vergleichsobjekte stützt.
bb) Dem FG sind bei seinen Schätzungen auch keine Denkfehler oder Verstöße gegen Erfahrungssätze unterlaufen:
aaa) Der Vorwurf der Klägerin, daß sich aus der Art der Tätigkeit des A eine durchaus unüblich lange Arbeitszeit ergebe, geht fehl. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz dahin, daß ein angestellter Handwerksmeister länger arbeiten müsse als Angestellte in einem anderen Berufszweig bzw. als Angestellte einer anderen beruflichen Qualifikation. Soweit deshalb im Einzelfall eine entsprechende Mehrarbeit geleistet wurde, muß das FG dies in tatsächlicher Hinsicht feststellen, wenn der BFH dies als Revisionsgericht berücksichtigen können soll. Soweit das FG --wie im Streitfall-- keine entsprechende Feststellung trifft, muß der Revisionskläger zulässige und begründete Revisionsrügen bezüglich der unterlassenen Feststellung erheben. An beidem fehlt es. Das FG hat die von der Klägerin geltend gemachte Mehrarbeit des A in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt. Die Klägerin hat mit ihrer Revisionsbegründung insoweit keine Revisionsrügen erhoben. Damit kann das Vorbringen revisionsrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden.
bbb) Auch der Vorwurf der Klägerin, das FG habe aus einem zu niedrigen Arbeitslohn der Vorjahre auf ein überhöhtes Gehalt geschlossen, greift nicht durch. Zwar hat das FG die Vorjahresgehälter in tatsächlicher Hinsicht festgestellt. Jedoch sind keine Anhaltspunkte für die Annahme festgestellt, daß diese Gehälter zu niedrig gewesen sein sollten. Immerhin stiegen sie von 1975 auf 1976 von 24 000 DM auf 36 000 DM (*= + 50 v.H.), von 1978 auf 1979 von 36 000 DM auf 54 000 DM (*= + 50 v.H.), von 1979 auf 1980 von 54 000 DM auf 65 000 DM (*= + 20,4 v.H.), von 1980 auf 1981 von 65 000 DM auf 84 500 DM (*= + 30 v.H.) und von 1981 auf 1982 von 84 500 DM auf 123 400 DM (*= + 46 v.H.). Die erheblichen und weit über dem Durchschnittlichen liegenden Steigerungsraten lassen nur den Schluß zu, daß der möglicherweise noch bis 1978 vorhandene Nachholbedarf jedenfalls in 1981 ausgeglichen war.
ccc) Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe nicht berücksichtigt, daß sie die degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) in Anspruch genommen habe, wodurch der Gewinn in den Vergleichsjahren gemindert worden sei, handelt es sich um die Rüge der Nichtberücksichtigung des klaren Inhalts der Akten durch das FG. Diese Rüge ist jedoch in unzulässiger Weise erhoben. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbegründung nicht dargelegt, weshalb die tatsächlichen Feststellungen des FG im Widerspruch zu dem Akteninhalt stehen. Dies hätte die Darlegung erfordert, daß sich aus einer zu bestimmenden Stelle der Akten etwas anderes ergibt als das, was vom FG festgestellt wurde. Daran fehlt es im Streitfall.
ddd) Entgegen der Auffassung der KLägerin spricht die Art der Entgeltserhöhungen sehr wohl für die Absicht der Klägerin und ihres Geschäftsführers, die Gewinne abzusaugen. Erhöht man nämlich die vom FG festgestellten Gewinne und Verluste 1979 bis 1982 um die Geschäftsführergehälter und die Pachtzinsen, so ergibt sich folgende Entwicklung:
1979 1980 1981 1982
---- ---- ---- ----
DM DM DM DM
festgestellter
Gewinn/Verlust 4 831 32 734 24 952 ./. 93 275
Gehalt 54 000 65 000 84 500 123 400
Pachtzins 32 409 45 261 52 876 69 900
------ ------ ------ ------
berichtigter
Gewinn 91 240 142 995 162 328 100 025.
Die Zahlen zeigen, daß die Klägerin bei steigenden Umsätzen (1979 bis 1981) auch steigende "berichtigte Gewinne" erwirtschaftete. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde dafür Sorge getragen haben, daß die Klägerin an den so ermittelten "Gewinnsteigerungen" angemessen beteiligt wurde. In keinem Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sich auf eine Vereinbarung eingelassen haben, die für die Klägerin eine reale Gewinnminderung trotz eines gestiegenen "berichtigten Gewinnes" bedeutet hätte. Zwar erzielte die Klägerin in 1982 auch dann einen Verlust, wenn man dem HB-Gewinn die vom FA angenommenen verdeckten Gewinnausschüttungen hinzurechnet. Jedoch ist dieser Verlust auf möglicherweise nicht vorhersehbare Umsatzeinbußen in 1982 zurückzuführen. Ungeachtet dessen bestand aus der Sicht des Jahres 1981 keine Veranlassung, das Gehalt des Geschäftsführers um rd. 39 000 DM zu erhöhen. Auf der Grundlage des für 1981 erzielten Betriebsergebnisses bedeutete diese Gehaltserhöhung, daß der Gewinn der Klägerin von rd. 25 000 DM in einen Verlust von rd. 14 000 DM umgewandelt wurde. Dem hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nicht zugestimmt. Er hätte bei möglichen Gehaltserhöhungen stets darauf geachtet, ob sie aus dem "erwarteten Mehrergebnis" bezahlt werden können. Dabei hätte er auch die Gefahr von Umsatzeinbußen berücksichtigt und sich darum bemüht, den in einem solchen Fall drohenden Verlust so gering wie möglich zu halten.
eee) Die Klägerin wendet zu Unrecht ein, bei dem Verhältnis des Geschäftsführergehaltes zur verbleibenden Kapitalverzinsung müsse von dem Einkommen der Klägerin ausgegangen werden. Dies widerspricht der in BFHE 124, 164, BStBl II 1978, 234 und in BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854 vertretenen Auffassung.
fff) Ebensowenig ist es zu beanstanden, wenn das FG bei der Schätzung des angemessenen Geschäftsführergehaltes dem äußeren Betriebsvergleich kaum Bedeutung beigemessen hat. Die entsprechende Entscheidung liegt im Bereich der Schätzungsbefugnis des FG.
ggg) Soweit die Klägerin dem vom FG durchgeführten inneren Betriebsvergleich die Tatsache entgegenhält, daß die Klägerin keinen weiteren qualifizierten Handwerker beschäftigte, folgt daraus denkgesetzlich nicht, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter deshalb ein höheres Gehalt bezahlt hätte.
hhh) Ebensowenig greifen die Einwendungen gegen die Schätzung des angemessenen Pachtzinses durch das FG durch. Das FG hat seine Schätzung auf ein Sachverständigengutachten gestützt. Der Sachverständige hat seinerseits dem Gutachten fünf Vergleichsobjekte zugrunde gelegt. Die Einwendungen der Klägerin zielen nur auf eines der fünf Vergleichsobjekte. Sie führen überdies --was das FG in den Entscheidungsgründungen zutreffend hervorgehoben hat-- allenfalls zu einer niedrigeren angemessenen Pacht.
iii) Soweit die Klägerin geltend macht, die Vergleichsobjekte seien mit erheblichen Eigenleistungen der Pächter erstellt worden, handelt es sich um vom FG nicht festgestellten Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann.
kkk) Schließlich war der gemeine Wert der von der Klägerin gepachteten Gebäude und Grundstücksflächen für die Schätzung des FA ohne Bedeutung. Deshalb können die entsprechenden Einwendungen der Klägerin die Richtigkeit der Schätzung des FG nicht in Frage stellen. /++
3. Das FG hat jedoch in tatsächlicher Hinsicht keine ausreichenden Feststellungen getroffen, um die Erhöhung der Körperschaftsteuer 1982 gemäß § 27 Abs.1 KStG 1977 um 32 456 DM dem Grunde und der Höhe nach revisionsrechtlich überprüfen zu können. Dies ist ein von Amts wegen zu beachtender materiell-rechtlicher Fehler der Vorentscheidung, der zu deren Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG führt.
a) Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 ist nur dann zugleich andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977, wenn die der Vermögensminderung entsprechenden Mittel bei der Kapitalgesellschaft abfließen (vgl. BFH-Urteile vom 9.Dezember 1987 I R 260/83, BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460, und in BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854). Außerdem ändert sich die Körperschaftsteuer nur für den Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in das die andere Ausschüttung fällt, d.h. in dem sie bei der Kapitalgesellschaft abfließt. Deshalb ist es erforderlich, in tatsächlicher Hinsicht festzustellen, wann die Gehalts- und Pachtzahlungen, die als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sind, bei der Klägerin abflossen. Daran fehlt es im Streitfall.
b) Nach § 27 Abs.1 KStG 1977 mindert oder erhöht sich im Falle einer Ausschüttung die Körperschaftsteuer um den Unterschiedsbetrag zwischen der eingetretenen Belastung des Eigenkapitals (Tarifbelastung), das nach § 28 KStG 1977 als für die Ausschüttung verwendet gilt, und der Belastung, die sich hierfür bei Anwendung eines Steuersatzes von 36 vom Hundert des Gewinns vor Abzug der Körperschaftsteuer ergibt (Ausschüttungsbelastung). Die entsprechende Ermittlung der Körperschaftsteuer-Minderung bzw. -Erhöhung setzt in tatsächlicher Hinsicht die Feststellung der eingetretenen Belastung des Eigenkapitals (Tarifbelastung) voraus, das nach § 28 KStG 1977 als für die Ausschüttung verwendet gilt. Auch daran fehlt es im Streitfall.
c) Die Feststellungen nachzuholen, ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.
4. Für den zweiten Rechtszug weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Fällt eine verdeckte Gewinnausschüttung, die bei der Kapitalgesellschaft im Jahre 1982 abfließt, mit einer sog. offenen Ausschüttung zusammen, die im Jahre 1983 beschlossen wird und bei der Kapitalgesellschaft abfließt, jedoch die Verteilung des Gewinns 1981 zum Inhalt hat, so sind beide Ausschüttungen, sofern die Kapitalgesellschaft einen Antrag gemäß § 54 Abs.7 KStG 1984 stellt, mit dem verwendbaren Eigenkapital zum 31.Dezember 1982 zu verrechnen (§ 29 Abs.2 Sätze 2 und 3 KStG 1977). Führt die Verrechnung sowohl zu einer Körperschaftsteuer-Minderung als auch zu einer Körperschaftsteuer-Erhöhung, so ist darüber zu befinden, für welchen Veranlagungszeitraum die Körperschaftsteuer-Minderung und für welchen die Körperschaftsteuer-Erhöhung eintritt. Im KStG 1977 ist diese Frage nicht unmittelbar geregelt. In Abschn.78 Abs.2 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1985 geht die Finanzverwaltung von einer dem Umfang der Ausschüttungen entsprechenden anteiligen Minderung bzw. Erhöhung aus. Der erkennende Senat sieht in dieser Regelung eine sachgerechte Gesetzeslückenausfüllung, weil durch sie der Rechtsgedanke der in § 29 Abs.2 Sätze 2 und 3 KStG 1977 getroffenen Regelung konsequent zu Ende geführt wird.
Fundstellen
Haufe-Index 63497 |
BFH/NV 1990, 60 |
BStBl II 1990, 651 |
BFHE 160, 241 |
BFHE 1991, 241 |
BB 1990, 1401 |
BB 1990, 1401-1403 (LT) |
DB 1990, 1545-1546 (LT) |
HFR 1990, 571 (LT) |
StE 1990, 255 (K) |