Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Zurechnung von GmbH-Anteilen, die den Gesellschaftern einer Personengesellschaft gehören, zum Betriebsvermögen dieser Gesellschaft.
Normenkette
BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des BewG-ÄndG 1965 § 56 Abs. 1 Nr. 5; BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des BewG-ÄndG 1965 § 62 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin, eine OHG, ist durch Umwandlung aus einer KG hervorgegangen. Das Vermögen der KG wurde, soweit es nicht aus Grundbesitz bestand, auf die Gesellschafter übertragen. Diese brachten es in eine gleichzeitig gegründete GmbH ein. Die Klägerin vermietete den ihr verbliebenen Grundbesitz an die GmbH.
Bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1961 durch Bescheid vom 17. Mai 1962 setzte das FA auch die Anteile der Gesellschafter der Klägerin an der GmbH unter Berufung auf das Urteil des BFH I 131/59 S vom 8. November 1960 (BFH 71, 706, BStBl III 1960, 513) als notwendiges Betriebsvermögen an.
Mit dem Einspruch wandte sich die Klägerin gegen den Ansatz der GmbH-Anteile der Gesellschafter bei ihrem Betriebsvermögen. Das Urteil I 131/59 S (a. a. O.) sei in einer Einkommensteuer-, nicht aber in einer Vermögensteuersache ergangen. Es betreffe zudem einen Fall, in dem eine Betriebsgesellschaft und eine Besitzgesellschaft vorhanden gewesen seien. Das gesamte Anlagevermögen habe in diesem Fall der Besitzpersonengesellschaft gehört, während die Betriebs-GmbH nur Umlaufvermögen gehabt habe. Der Betrieb der GmbH habe also in diesem Fall ohne das der Personengesellschaft gehörende Anlagevermögen nicht geführt werden können. Sie, die Klägerin, habe dagegen nur den Grundbesitz. Das gesamte übrige Anlagevermögen gehöre der GmbH. Es komme hinzu, daß die GmbH ein ...-Werk betreibe. Ein solcher Betrieb werde häufig auf gemietetem Gelände unterhalten.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auch die Berufung war erfolglos. Auf Antrag des FA setzte das FG jedoch aus einem anderen Grunde den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1961 herab. Es berücksichtigte Schuldverpflichtungen der Gesellschafter der Klägerin gegenüber der GmbH, die dadurch entstanden sind, daß das von den Gesellschaftern in die GmbH eingebrachte Vermögen der KG unrichtig ausgewiesen war. Das FA ist der Auffassung, daß auch diese Schuldverpflichtungen der Gesellschafter zum Betriebsvermögen der Klägerin gehören. Das FG ist dieser Auffassung beigetreten. Es führt im wesentlichen aus: Nach der Rechtsprechung gehörten die GmbH-Anteile der Gesellschafter einer Personengesellschaft insbesondere dann zum notwendigen Betriebsvermögen dieser Personengesellschaft, wenn die von dieser Gesellschaft an die GmbH vermieteten Grundstücke eine wesentliche und notwendige Grundlage für den Betrieb der GmbH bildeten. Im Streitfall bestehe keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Klägerin und der GmbH sei offenbar vorhanden, da die vermieteten Betriebsgrundstücke zu den wesentlichen Grundlagen des Gewerbebetriebs der GmbH gehörten. Auch der Inhalt der Verträge und die für die Gründung der GmbH angeführten Umstände zeigten, daß es den Gesellschaftern nicht auf eine private Vermögensanlage, sondern auf eine weitere Beteiligung an der gewerblichen Betätigung angekommen sei. Auch für die Übernahme der Schuldverpflichtungen gegenüber der GmbH seien nicht private Gesichtspunkte, sondern die Erhaltung der Beteiligungen an der GmbH maßgebend gewesen.
Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, rügt die Klägerin unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Sie ist der Auffassung, daß die vom FG angeführte Rechtsprechung nicht auf den Streitfall angewandt werden könne. Es liege keine Betriebsaufspaltung im Sinne dieser Rechtsprechung vor. Von den Gesellschaftern habe nur ein inzwischen Verstorbener ein wirkliches geschäftliches Interesse an der GmbH gehabt, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er gewesen sei. Von den übrigen Gesellschaftern habe keiner auch nur das geringste Interesse an dem geschäftlichen Ergehen der GmbH. Sie sähen ihre Anteile als eine nach menschlichem Ermessen gut gesicherte Kapitalanlage an. Sie fühlten sich nicht als gewerbliche Unternehmer. Es könne deshalb auch nicht in Betracht kommen, die Klägerin, eine reine Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft, zu einem gewerblichen Betrieb zu stempeln. Die Gründung der Grundstücks-Gesellschaft sei erfolgt, um die Grundstücke aus der Haftung auszuschließen. Man könne die Grundstücke nicht zu einer wesentlichen und notwendigen Grundlage für den Betrieb der GmbH machen. Das grundlegende Urteil des BFH I 131/59 S (a. a. O.), auf das sich die Vorentscheidungen stützten, gelte nur für den Regelfall. Für den Streifall könne es nicht angewandt werden. Zudem widerspreche die Rechtsprechung des BFH verfassungsmäßigen Grundsätzen. Auch die Schuldverpflichtungen der Gesellschafter gegenüber der GmbH hätten mit dem Vermögen der Klägerin nichts zu tun. Die Klägerin beantragt, die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde so lange auszusetzen, bis über die Rechtsbeschwerden in ähnlich gelagerten Fällen und über eine Verfassungsbeschwerde entschieden worden sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Klägerin als OHG nur Betriebsvermögen haben kann. Das folgt aus § 56 Abs. 1 Nr. 5 BewG a. F., wie der Senat bereits in dem Urteil III 257/55 U vom 9. November 1956 (BFH 64, 36, BStBl III 1957, 14) entschieden hat.
Zuzustimmen ist dem FG im Ergebnis auch darin, daß die Anteile der Gesellschafter an der GmbH zum Betriebsvermögen der Klägerin gehören. Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft ist, wie der Senat in dem Urteil III 255/60 U vom 10. April 1964 (BFH 79, 334, BStBl III 1964, 354) ausgeführt hat, nicht etwa dadurch ausgeschlossen, daß diese Wirtschaftsgüter nicht der Gesellschaft selbst, sondern einem oder mehreren ihrer Gesellschafter angehören. Es kommt nur darauf an, ob diese Wirtschaftsgüter dem Betrieb der Gesellschaft dienen. Ist das der Fall, dann sind sie Betriebsvermögen der Gesellschaft. Das gilt auch für Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die sich in der Hand der Gesellschafter einer Personengesellschaft befinden. Auch sie sind dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft zuzurechnen, wenn sie deren Betrieb dienen (vgl. BFH-Urteil III 33/62 vom 28. August 1964, HFR 1965, 5). Dabei ist es unerheblich, ob zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft ein Über- oder Unterordnungsverhältnis oder ein sonstiger Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit gegeben ist. Entscheidend ist allein, daß die Anteile an der Kapitalgesellschaft für die Gesellschafter der Personengesellschaft nicht eine Kapitalanlage für Privatvermögen darstellen, sondern den Zwecken der Personengesellschaft dienen. Diese Voraussetzung hat das FG im Streitfall mit Recht als erfüllt angesehen. Die Einwendungen, die die Klägerin dagegen vorbringt, liegen neben der Sache. Es kommt nicht darauf an, daß der einzelne Gesellschafter an der geschäftlichen Entwicklung der GmbH interessiert ist. Entscheidend ist vielmehr, daß die GmbH als Grundstücksmieterin ausschließlich von den Gesellschaftern der Klägerin beherrscht wird und die Grundstücke der Klägerin so am günstigsten verwertet werden können. Die Nutzung der Grundstücke der Klägerin durch die GmbH war von Anfang an gewollt. Auf diesen Zweck waren die bei der Umwandlung der früheren KG in die Klägerin und bei der gleichzeitigen Gründung der GmbH getroffenen Vereinbarungen abgestimmt. Das zeigt sich besonders deutlich darin, daß die Beteiligungen an der GmbH jeweils den Beteiligungen an der Klägerin entsprachen und sich an diesen Beteiligungsverhältnissen auch später nichts ändern sollte. Nach diesem Sachverhalt konnte das FG ohne Rechtsirrtum zu der Überzeugung kommen, daß der Besitz der GmbH-Anteile für die Gesellschafter der Klägerin keine Kapitalanlage für ihr Privatvermögen sein soll, sondern geschäftlichen Zwecken dient, nämlich der Fortführung des Betriebs der früheren KG lediglich in anderer Rechtsform.
Das FG hat auch zu Recht die Schuldverpflichtungen der Gesellschafter gegenüber der GmbH beim Betriebsvermögen der Klägerin berücksichtigt. Nach § 62 Abs. 1 BewG a. F. sind zur Ermittlung des Einheitswerts eines gewerblichen Betriebs vom Rohvermögen diejenigen Schulden abzuziehen, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Da nach den obigen Ausführungen die GmbH-Anteile der Gesellschafter zum Betriebsvermögen der Klägerin gehören, waren auch die Schuldverpflichtungen der Gesellschafter gegenüber der GmbH nach dieser Vorschrift als Betriebsschulden der Klägerin zu behandeln. Denn diese Schuldverpflichtungen stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den GmbH-Anteilen. Sie sind dadurch entstanden, daß das von den Gesellschaftern in die GmbH eingebrachte Vermögen zu hoch angegeben war. Die GmbH-Anteile sind jedoch der Gegenwert für die Einbringung dieses Vermögens gewesen.
Dem Antrag der Klägerin, das Verfahren auszusetzen, konnte nicht entsprochen werden, weil die Voraussetzungen des § 74 FGO nicht vorliegen.
Fundstellen
Haufe-Index 68214 |
BStBl II 1968, 814 |
BFHE 1968, 483 |