Leitsatz

Das für die Beschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der erfolglos einen Beschluss über die Entlastung des Verwaltungsbeirat angefochten hat, bemisst sich nach dem regelmäßig mit 500 EUR anzusetzenden Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat hat, zuzüglich des klägerischen Anteils an etwaigen Ersatzansprüchen gegen den Verwaltungsbeirat, auf die die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses gestützt wird.

 

Normenkette

EGZPO § 26 Nr. 8

 

Das Problem

Die Wohnungseigentümer beschließen, die Verwaltungsbeiräte zu entlasten. Wohnungseigentümer K geht im Wege der Anfechtungsklage gegen diesen Beschluss vor. Das Amtsgericht weist die Anfechtungsklage ab. Das Landgericht verwirft die Berufung als unzulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteige 600 EUR nicht. Die Beschwer bestimme sich einerseits nach möglichen Ansprüchen gegen den Verwaltungsbeirat und andererseits nach dem Wert, den die mit der Entlastung verbundene Bekräftigung der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Wohnungseigentümer mit diesem habe. Während dieser Wert bei dem Verwalter mit 1.000 EUR anzusetzen sei, erscheine hinsichtlich der Entlastung des Verwaltungsbeirats die Hälfte dieses Wertes von 500 EUR als angemessen. Mit der Rechtsbeschwerde will K weiterhin erreichen, dass der Beschluss für ungültig erklärt wird. Teilweise mit Erfolg!

 

Die Entscheidung

Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lasse sich eine 600 EUR übersteigende Beschwer im Sinne von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (noch) nicht verneinen.

Entlastung oder Nichtentlastung des Verwalters

Der Senat habe bereits entschieden, dass das Interesse an der Entlastung oder Nichtentlastung des Verwalters nach den möglichen Ansprüchen gegen diesen und nach dem Wert, den die mit der Entlastung verbundene Bekräftigung der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Wohnungseigentümer mit dem Verwalter habe, zu bestimmen sei. Den Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwalter habe, setze der Senat, wenn besondere Anhaltspunkte für einen höheren Wert fehlten, regelmäßig mit 1.000 EUR an (Hinweis auf BGH v. 31.3.2011, V ZB 236/10, NJW-RR 2011 S. 1026 Rn. 10 ff.). Er trete regelmäßig zu dem Wert etwaiger Ersatzansprüche gegen den Verwalter hinzu (Hinweis auf BGH v. 17.3.2016, V ZB 166/13, WuM 2016 S. 312 Rn. 11 f.).

Entlastung oder Nichtentlastung der Verwaltungsbeiräte

  1. Werde die Entlastung der Verwaltungsbeiräte erfolglos angefochten, werde der Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit diesem hat, teilweise ebenfalls mit 1.000 EUR bemessen (Hinweis unter anderem auf LG München I v. 2.11.2015, 1 S 19287/13 WEG, Rn. 14 – juris). Nach "verbreiteter Auffassung" solle dagegen nur ein Wert von 500 EUR anzusetzen sein, soweit besondere Anhaltspunkte für einen höheren Wert fehlten (Hinweis unter anderem auf LG Berlin v. 9.1.2015, 55 T 38/14 WEG, ZWE 2015, 378 und LG Lüneburg v. 26.9.2011, 9 S 29/11, ZMR 2012, 296, 297 – jeweils zu § 49a GKG). Insoweit werde das klägerische Interesse teils ohne Rücksicht auf bestimmte Forderungen, wegen derer die Entlastung verweigert werden solle, pauschal mit 500 EUR veranschlagt (so zu § 49a GKG LG Berlin v. 9.1.2015, 55 T 38/14 WEG, ZWE 2015, 378). Andere Gerichte rechneten den Wert von 500 EUR zu dem klägerischen Anteil an möglichen Ersatzansprüchen gegen den Verwaltungsbeirat hinzu (Hinweis für die Rechtsmittelbeschwer auf LG Düsseldorf v. 2.10.2013, 25 S 53/13, ZMR 2014 S. 389).
  2. Der Senat halte die zuletzt genannte Vorgehensweise für zutreffend. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der erfolglos einen Beschluss über die Entlastung der Verwaltungsbeiräte angefochten habe, messe sich nach dem regelmäßig mit 500 EUR anzusetzenden Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat habe, zuzüglich des klägerischen Anteils an etwaigen Ersatzansprüchen gegen den Verwaltungsbeirat, auf die die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses gestützt werde. Ob das Bestehen von Ersatzansprüchen möglich erscheine, sodass die Entlastung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche, sei dabei eine Frage der Begründetheit.
  3. Daran gemessen halte es rechtlicher Nachprüfung nicht stand, dass das Berufungsgericht die Beschwer pauschal mit 500 EUR bemesse, ohne sich damit auseinanderzusetzen, womit K die Anfechtung der Entlastung begründet habe. Sollte sie sich auf konkrete Forderungen stützen, wäre ihr Anteil hieran zu dem Wert von 500 EUR hinzuzurechnen. Ob die so ermittelte Beschwer die Berufungssumme von 600 EUR übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), könne noch der Senat nicht abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht dazu keine Feststellungen getroffen und auf die tatbestandlichen Feststellungen des Amtsgerichts nicht Bezug genommen habe.
 

Kommentar

Anmerkung

Die "Entlastung" ist erstens die Billigung einer Amtsführung für einen bestimmten Zeitraum als dem Gesetz, der Gemeinsc...

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