Leitsatz (amtlich)
Für die Festsetzung von Kosten des Verfahrens auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids bei Rechtsnachfolge (einschl. Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren) ist das AG zuständig, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat.
Normenkette
ZPO § 104 Abs. 1 S. 1, § 724 Abs. 2, §§ 727, 796 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Coburg (Aktenzeichen 41 T 60/05) |
AG Coburg (Aktenzeichen 03-3255176-12-N und 20-N) |
Tenor
Zuständig ist das AG Coburg.
Gründe
I. Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens hatte vor dem AG - Zentrales Mahngericht - Coburg je einen Vollstreckungsbescheid gegen die D. GmbH und Herrn S. als gesamtschuldnerisch haftende Schuldner erwirkt. Die D. GmbH beantragte sodann mit der Behauptung, sie habe die Gläubigerin befriedigt, weshalb deren Forderung gegen den weiteren Schuldner S. kraft Gesetzes auf sie übergegangen sei, für sich als Rechtsnachfolgerin die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des gegen Herrn S. gerichteten Vollstreckungsbescheids. Das AG Coburg - Zentrales Mahngericht - gab dem Antrag statt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung des Schuldners S. wies es zurück. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners S. hob das LG Coburg die Entscheidungen des AG Coburg auf, erklärte die Zwangsvollstreckung aus der erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig und wies den Antrag auf ihre Erteilung zurück. Ferner legte das LG die Kosten des Beschwerdeverfahrens der D. GmbH auf.
Mit an das AG Coburg - Zentrales Mahngericht - gerichtetem Schreiben vom 18.5.2005 beantragte der anwaltliche Vertreter des Schuldners S. die Festsetzung der im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren entstandenen Anwaltskosten. Mit Beschl. v. 30.5.2005 erklärte sich das AG Coburg - Zentrales Mahngericht - für sachlich und örtlich unzuständig und verwies die Sache an das AG Essen, in dessen Bezirk die erstattungspflichtige D. GmbH ihren Sitz hat und das im Mahnbescheidsantrag als zuständiges Prozessgericht für die gegen die D. GmbH gerichtete Klage genannt worden war. Nach einer Weiterverweisung vom AG Essen an das AG Duisburg, in dessen Bezirk der Schuldner S. wohnt, und Rückverweisung der Sache vom AG Duisburg an das AG Essen erklärte sich das AG Essen mit Beschl. v. 5.9.2005 für örtlich unzuständig mit der Begründung, zuständiges Gericht des ersten Rechtszuges sei hier das AG Coburg. Das AG Essen hat die Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Zuständig zur Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag ist das AG Coburg; dieses Gericht ist "Gericht des ersten Rechtszuges" i.S.d. § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO.
1. Gemäß § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO entscheidet über einen Kostenfestsetzungsantrag das Gericht des ersten Rechtszuges. Darunter ist im Regelfall auch bei vorgelagertem Mahnverfahren nach dem Verhältnis, in dem dieses Verfahren zum eigentlichen Streitverfahren steht, nicht das Mahngericht, sondern dasjenige Gericht zu verstehen, das für den etwa nachfolgenden Rechtsstreit zuständig ist (BGH NJW 1991, 2084; BayObLG v. 17.9.2002 - 1 Z AR 113/02, Rpfleger 2003, 35; JurBüro 2004, 320; v. 2.2.2005 - 1Z AR 16/05, NJW-RR 2005, 1012; OLG Köln v. 21.12.1998 - 5 W 126/98, OLGReport Köln 1999, 203 = NJW-RR 1999, 1737; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rz. 21, Stichwort "Zuständigkeit"). Das gilt grundsätzlich auch für im Mahnverfahren entstandene Kosten, wenn es zur Inanspruchnahme des (fiktiven) Prozessgerichts nicht gekommen ist.
Hier liegt der Fall jedoch anders. Gegenstand des Kostenfestsetzungsantrags sind nicht im Mahnverfahren angefallene Kosten, sondern solche, die im Verfahren auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids für den präsumtiven Rechtsnachfolger des Gläubigers mit anschließendem Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren entstanden sind. Das ist ein eigenständiges Verfahren, das mit dem eigentlichen Streitverfahren (und dem diesem vorgelagerten Mahnverfahren) unmittelbar nichts zu tun hat. Für derartige Titelumschreibungen von Vollstreckungsbescheiden ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht das Streitgericht, sondern das Mahngericht als "Gericht des ersten Rechtszuges" zuständig, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat (BGH NJW 1993, 3141; vgl. § 724 Abs. 2, §§ 727, 796 Abs. 1 ZPO). Dann aber erscheint es nur folgerichtig, ebenfalls das Mahngericht, und nicht das Streitgericht, auch als "Gericht des ersten Rechtszuges" i.S.d. § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO anzusehen, wenn es - wie hier - um die Kosten dieses Titelumschreibungs-(Rechtsmittel-)Verfahrens geht. Die in anderen Fällen gebrauchte Argumentation, wonach im Hinblick auf das Verhältnis des vorgelagerten Mahnverfahrens zum nachfolgenden eigentlichen Streitverfahren das (fiktive) Streitgericht als "Gericht des ersten Rechtszuges" gilt, greift hier nicht ein. Die Titelumschreibung des Vollstreckungsbescheids ist ein anderer Verfahrensgegenstand, über den, folgt man der Rechtsprechung des BGH, auch im Streitfall gerade nicht das für die zugrunde liegende Forderung zuständige Str...