Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens im Bestimmungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt es nicht darauf an, ob die tatsächlichen Behauptungen des Antragstellers zum Vorliegen einer Streitgenossenschaft zutreffen. Dies gilt für das selbständige Beweisverfahren erst recht wegen § 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der für die Zuständigkeit, wenn Klage noch nicht erhoben ist, den Vortrag des Antragstellers für allein maßgebend erklärt.
2. Entscheidend für die Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 486 Abs. 3 ZPO zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist, ob die verlangte und sofort notwendige Beweiserhebung vor dem an sich zuständigen Hauptsachegericht nicht mehr rechtzeitig durchführbar wäre. Dagegen genügt die Besorgnis, dass der Verlust des Beweismittels drohe, für die Annahme einer Zuständigkeit nach dieser Vorschrift nicht.
Normenkette
StVZO §§ 21, 23, 29; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 485 Abs. 2 S. 1
Tenor
Als (örtlich) zuständiges Gericht wird das Landgericht Braunschweig bestimmt.
Gründe
I. Der im Amtsgerichtsbezirk Freising wohnhafte Antragsteller hat wegen behaupteter Mängel an einem von der Antragsgegnerin zu 1) erworbenen Kfz, das vor der Übergabe von der Antragsgegnerin zu 2) begutachtet worden ist, bei dem Amtsgericht Freising Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gestellt.
Der Antragsteller bringt vor, er habe mit der Antragsgegnerin zu 1) am 5. Januar 2018 einen schriftlichen Kaufvertrag über das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 34.500,00 EUR geschlossen, in dem ausdrücklich festgehalten worden sei, dass die Auslieferung mit einer H-Zulassung gemäß § 23 StVZO erfolge, somit in Verbindung mit der Hauptuntersuchung gemäß § 29 StVZO. Ferner habe es sich bei dem verkauften Kfz um ein Einzelfahrzeug gehandelt, das einer Betriebserlaubnis gemäß § 21 StVZO bedurft hätte; diese habe die Antragsgegnerin zu 1) trotz Aufforderung weder ausgehändigt noch vorgelegt oder nachgewiesen. Am 14. Juni 2018 habe die Antragsgegnerin zu 1) die Begutachtung gemäß § 23 StVZO und die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO bei der Antragsgegnerin zu 2) "besorgt". Nachdem der Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1) (gemeint: deren Komplementärin) das Fahrzeug am 19. Juni 2018 zunächst auf sich selbst zugelassen habe, sei am 4. Juli 2018 die Umschreibung auf ihn, den Antragsteller, erfolgt.
In der Folgezeit habe er das Fahrzeug nur in geringem Umfang genutzt. Im Sommer 2019 habe er dieses zur Durchsicht auf die Hebebühne einer Fachwerkstatt im Amtsgerichtsbezirk Freising gefahren, wo es vom dortigen Werkstattleiter von unten geprüft worden sei. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass er auf den ersten Blick diverse technische Probleme erkenne, denen zufolge das Kfz schon langfristig weder fahrtauglich noch betriebssicher gewesen sei; es hätte niemals eine Prüfplakette erhalten dürfen und es hätte so auch nicht als Oldtimer im Sinne des § 21 StVZO durchgehen können. Ein zufällig im Hause weilender TÜV-Mitarbeiter habe bestätigt, dass die erteilten Bescheinigungen und Freigaben nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnten; dies sei nicht der erste Fall, dem müsse nachgegangen werden. Ein höherer Mitarbeiter des TÜV habe sich dem angeschlossen und mitgeteilt, dass eine TÜVinterne Untersuchung vorgenommen werden müsse. Bis dahin dürfe das Fahrzeug nicht verändert und nicht gefahren werden. Es sei angedeutet worden, dass es hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2) bzw. des dortigen Prüfers wohl schon Probleme gegeben habe. Es würden Untersuchungen laufen.
Der Antragsteller bringt vor, er neige zu der Annahme, dass die von der Verkäuferin erholten und übergebenen Prüfergebnisse im bewussten und gewollten Zusammenwirken zwischen Prüfer und Auftraggeber zustande gekommen seien. Es stünden ihm nicht nur Gewährleistungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 1), sondern auch Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 2) zu.
Der Antragsteller hat beim Amtsgericht Freising zuletzt Sicherung des Beweises durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und Einnahme des Augenscheins durch den Sachverständigen zum Zustand des Fahrzeugs dahin beantragt, dass dieses nicht verkehrssicher sei, sondern erhebliche Mängel im Sinne des § 29 StVZO aufweise, die im Rahmen der Hauptuntersuchung am 14. Juni 2018 von der Antragsgegnerin zu 2) hätten festgestellt werden und zur Versagung der TÜV-Plakette hätten führen müssen,
dass sich das Fahrzeug in einem Zustand befinde, in dem ihm im Rahmen der Begutachtung am 14. Juni 2018 die Einstufung durch die Antragsgegnerin zu 2) als Oldtimer im Sinne des § 23 StVZO hätte versagt werden müssen sowie,
dass es sich bei dem zu begutachtenden Fahrzeugtyp um ein Einzelfahrzeug handele, das eine Betriebserlaubnis gemäß § 21 StVZO bzw. gemäß § 13 der EG- Fahrzeuggenehmigungsverordnung benötige, dem Fahrzeug in Anbetracht der vorhandenen Mängel und Defizite die Betriebserlaubnis und Bescheinigung...