Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung des Wehrdienstes auf Beschäftigungszeiten
Leitsatz (redaktionell)
„Langjährige Tätigkeit” i. S. des Vergütungstarifvertrags für das Bodenpersonal der Deutschen Lufthansa AG steht Bewährungszeiten i. S. des § 6 Abs. 4 Arbeitsplatzschutzgesetz gleich.
Normenkette
MTV § 14; ArbPlSchG § 6
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Urteil vom 28.02.1990; Aktenzeichen 5 Sa 97/89) |
ArbG Hamburg (Urteil vom 16.08.1989; Aktenzeichen 7 Ca 172/89) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Februar 1990 – 5 Sa 97/89 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 32jährige Kläger ist seit 30. Juni 1979 bei der Beklagten als Spezialfacharbeiter des Bodenpersonals beschäftigt. Beide Parteien gehören den tarifschließenden Verbänden für die Beschäftigten der Beklagten an.
Der Kläger erhielt seit 1. Juli 1983 als Spezialfacharbeiter II eine Vergütung nach VergGr. 8 Fallgruppe 31 des Vergütungstarifvertrags Nr. 26 für das Bodenpersonal der Beklagten. Vom 1. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1985 leistete er seinen Wehrdienst ab und nahm im Anschluß daran seine bisherige Tätigkeit bei der Beklagten wieder auf. Seit 1. Oktober 1987 vergütet die Beklagte den Kläger nach VergGr. 9 des Vergütungstarifvertrags.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Differenzbeträge zwischen den VergGr. 8 und 9 des Vergütungstarifvertrags für die Zeit vom 1. Juli 1986 bis 30. September 1987 in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt 2.516,17 DM brutto. Er hat die Auffassung vertreten, unter Anrechnung seiner Wehrdienstzeit erfülle er das Erfordernis der „langjährigen Tätigkeit” in VergGr. 9 bereits seit 1. Juli 1986, „Langjährige Tätigkeit” sei gleichbedeutend mit der Dauer der Berufszugehörigkeit, auf die nach § 6 Abs. 2 ArbPlSchG die Zeit des Grundwehrdienstes angerechnet werden müsse. Zumindest stehe ihm eine Zulage in Höhe des Differenzbetrags zwischen den VergGr. 8 und 9 in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbPlSchG zu. Denn wenn im Falle des infolge der Wehrdienstzeit verzögerten Bewährungsaufstiegs eine Zulage in Höhe des Differenzbetrags gezahlt werde, müsse dies erst recht dann gelten, wenn eine Höhergruppierung lediglich eine langjährige Tätigkeit erfordere. Dieses Tarifmerkmal stelle im Vergleich zum Bewährungsaufstieg geringere Anforderungen, da dieser zusätzlich die beanstandungsfreie Erfüllung der vertraglichen Leistungen während der Bewährungszeit erfordere. Letztlich ergebe sich der geltend gemachte Anspruch zumindest aus dem allgemeinen Benachteiligungsverbot des § 6 Abs. 1 ArbPlSchG.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.516,17 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich aus 1.007,38 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Januar 1987 und auf den sich aus 1.508,79 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Januar 1988 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, für das tarifliche Erfordernis der „langjährigen Tätigkeit” sei die Zeit des Wehrdienstes nicht zu berücksichtigen. Dieses Tarifmerkmal knüpfe für die Höhergruppierung an die konkrete Ausübung der Tätigkeit im Betrieb und die dadurch bedingte Steigerung der Erfahrung und Qualifikation an.
Damit sei weder der bloße rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses ausreichend, noch die Dauer der Zugehörigkeit zum Berufsbild des Spezialfacharbeiters II. Auch aus § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbPlSchG ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Diese Vorschrift sei speziell auf den Fall des Bewährungsaufstiegs im öffentlichen Dienst zugeschnitten. Das Tarifmerkmal der langjährigen Tätigkeit stelle aber wesentlich höhere Anforderungen für eine Höhergruppierung als eine Bewährungszeit. Es erfordere zumindest zufriedenstellende Leistungen, während für eine Bewährungszeit bereits eine den Anforderungen genügende Tätigkeit ausreiche. Ferner erfolge der Bewährungsaufstieg nach zeitlich genau fixierten Zeiträumen, woran es beim Tarifmerkmal „langjährig” fehle.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision unter Beschränkung des Zinsanspruchs auf die Zeit ab 19. Mai 1989.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage insoweit mit Recht stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger 2.516,17 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen. Denn ihm stehen für die Zeit vom 1. Juli 1986 bis 30. September 1987 die Differenzbeträge zwischen den VergGr. 8 und 9 als Zulage zu. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbPlSchG.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Vergütungstarifvertrag Nr. 26 Teil II (Eingruppierung) für das Bodenpersonal der Beklagten vom 15. November 1984 kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Danach sind in Gruppe 9 eingruppiert:
Mitarbeiter
1) der Gruppe 8, 1. Alternative,
die die Erlaubnis der Vollmachtsstufe II für zwei und mehr Musterberechtigungen in der Flugzeugwartung einsetzen
oder
- in Aufgabenstellungen der Flugzeugüberholung, die Anforderungen nach Schwierigkeitsgrad und Spezialkenntnissen über die Erlaubnis des Spezialfacharbeiters II hinausgehend stellen,
oder
2) die sich durch sehr gute, herausragende Leistungen aus der Gruppe 8 herausheben, sofern sie nicht nach Alternative 1 einzugruppieren sind,
z.B.:
…
19 Spezialfacharbeiter II sowie Facharbeiter und Werkfacharbeiter der Gruppe 8 mit guten, über dem Durchschnitt liegenden Leistungen oder nach langjähriger Tätigkeit in Gruppe 8.
Hierbei ist § 14 Abs. 3 des Manteltarif Vertrags Nr. 12 für das Bodenpersonal der Beklagten vom 16. Juli 1984 (MTV) zu berücksichtigen, der wie folgt lautet:
Der Anspruch des Mitarbeiters auf eine Eingruppierung in die nach Maßgabe der Absätze (1) und (2) zutreffende Vergütungsgruppe entsteht erst dann, wenn er in der vollzogenen Aufgabenwahrnehmung zufriedenstellende Leistungen erbringt.
Danach kann die Klageforderung nicht auf die Eingruppierung des Klägers in die VergGr. 9 ab 1. Juli 1986 gestützt werden. Denn der Kläger erfüllt die Merkmale der VergGr. 9 erst ab 1. Oktober 1987. Auf die allgemeinen Merkmale der Oberbegriffe der VergGr. 9 beruft sich der Kläger selbst nicht und hat hierzu auch nichts vorgetragen. Das für ihn allein in Betracht kommende Merkmal der Fallgruppe 19 „nach langjähriger Tätigkeit in Gruppe 8” erfüllt er erst ab 1. Oktober 1987. Unter „langjähriger Tätigkeit” ist nach ständiger Senatsrechtsprechung ein Zeitraum von drei Jahren zu verstehen (BAGE 46, 292, 306 = AP Nr. 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 31, 26, 37 = AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT 1975. mit weiteren Nachweisen). Danach verfährt auch die Beklagte bei der Vergütung ihrer Mitarbeiter. Eine dreijährige Tätigkeit in VergGr. 8 hat der Kläger aber erst am 1. Oktober 1987 erbracht. Er wurde zwar schon ab 1. Juli 1983 als Spezialfacharbeiter II beschäftigt und nach VergGr. 8 vergütet. Diese Tätigkeit war aber in der Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1985 unterbrochen, weil er in diesem Zeitraum seinen Wehrdienst ableistete. Dies bedeutet, daß der Dreijahres Zeitraum erst am 30. September 1987 ablief (1. Juli 1983 bis 30. September 1984 und 1. Januar 1986 bis 30. September 1987 = 36 Monate).
Die Zeit des Wehrdienstes kann entgegen der Auffassung des Klägers auf die „langjährige Tätigkeit in Gruppe 8” nicht angerechnet werden. § 6 Abs. 2 Satz 1 ArbPlSchG schreibt nur die Anrechnung des Grundwehrdienstes auf die Berufs- und Betriebszugehörigkeit vor. Darum geht es aber in der Fallgruppe 19 der VergGr. 9 nicht. Danach genügt eine langjährige Berufs- oder Betriebs Zugehörigkeit nicht für eine Eingruppierung in die VergGr. 9, sondern es wird eine langjährige Tätigkeit „in Gruppe 8” als Spezialfacharbeiter II gefordert.
Dem Kläger steht der geforderte Differenzbetrag aber als Zulage in entsprechender Anwendung von § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbPlSchG zu. Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 ArbPlSchG wird die Zeit des Grundwehrdienstes auf Bewährungszeiten, die für die Einstufung in eine höhere Lohn- oder Vergütungsgruppe vereinbart sind, nicht angerechnet. Zum Ausgleich dadurch entstehender finanzieller Nachteile bestimmt § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbPlSchG, daß der Arbeitnehmer während der Zeit, um die sich die Eingruppierung in eine höhere Vergütungsgruppe aufgrund der Ableistung des Wehrdienstes verzögert, vom Arbeitgeber eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Arbeitsentgelt und demjenigen, das ihm bei der Einstufung in die höhere Vergütungsgruppe zustehen würde, beanspruchen kann. Diese Regelung gilt nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur für „Bewahrungszeiten, die für die Einstufung in eine höhere Lohn- oder Vergütungsgruppe vereinbart sind”. Das hier maßgebliche Tätigkeitsmerkmal der „langjährigen Tätigkeit in Gruppe 8” steht aber einer solchen Bewährungszeit zumindest gleich, weil es – wie die Bewährungszeit – die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit über einen bestimmten Zeitraum erfordert und „zufriedenstellende Leistungen” im tariflichen Sinne der weiteren Voraussetzung einer Bewährungszeit entsprechen, daß sich der Arbeitnehmer während der vorgeschriebenen Bewährungszeit den in der ihm übertragenen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat.
Der entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 4 ArbPlSchG auf den Kläger steht nicht entgegen, daß er in der Privatwirtschaft beschäftigt ist. Der Begriff der Bewährungszeiten im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 ArbPlSchG ist nicht auf den öffentlichen Dienst beschränkt. Hätte der Gesetzgeber eine solche Beschränkung gewollt, hätte er sie ebenso zum Ausdruck gebracht wie in § 6 Abs. 2 ArbPlSchG, dessen Satz 2 ausdrücklich auf Tarifordnungen und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Bezug nimmt. Eine solche Beschränkung auf den öffentlichen Dienst wäre im übrigen mit dem Grundsatz des § 6 Abs. 1 ArbPlSchG nicht vereinbar, daß dem Arbeitnehmer durch seine Teilnahme am Grundwehrdienst in beruflicher oder betrieblicher Hinsicht keine Nachteile entstehen dürfen. Er soll – auch finanziell – so gestellt werden, wie er ohne Ableistung des Wehrdienstes stehen würde. Eine Bevorzugung einzelner Arbeitnehmergruppen – hier des öffentlichen Dienstes – ist damit nicht vereinbar und läßt sich dem Gesetz auch nicht entnehmen. Insoweit kann entgegen der Auffassung der Revision der allgemeine Grundsatz des § 6 Abs. 1 ArbPlSchG durchaus zur Auslegung der Absätze 2 bis 4 herangezogen werden, die diesen Grundsatz näher konkretisieren und modifizieren.
Entgegen der Auffassung der Revision stellt der Begriff der „langjährigen Tätigkeit” in VergGr. 9 Fallgruppe 19 keine höheren Anforderungen an die Qualifikation des Arbeitnehmers als der Begriff der „Bewährungszeit” im Sinne des § 6 Abs. 4 ArbPlSchG, so daß die beiden Begriffe durchaus vergleichbar sind. Hierbei kann offenbleiben, ob der Begriff der „langjährigen Tätigkeit” bereits dann erfüllt ist, wenn der entsprechende Zeitraum von drei Jahren abgelaufen ist, wofür spricht, daß nach § 14 Abs. 3 MTV das Entstehen des Anspruchs auf Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe nur davon abhängt, daß der Arbeitnehmer „in der vollzogenen Aufgabenwahrnehmung” zufriedenstellende Leistungen erbringt. Die „vollzogene Aufgabenwahrnehmung” kann sich nur auf die Aufgabe des Spezialfacharbeiters II beziehen, die er bei einer tarifgerechten Eingruppierung ab 1. Juli 1983 bereits damals zufriedenstellend erledigt haben muß, so daß seit diesem Zeitpunkt das Merkmal der VergGr. 9 Fallgruppe 19 „Spezialfacharbeiter II der Gruppe 8” erfüllt sein könnte. Aber auch wenn man mit der Beklagten für die Dauer der langjährigen Tätigkeit in VergGr. 9 Fallgruppe 19 zufriedenstellende Leistungen verlangt, steht dies einer Bewährungszeit im Sinne des § 6 Abs. 4 ArbPlSchG gleich.
Das Landesarbeitsgericht hat als Bewährungszeit jeweils die Zeiten angesehen, in denen ein: Arbeitnehmer nach der jeweiligen tariflichen Regelung eine bestimmte oder eine gleichwertige Tätigkeit ausübt, einen bestimmten Leistungsstandard erbringen, aber nicht durch die Ablegung einer Prüfung oder die erfolgreiche Absolvierung einer Probezeit seine fachliche Qualifikation nachweisen muß. Dies ist zutreffend. Dem entspricht auch die Bewährungszeit in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes. Danach muß sich der Angestellte während der vorgeschriebenen Bewährungszeit den in der ihm übertragenen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt haben (vgl. § 23 a Nr. 1 BAT). Damit gehen die Tarifvertragsparteien davon aus, daß ein Angestellter im Laufe der Zeit innerhalb seines Aufgabengebiets alle Fähigkeiten und Fertigkeiten durch seine Tätigkeit hinzugewinnt, die seine persönliche Qualifikation erhöhen und deshalb eine Höhergruppierung rechtfertigen. Die Tarifvertragsparteien wollen hier ein erhöhtes und vertieftes Fachwissen honorieren. Darin ist eingeschlossen, daß der Angestellte, der sich im Sinne des BAT bewährt, zufriedenstellende Leistungen zeigt. Denn nur dann zeigt er sich den auftretenden Anforderungen gewachsen. Zufriedenstellen heißt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch „jemandes Wünsche befriedigen” (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 6, 1984, S. 861). „Wünsche befriedigen” heißt andererseits, sich den auftretenden Anforderungen gewachsen zu zeigen. Wenn aber damit auch Bewährungszeiten zufriedenstellende Leistungen und Steigerung der Qualifikation durch Erfahrung erfordern, stellen sie keine geringeren Anforderungen als die „langjährige Tätigkeit”, sofern diese nur bei zufriedenstellenden Leistungen nach § 14 Abs. 3 MTV die Höhergruppierung rechtfertigen sollte. Dies rechtfertigt eine Gleichstellung der „langjährigen Tätigkeit” mit Bewährungszeiten.
Die Revision stellt an den Begriff der „langjährigen Tätigkeit” zu hohe Anforderungen, wenn sie meint, er erfordere ein Mehr an beruflichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, also ein Leistungsplus schlechthin. Nach § 14 Abs. 3 MTV sind nur zufriedenstellende Leistungen „in der vollzogenen Aufgabenwahrnehmung” erforderlich. Das sind nach dem Tätigkeitsbeispiel der VergGr. 9 Fallgruppe 19 „Spezialfacharbeiter II der Gruppe 8”. D.h.: Es werden nur zufriedenstellende Leistungen in der niedrigeren VergGr. 8 gefordert, um nach langjähriger Tätigkeit höhergruppiert zu werden. Die Tarifvertragsparteien gehen damit davon aus, daß allein die langjährige Tätigkeit bei zufriedenstellenden Leistungen eine Leistungssteigerung mit sich bringt. Insoweit entspricht dies dem Sinn und Zweck der Bewährungszeiten des öffentlichen Dienstes. Eine über das erhöhte Erfahrungswissen hinausgehende Leistungssteigerung gegenüber der Tätigkeit in VergGr. 8 ist nicht erforderlich. Dies wird auch daraus ersichtlich, daß bei einer Leistungssteigerung gegenüber der Tätigkeit in VergGr. 8 („gute, über dem Durchschnitt liegende Leistungen”) der Arbeitnehmer sofort auch ohne Vorliegen einer langjährigen Tätigkeit in Gruppe 8 nach dem Tätigkeitsbeispiel Nr. 19 in die VergGr. 9 eingruppiert ist.
Im übrigen verkennt die Revision, daß es auf den Oberbegriff der VergGr. 9 nicht ankommt und deshalb sich der Arbeitnehmer nicht durch besonders festzustellende sehr gute, herausragende Leistungen aus der VergGr. 8 herausheben muß. Dieses Merkmal wird von den Tarifvertragsparteien vielmehr bereits dann als erfüllt angesehen, wenn ein Tätigkeitsbeispiel (hier: Nr. 19) erfüllt ist. Wenn nämlich allgemein gefaßten Tätigkeitsmerkmalen in einer bestimmten Vergütungsgruppe konkrete Beispiele beigefügt sind, sind nach der ständigen Senatsrechtsprechung die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat. Durch Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien grundsätzlich verbindlich fest, daß diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Vergütungsgruppe entsprechen. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muß nur dann zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können, oder wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die in den tariflichen Tätigkeitsbeispielen nicht aufgeführt ist (BAGE 45, 121, 125 f. = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung). Vorliegend können die Merkmale des Tätigkeitsbeispiels Nr. 19 der VergGr. 9 aus sich heraus ausgelegt werden, so daß es entgegen der Auffassung der Revision auf die allgemeinen Merkmale der VergGr. 9 nicht ankommt. Demgemäß reicht eine langjährige Tätigkeit in VergGr. 8 bei zufriedenstellenden Leistungen zur Eingruppierung nach VergGr. 9 aus.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Kläger zufriedenstellende Leistungen erbracht hat. Ohne den Wehrdienst wäre er daher seit 1. Juli 1986 in VergGr. 9 eingruppiert. Die Wehrdienstzeit kann ihm auf die langjährige Tätigkeit nicht angerechnet werden, weil sie auch auf Bewährungszeiten nicht angerechnet werden kann (§ 6 Abs. 4 Satz 1 ArbPlSchG). Wegen der dadurch bedingten Verzögerung der Einstufung in die VergGr. 9 ist dem Kläger jedoch die Zulage nach § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbPlSchG zu zahlen, deren rechnerische Höhe unstreitig ist.
Da der Kläger seinen Zinsanspruch in der Revisionsinstanz auf die Zeit ab Rechtshängigkeit (19. Mai 1989) beschränkt hat, erfaßt das die Revision zurückweisende Senatsurteil auch nur den Zinsanspruch ab 19. Mai 1989.
Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Dr. Etzel, Schneider, Dr. Freitag, H. Pallas, Fieberg
Fundstellen