[Ohne Titel]

Der nachfolgende Beitrag setzt den Beitrag aus AGS 2021, 289 fort und beschäftigt sich mit dem Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. § 464b StPO und dem Umfang der Erstattungspflicht.

II. Gegenstand der Kostenfestsetzung

1. Kosten des Verfahrens

Kosten des Verfahrens (Verfahrenskosten) sind nach § 464a Abs. 1 S. 1 StPO die Gebühren und Auslagen der Staatskasse. Zu den Gebühren und Auslagen der Staatskasse gehören neben den Gerichtskosten auch die bei der Polizei und anderen Verwaltungsbehörden angefallenen Kosten der Vorbereitung der öffentlichen Klage sowie die nach der Rechtskraft des Urteils anfallenden Vollstreckungskosten (Strafvollstreckung). Dem rechtskräftig Verurteilten werden die Gebühren und Auslagen der Staatskasse im Wege des Kostenansatzes nach § 19 Abs. 2 GKG in Rechnung gestellt, wenn ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt werden (§ 29 Nr. 1 GKG). Das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 464b StPO gilt daher nicht für die Gebühren und Auslagen der Staatskasse (Verfahrenskosten).

2. Notwendige Auslagen

a) Begriff

Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. § 464b StPO ist die Prüfung und betragsmäßige Festsetzung der einem Beteiligten entstandenen Kosten und Auslagen. Bei den Kosten und Auslagen handelt es sich um die einem Beteiligten entstandenen notwendigen Auslagen. § 464 Abs. 1 und Abs. 2 StPO unterscheiden zwischen den Verfahrenskosten einerseits und den notwendigen Auslagen andererseits.[1] Notwendige Auslagen sind die einem Verfahrensbeteiligten (z.B. Beschuldigter, Privatkläger, Nebenkläger) entstandenen vermögenswerten Aufwendungen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich waren. Welche Aufwendungen zu den notwendigen Auslagen gehören, ergibt sich aus der nicht abschließenden Aufzählung in § 464a Abs. 2 StPO. Auch bei der Erstattung notwendiger Auslagen im Strafverfahren ist die allgemeine Pflicht zur kostenschonenden Prozessführung zu beachten.[2] Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass einem Freigesprochenen sämtliche Auslagen erstattet werden müssen.[3] Von der Erstattungspflicht sind insbesondere Auslagen ausgenommen, die eine wirtschaftliche denkende Person nicht aufgewandt hätte.[4] Die Erstattungspflicht der Staatskasse hat also nicht zur Folge, dass unter allen Umständen sämtliche Auslagen eines Angeklagten zu erstatten sind.[5] Deshalb können dem freigesprochenen Angeklagten Kosten entstanden sein, die nicht erstattungsfähig sind.[6]

[1] Vgl. LG Arnsberg AGS 2009, 484; LG Potsdam AGS 2015, 438 = JurBüro 2015, 367 = Rpfleger 2015, 424.
[2] Vgl. OLG Celle JurBüro 2012, 136; NStZ-RR 2013, 62 = StraFo 2013, 41 = RVGreport 2013, 69 = VRR 2013, 279.
[3] OLG Celle, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., 2020, § 464a Rn 5.
[5] BVerfG NJW 2004, 3319; KG, Beschl. v. 16.7.2010 – 1 Ws 95/10; StraFo 2012, 380 = RVGreport 2012, 429 = StRR 2012, 236.
[6] KG, a.a.O.

b) Erstattungsansprüche gegen Dritte

Die Auslagen müssen in der Person der Partei angefallen sein. Die Erstattungsfähigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beteiligte wegen dieser notwendigen Auslagen auch einen Dritten, z.B. eine Rechtsschutzversicherung, einen Berufsverband oder den Arbeitgeber in Anspruch nehmen kann.[7] Versicherungsbeiträge für eine Rechtsschutzversicherung oder Beiträge für den Berufsverband sind allerdings keine notwendigen Auslagen.[8]

[7] Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 464a Rn 8.
[8] Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.

c) Unentschuldigtes Ausbleiben eines Zeugen

Auch der Umstand, dass im Fall des unentschuldigten Ausbleibens eines Zeugen zum Termin diesem die durch sein Ausbleiben entstandenen Kosten auferlegt worden sind, hindert die Kostenfestsetzung der dem freigesprochenen Beschuldigten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen gegen die Staatskasse nicht.[9] Diese notwendigen Auslagen können dann aber auf Antrag der Staatskasse (Bezirksrevisor) im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 464b StPO gegen den Zeugen festgesetzt werden.[10]

[9] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 467 Rn 2.
[10] LG Berlin JurBüro 2005, 425 = NStZ-RR 2005, 288; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 51 Rn 14.

d) Adhäsionsverfahren

Notwendige Auslagen i.S.v. § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO können dem Angeklagten auch entstehen, wenn der Pflichtverteidiger im Adhäsionsverfahren hinsichtlich eines dem Verletzten aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs tätig wird.[11] Dem Pflichtverteidiger steht auch dann ein Vergütungsanspruch gegen seinen Auftraggeber zu, wenn eine Beiordnung nach § 404 Abs. 5 StPO unterblieben ist.[12]

[11] OLG Celle StraFo 2006, 41 = StV 2006, 33.
[12] KG NStZ 2004, 190.

III. Umfang der Erstattungspflicht

1. Grundsätze

Auch bei der Erstattung notwendiger Auslagen im Strafverfahren ist die allgemeine Pflicht zur kostenschonenden Prozessführung zu beachten. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass einem Freigesprochenen sämtliche Auslagen erstattet werden müssen.[13] Von der Erstattungspflicht sind insbesondere Auslagen ausgenommen, die eine wirtschaftliche denkende Person nicht aufgewandt hätte.[14] Ob eine Aufwendung notwendig war, ist nicht im Nachhinein, sondern bezogen au...

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