§§ 146, 162 Abs. 2 S. 2 VwGO
Leitsatz
Die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren ist mangels Beschwer unzulässig, wenn der Beschwerdeführer aufgrund der Kostenentscheidung nicht mit den außergerichtlichen Kosten desjenigen Beteiligten belastet ist, auf den sich die Entscheidung bezieht.
OVG Greifswald, Beschl. v. 15.2.2023 – 2 O 473/20
I. Sachverhalt
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren hatte das VG am 14.4.2020 ein Urteil mit Kostenentscheidung verkündet. Durch Beschl. v. 13.4.2020 hat das VG die Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig erklärt. Im Berufungsverfahren haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Hieraufhin hat das OVG Greifswald das Urt. des VG v. 14.4.2020 einschließlich der dortigen Kostenentscheidung für wirkungslos erklärt und entschieden, dass die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe.
Der Beigeladene hatte gegen den Beschluss des VG vom 13.4.2020, durch den die Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig erklärt wurde, Beschwerde eingelegt. Das OVG Greifswald hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
II. Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren
1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht gem. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat.
2. Zulässigkeit der Beschwerde
a) Grundsatz
Der 2. Senat des OVG Greifswald hat auf seine st. Rspr. verwiesen (so Beschl. v. 30.9.2009 – 2 O 84/09; Beschl. v. 30.4.2002 – 2 O 42/00), wonach die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO dem Kostenfestsetzungsverfahren zuzurechnen sei. Daher sei – so der Senat – die Beschwerde weder von dem Rechtsmittelausschluss nach § 158 Abs. 1 oder Abs. 2 VwGO erfasst noch unterliege sie der Beschränkung auf einen Beschwerdewert gem. § 146 Abs. 3 VwGO (Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 EUR übersteigen).
Demgegenüber hatte der 1. Senat des OVG Greifswald in seinem Beschl. v. 8.2.2012 (1 O 125/11) die Auffassung vertreten, eine solche Beschwerde erfordere die Beschwerdesumme gem. § 146 Abs. 3 VwGO. Maßgeblich sei die Höhe der ggf. für den Prozessbevollmächtigten anfallenden Vergütung für das Vorverfahren.
b) Beschwer des Beschwerdeführers
Nach den weiteren Ausführungen des OVG Greifswald ist die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren nur dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung selbst beschwert ist. Hierfür sei erforderlich, dass der Beschwerdeführer (hier: der Beigeladene) durch die angefochtene Entscheidung zumindest in seinen rechtlichen Interessen bzw. in einem subjektiven Recht berührt worden sei. Diese Voraussetzung war hier nach Auffassung des OVG Greifswald nicht mehr gegeben. Dies ergab sich aus der besonderen verfahrensrechtlichen Situation, nach der der Senat aufgrund der Hauptsacheerledigungserklärungen der Parteien das Urt. des VG v. 14.4.2020 einschließlich der dortigen Kostenentscheidung für wirkungslos erklärt hat. Stattdessen hatte das OVG eine Kostenentscheidung getroffen, nach der die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Zu diesen von der Klägerin selbst zu tragenden außergerichtlichen Kosten gehören – so fährt das OVG Greifswald fort – auch die ihr durch die Zuziehung ihres Bevollmächtigten im Vorverfahren entstandenen Kosten. Dies hatte hier zur Folge, dass der angefochtene Beschluss über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten ins Leere geht. Jedenfalls führe – so das OVG – diese Entscheidung des VG für den Beigeladenen zu keiner Kostenlast und entfalte für ihn auch sonst keinerlei belastende Wirkung mehr.
III. Bedeutung für die Praxis
Der Entscheidung des OVG Greifswald ist zuzustimmen. Aufgrund des Umstandes, dass das OVG im Berufungsrechtszug entschieden hat, dass die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, zu denen auch die Kosten des Vorverfahrens gehören, steht fest, dass der Beschluss des VG, nach dem die Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren notwendig war, wirkungslos geworden ist. Denn zu den von der Klägerin selbst zu tragenden außergerichtlichen Kosten gehören auch ihre im Vorverfahren entstandenen Kosten.
Die Entscheidung gibt Anlass, sich mit der Entscheidung nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO näher zu befassen.
1. Zuziehung eines Bevollmächtigten
Die einem Beteiligten im Vorverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen seines Bevollmächtigten sind nach der gesetzlichen Regelung in § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO nur dann erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat. Damit geht das Gesetz davon aus...