Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 407
Bei der Gestaltung eines Ehegattentestaments besteht die Besonderheit, dass Verfügungen von Todes wegen für zwei Sterbefälle getroffen werden. Es unterscheidet sich dabei vom Einzeltestament insoweit, als beide Ehegatten ihre Verfügungen von Todes wegen in einer gemeinsamen Urkunde errichten. Ein rechtlicher Unterschied ist, dass die Auswirkungen der Wechselbezüglichkeit der §§ 2270, 2271 BGB eine gegenseitige Bindungswirkung nach sich ziehen können (gegenseitiges gemeinschaftliches Testament) und somit auch einen materiellen Unterschied bewirken, wobei zu beachten ist, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament nicht unbedingt immer eine Wechselbezüglichkeit vorliegen muss. Die Ehegatten können durchaus bestimmen, dass keine oder nur eine teilweise Wechselbezüglichkeit gegeben sein soll.
Rz. 408
In der Praxis macht ein Ehegattentestament ohne Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung in der Regel wenig Sinn. Der einzige Vorteil besteht dann in der Ausnutzung der vereinfachten Formvorschrift des § 2267 BGB. Gerade die gemäß § 2271 Abs. 2 BGB nach dem ersten Todesfall eintretende Bindungswirkung erlaubt es den Ehegatten, sich gegenseitig zu Lebzeiten abzusichern und dennoch den Vermögensfluss in Richtung der eigenen Abkömmlinge nach dem Tod des Überlebenden bindend zu steuern.
Rz. 409
Bei der Gestaltung eines Ehegattentestaments ist je nach Fall darauf zu achten, dass die wesentlichen Verfügungen wechselbezüglich und bindend sind und dass der überlebende Ehegatte von der Bindungswirkung in einem gewissen Maße befreit wird, um z.B. in Bezug auf eine Abänderung der Schlusserbenbestimmung der eigenen (gemeinschaftlichen) Kinder und ggf. deren Abkömmlinge handlungsfähig zu bleiben.
Rz. 410
Eine generelle Abänderungsmöglichkeit bzw. Freistellungsklausel führt dagegen wieder zu einer Aufhebung der Bindungswirkung und ist deshalb meist nicht gewünscht.
Rz. 411
Für den formellen Aufbau eines gemeinschaftlichen Testaments ist es ratsam, eine klare Trennung zwischen der Verfügung für den ersten Todesfall, der Verfügung für den zweiten Todesfall und der Bestimmung, welche der Verfügungen mit welchem Inhalt nach wechselbezüglich sein sollen, vorzunehmen.
Zur Möglichkeit der Umdeutung eines "gemeinschaftlichen Testaments" zwischen Nichtehegatten in einzeltestamentarische Verfügungen vgl. LG Bonn NJW-RR 2004, 10. Zur Umdeutung eines von einem Ehegatten unterzeichneten gemeinschaftlichen Testamentes in ein Einzeltestament vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2016, 1206; OLG München NJW-RR 2014, 838.