Rz. 104
a) Der Fall
Rz. 105
Die Parteien stritten um die Erstattung restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 22.3.2006. Die volle Haftung der Beklagten stand dem Grunde nach außer Streit. Der Kläger hatte bei der Autovermietung H, die dem Rechtsstreit als Streithelferin auf Klägerseite beigetreten war (künftig: Streithelferin), für die Zeit der Reparatur des bei dem Unfall beschädigten Transporters Fiat Ducato als Ersatzwagen einen Transporter Hyundai H1 der Mietwagengruppe 6 zum Tagespreis von 172 EUR netto angemietet. Dabei ging der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger nach dem Reparaturablaufplan von einer Reparaturdauer von fünf Tagen aus. Aufgrund der Lieferung falscher Türen verlängerte sich die Reparaturzeit um weitere vier Tage und dauerte von Montag, dem 27.3.2006, bis Mittwoch, den 4.4.2006. Die Beklagte zahlte vorgerichtlich 531 EUR für den Mietwagen und lehnte eine weitere Erstattung von Mietwagenkosten ab. Der Kläger machte mit der Klage unter Berücksichtigung einer 5 %-igen Eigenersparnis weitere Mietwagenkosten von 1.116 EUR geltend.
Rz. 106
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von lediglich 284 EUR nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 107
Die Revision des Klägers hatte Erfolg.
Das Berufungsgericht war im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Er verstößt aber noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.Ä.) aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Inwieweit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensabrechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter – gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen – zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den "Normaltarif" in Betracht kommt. In Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO kann der Tatrichter den "Normaltarif" auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten – gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung – ermitteln.
Rz. 108
Danach war nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den zur Frage der Erforderlichkeit der Mietwagenkosten vergleichsweise heranzuziehenden "Normaltarif" an Hand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 ermittelt hatte. Insoweit hielt es sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO. Doch überspannte das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers dadurch, dass es zur Rechtfertigung des der Schadensabrechnung zugrunde liegenden höheren Unfallersatztarifs aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Darlegung bezifferbarer Beträge bzw. konkreter prozentualer Aufschläge für unfallbedingte Leistungen verlangt hatte. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist es nicht erforderlich, für die Frage der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifs die Kalkulation des konkreten Vermieters nachzuvollziehen. Vielmehr hat sich die Prüfung darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen. Der erkennende Senat vermochte die Bedenken des Berufungsgerichts, wonach die Prüfung der Rechtfertigung eines Aufschlags nicht zu einem konkreten Ergebnis führen könne, wenn sich die spezifischen unfallbedingten Leistungen nicht in bezifferbare Beträge bzw. konkrete prozentuale Aufschläge fassen ließen, nicht zu teilen. Die Beschränkung der Prüfung darauf, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertige...