Rz. 177

Erscheint eine Partei im Termin nicht, verhandelt nicht oder zeigt seine Verteidigungsabsicht im schriftlichen Vorverfahren nicht an, so kann das Gericht ein Versäumnisurteil erlassen. Auf die Verfahrensgebühr wirkt sich diese Vorgehensweise nicht aus, wohl aber auf die Terminsgebühr. Nr. 3104, 3202 oder 3210 VV RVG bestimmen die Höhe der regulären Terminsgebühr auf 1,2 bis 1,5 Gebühren, je nach Instanzenzug.

Diese Gebühr verringert sich nach Nr. 3105, 3203, 3211 VV RVG auf 0,5 bis 0,8 Gebühren, wenn Wahrnehmung nur eines Termins, in dem die Gegenseite nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil, Versäumnisentscheidung oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt wird.

Voraussetzungen für die Minderung sind also:

der Beklagte hat keine Verteidigungsbereitschaft im schriftlichen Verfahren angezeigt oder

es hat nur ein Termin[202] stattgefunden oder in diesem Termin

erscheint die Gegenseite

  • gar nicht oder
  • trotz Anwaltszwang ohne Rechtsanwalt bzw. durch einen vollmachtlosen Vertreter und

es wird nur

  • ein Versäumnisurteil beantragt,
  • ein Verfahrens- oder Sachleitungsantrag gestellt, wie

    Antrag auf neuen Termin,
    Antrag auf Aussetzung des Verfahrens,
    Antrag auf Ruhen des Verfahrens oder
    Antrag auf Einsicht in beigezogene Akten oder Widerspruch dagegen.
 

Rz. 178

Nach einem Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid kann ein zweites technisches Versäumnisurteil ergehen; § 345 ZPO.[203] Wenn nun die andere Seite im Einspruchstermin säumig ist und der Erlass eines zweiten Versäumnisurteils beantragt wird, reduziert sich auch für den anwesenden Rechtsanwalt die Terminsgebühr auf 0,5 Gebühren nach Nr. 3305 VV RVG. Auch dieser Rechtsanwalt stellt einen ersten Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils. Für einen zweiten Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils entsteht die Terminsgebühr in voller Höhe.

 

Beispiel:

Rechtsanwalt C. Lever wird beauftragt eine Forderung von 1.000,00 EUR gegen Torsten Rödel im gerichtlichen Mahnverfahren geltend zu machen.

Variante I.

Nach Rödels Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid reicht C. Lever die Klage ein.

Im ersten Termin erscheint Rödel nicht. Es ergeht ein technisches zweites Versäumnisurteil.

Mahnverfahren

Gegenstandswert: 1.000,00 EUR

 
1,0 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3305 VV Mahnbescheid 88,00 EUR
0,5 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3308 VV Vollstreckungsbescheid 44,00 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  152,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 28,88 EUR
  180,88 EUR

Klageverfahren

Gegenstandswert: 1.000,00 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 114,40 EUR
– 1,0 Anrechnung Verfahrensgebühr Mahnverfahren – 88,00 EUR
0,5 Terminsgebühr,[204] § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3304, 3305 VV 44,00 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  90,40 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 17,18 EUR
  107,58 EUR
Gesamt 288,46 EUR
 

Rz. 179

Stellt der Rechtsanwalt nach einer Säumnis im ersten Termin einen weiteren Antrag auf Erlass eines technischen zweiten Versäumnisurteils, ist die volle Terminsgebühr verdient.[205]

 

Variante II.

Rödel widerspricht dem Mahnbescheid. C. Lever reicht die Klage ein.

Im ersten Termin erscheint Rödel nicht. Es ergeht Versäumnisurteil, gegen das er Einspruch einlegt. In zweiten Termin erscheint er wieder nicht. Es ergeht ein technisches zweites Versäumnisurteil.

Mahnverfahren

Gegenstandswert: 1.000,00 EUR

 
1,0 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3305 VV Mahnbescheid 88,00 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  108,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 20,52 EUR
  128,52 EUR

Klageverfahren

Gegenstandswert: 1.000,00 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 114,40 EUR
– 1,0 Anrechnung Verfahrensgebühr Mahnverfahren – 88,00 EUR
1,2 Terminsgebühr,[206] § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3305 VV 105,60 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  152,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 28,88 EUR
  180,88 EUR
Gesamt 309,40 EUR
 

Rz. 180

Wenn der Rechtsanwalt im Termin bei Säumnis der Gegenseite eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt, stellt er keinen Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils, sondern einen Antrag auf eine streitige Entscheidung. Hier besteht kein Raum für die Verkürzung der Terminsgebühr.

 

Variante III.

C. Lever reicht gleich die Klage ein.

Im ersten Termin erscheint Rödel nicht. C. Lever beantragt die Entscheidung nach Lage der Akten nach § 331a ZPO.

Klageverfahren

Gegenstandswert: 1.000,00 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 114,40 EUR
1,2 Terminsgebühr,[207] § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3305 VV 105,60 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  240,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 45,60 EUR
  285,60 EUR
 

Rz. 181

Auch als Vertreter des Beklagten können bei einem Versäumnisurteil Gebühren entstehen. Der Einspruch leitet wegen der Abgabe an das Prozessgericht von Amtswegen bereits das Klageverfahren ein.[208] Er löst ...

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