Rechtsweg für einen Zivilrechtsstreit  im Leiharbeitsverhältnis

Auch bei bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet, soweit diese im Zusammenhang mit dem Leiharbeitnehmerverhältnis stehen. Hier ging es um Klage auf Herausgabe von überlassenem Werkzeug nach Beendigung der Arbeitnehmerüberlassung.

Der Beklagte im vorliegenden Sachverhalt war als Leiharbeitnehmer bei der Klägerin tätig gewesen. Diese stattete ihn während der Überlassung mit Arbeitsmitteln aus, die sie nach Beendigung herausverlangte und wegen deren Herausgabe sie schließlich vor dem Arbeitsgericht gegen ihn Klage erhob.

Leiharbeitnehmer rügte Unzuständigkeitet des Arbeitsgericht 

Der Leiharbeitnehmer rügte den Rechtsweg zum Arbeitsgericht als unzulässig für eine zivilrechtliche Streitigkeit. Inhaltlich trug darüber hinaus vor, dass er auf die Arbeitsmittel aufgrund des erteilten Hausverbots keinen Zugriff mehr habe.

Kann ein Zivilrechtsstreit zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer vor das Arbeitsgericht?

Das Arbeitsgericht Hildesheim sah die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gegeben. Es begründete dies damit, dass nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) und d) ArbGG der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten

  • bei bürgerlichen Streitigkeiten zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher aus dem Leiharbeitsverhältnis
  • oder aus unerlaubten Handlungen

eröffnet sei, wenn diese im Zusammenhang mit dem Leiharbeitsverhältnis stünden.

Alle Streitigkeiten mit Bezug zum Arbeitsverhältnis sollen prozessual erfasst werden

Es sei Ziel des ArbGG alle bürgerlichen-rechtlichen Streitigkeiten mit Bezug zu einem Arbeitsverhältnis auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen. Gleiches gelte daher auch für Streitigkeiten aus einem Leiharbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, welche ihren Ursprung in der Arbeitnehmerüberlassung hätten.

Rechtswegzuständigkeit trägt Sonderstatus des Entleihers Rechnung

Übertrage der Verleiher dem Entleiher wesentliche Arbeitgeberfunktionen, so müsse dieser gespaltenen Arbeitgeberstellung auch bei der Rechtwegzuständigkeit zum Arbeitsgericht Rechnung getragen werden.

Nach dem Sinn und Zweck der Norm im Hinblick auf die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG sei daher auch bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Im vorliegenden Fall war unstreitig, dass die Klägerin dem Beklagten die streitgegenständlichen Arbeitsmittel im Rahmen des Leiharbeitsverhältnisses übergeben hatte. Gegen den Beschluss ist die sofortige Beschwerde möglich.

ArbG Hildesheim Beschluss vom 03.06.2020 - 2 Ca 11/20

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Hintergrund: BAG zum Rechtsweg bei  Arbeitnehmerüberlassung

BAG, Beschluss v. 15.03.2011, 10 AZB 49/10: Der gespaltenen Arbeitgeberstellung bei der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher und Entleiher ist bei der Bestimmung des zulässigen Rechtswegs Rechnung zu tragen. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher aus dem Leiharbeitsverhältnis ist deshalb nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. 

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG begründet eine umfassende Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für individualrechtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (BAG Urteil vom 23.02.1979 - 1 AZR 172/78).

Ziel des Arbeitsgerichtsgesetzes ist es, alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis stehen, auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen BAG Beschluss vom 23.08.2001 - 5 AZB 11/01.

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