BMJ plant Streitwertanhebung für Amtsgerichte auf 10.000 EUR

Die Anwaltschaft steht der geplanten Anhebung der Streitwertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsgerichte eher kritisch gegenüber. Der DAV befürchtet einen Rückgang der Anwaltsmandate, wenn Rechtssuchende sich bis zu einem Streitwert von 10.000 EUR vor den Amtsgerichten künftig selbst vertreten können.
Zuständigkeitsstreitwert für Amtsgerichte künftig bis 10.000 EUR
Der vom BMJ vorgelegte Entwurf geht bei der Anhebung der Streitwertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Zivilsachen nochmals über den bereits von der ehemaligen Ampel-Regierung vorgelegten Entwurf hinaus. Die Marke von 10.000 EUR soll künftig der Grenzwert für die Zuständigkeit der Amtsgerichte sein, bis zu der Rechtssuchende sich ohne Einschaltung eines Anwalts vor den Amtsgerichten selbst vertreten können.
Stärkung einer ortsnahen Rechtsprechung durch Amtsgerichte
Mit der Anhebung der Streitwertgrenze will das BMJ dem in den letzten Jahren zu beobachtenden ständigen Rückgang der Eingangszahlen bei den Amtsgerichten entgegenwirken. Während die Neuzugänge bei den Amtsgerichten in den frühen 1990er Jahren bei jährlich ca. 1.500.000 Neueingängen lag, ist diese Zahl im Jahr 2024 auf 773.000 zurückgegangen. Dieser Rückgang führte zu einer Schwächung insbesondere der kleineren Amtsgerichtsstandorte. Dieser Entwicklung will das BMJ entgegenwirken, denn insbesondere die Amtsgerichte gewähren nach Auffassung von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig den Rechtssuchenden einen einfachen und schnellen Zugang zum Recht und damit einen ortsnahen Rechtsschutz.
Ausweitung der streitwertunabhängigen Zuständigkeiten
Nicht nur die deutliche Anhebung des Zuständigkeitsstreitwerts, sondern auch die Schaffung neuer streitwertunabhängiger Zuständigkeiten in Zivilsachen soll zu einer Stärkung der Amtsgerichte beitragen. Nachbarrechtliche Streitigkeiten sollen nach § 23 Nr. 2e GVG (ähnlich der Regelung des § 23 Nr. 2c GVG für Ansprüche unter Wohnungseigentümern) streitwertunabhängig ausschließlich den Amtsgerichten zugewiesen werden. Die Neuregelung soll Beseitigungsansprüche, nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche, deliktische Schadensersatzansprüche aus dem Nachbarschaftsverhältnis, Streitigkeiten um Nachbarwände, Grenzwände, Hammerschlag- und Leiterrechte sowie Licht- und Fensterrechte umfassen.
Mehr Spezialkammern bei den Landgerichten
Auch die Landgerichte sind von dem Reformvorhaben betroffen. Rechtsgebiete, die eine hohe Spezialisierung sowie eine besondere Fachkunde der Gerichte erfordern, sollen künftig vermehrt spezialisierten Kammern bei den Landgerichten zugewiesen werden. Gemäß § 71 Abs. 2 GVG-E sollen solche Verfahren künftig von Spezialkammern für Streitigkeiten aus Heilbehandlungen, Spezialkammern für Vergabesachen und für Veröffentlichungsstreitigkeiten (Rechtsverletzungen durch Veröffentlichungen im Internet und sonstigen Medien) geführt werden.
Künftig nachträgliche Änderungen von Kostenentscheidungen möglich
Ein neuer § 102 ZPO-E soll Gerichten die Möglichkeit eröffnen, nach Erlass eines Urteils oder eines Beschlusses hinsichtlich der Quotelung unrichtig gewordene Kostenentscheidungen nachträglich zu ändern.
Anpassung der Regelungen zur Verbraucherschlichtung
Schließlich sieht der Gesetzentwurf Anpassungen bei der Verbraucherschlichtung vor, nachdem die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung (nicht zu verwechseln mit dem EU-Verbraucherschlichtungsverfahren) wegen geringer Nutzerzahlen zum 20.7.2025 eingestellt wird. Die Regelungen zur Zusammenarbeit der Verbraucherschlichtungsstellen mit der Europäischen Plattform zur Online-Streitbeilegung können damit entfallen.
Inkrafttreten
Der wesentliche Teil der Reform soll zum 1.1.2026 in Kraft treten. Auf diese Weise soll den Gerichten die notwendige Zeit verschafft werden, sich auf die geänderten Zuständigkeiten sachlich und personell einzustellen. Die Änderungen zur Kostenentscheidung sollen erst ab dem 1.7.2026 gültig sein, um das Risiko einer möglichen echten Rückwirkung zu vermeiden. Lediglich die Änderungen zur Verbraucherschlichtung sollen bereits ab dem 1. Tag nach der Verkündung gelten.
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