Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Beitragspflicht von zur Sicherung einer Darlehensforderung abgetretenen Kapitalerträgen. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Kapitalerträge aus einer zur Sicherung einer Darlehensforderung abgetretenen Lebensversicherung sind als Einnahmen eines freiwillig Krankenversicherten, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden können, auch dann beitragspflichtig, wenn sie zur Tilgung des Darlehens an das Kreditinstitut ausgezahlt werden.
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Gleichheitsgrundsatz ist nicht dadurch verletzt, dass bei freiwillig Versicherten im Gegensatz zu Pflichtversicherten Kapitaleinkünfte bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden.
2. Der Berücksichtigung als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen steht nicht entgegen, dass Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens an ein Kreditinstitut abgetreten wurden und die Zahlung zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Abtretenden erfolgte. Steuerrechtlich ist der Abtretende wirtschaftlicher Inhaber der Forderung i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, weil die Abtretung zur Sicherung einer Darlehensforderung erfolgte.
3. Soweit die Satzung einer Krankenversicherung vorschreibt, dass Einnahmen und Geldmittel ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zur Beitragsbemessung heranzuziehen sind, hindert dies nicht, die Wertung des Einkommensteuerrechts, eine Geldleistung sei eine Einnahme im Sinne des EStG, auch im Beitragsrecht zu berücksichtigen. Ziel der Satzungsvorschrift ist es, steuerrechtliche Vergünstigungen im Einkommensteuerrecht nicht auf die Beitragspflicht in der Krankenversicherung durchschlagen zu lassen. Im Hinblick auf das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit spricht die steuerrechtliche Zuordnung von Einnahmen als steuerbare Einkünfte jedoch in der Regel dafür, dass sie auch beitragsrechtlich als Einnahmen des Steuerpflichtigen zum Lebensunterhalt zu werten sind. Beitragspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen werden nicht um den Sparerfreibetrag gemindert.
Orientierungssatz
Die unterschiedliche beitragsrechtliche Berücksichtigung von Kapitaleinkünften bei freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BSG vom 24.11.1992 - 12 RK 8/92 = BSGE 71, 244 = SozR 3-2500 § 224 Nr 2; BVerfG vom 3.2.1993 - 1 BvR 1920/92 = SozR 3-2500 § 240 Nr 11).
Normenkette
SGB V § 240 Abs. 1 Fassung: 1992-12-21, Abs. 2 S. 1 Fassung: 1992-12-21, Abs. 4 S. 2 Fassung: 1992-12-21; EStG § 20 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Bemessung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung auch Kapitalerträge aus einer zur Kreditsicherung abgetretenen Kapitallebensversicherung zu berücksichtigen sind.
Der Kläger ist seit 2002 als Immobilienmakler hauptberuflich selbstständig erwerbstätig. Von Mai 2002 bis März 2003 war er bei der beklagten Krankenkasse freiwillig versichert. Aufgrund seiner Angaben vom April 2002 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 2.7.2002 die Höhe der monatlich ab Mai 2002 zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge vorläufig nach beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der Mindestbeitragsbemessungsgrenze für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige von 1.758,75 Euro mit monatlich 239,20 Euro fest.
Im Mai 1995 hatte der Kläger Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung zur Sicherung von Forderungen aus einem Darlehen an eine Bank abgetreten. Nachdem er diese Versicherung vorzeitig gekündigt hatte, wurde im Mai 2002 die Versicherungssumme sowie die aus dieser Versicherung für die Zeit von Januar 1995 bis zum 1.5.2002 zu zahlenden Kapitalerträge in Höhe von 23.979 Euro abzüglich der darauf entfallenden Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags an das Kreditinstitut zur Tilgung von Darlehensforderungen ausgezahlt.
Mit Bescheiden vom 23.9.2004 setzte die Beklagte entsprechend den vom Kläger eingereichten Steuerberechnungen für 2002 den monatlichen Krankenversicherungsbetrag ab Mai 2002 nach beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 2.361,25 Euro mit 321,14 Euro und ab 1.1.2003 wegen der Veränderung des Beitragssatzes mit 337,66 Euro fest. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für 2002 vom 16.7.2004, der neben Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.092 Euro Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von insgesamt 24.243 Euro sowie hierauf entfallende Werbungskosten in Höhe von 87 Euro auswies, verminderte die Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2004 die ab Mai 2002 monatlich zu zahlenden Beiträge auf 320,14 Euro. Sie legte nunmehr monatliche beitragspflichtige Einnahmen von lediglich noch 2.354 Euro zugrunde, die sich bei Berücksichtigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen abzüglich Werbungskosten in Höhe von insgesamt 28.248 Euro jährlich ergaben. Den Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen die Berücksichtigung der Kapitalerträge aus seiner zur Sicherung abgetretenen Lebensversicherung wandte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.7.2005 zurück.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27.2.2008 abgewiesen. Die Berufung hat das LSG mit Urteil vom 7.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, die im Einkommensteuerbescheid für 2002 ausgewiesenen Kapitaleinkünfte seien zur Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge heranzuziehen. Die an die Bank ausgezahlte Versicherungssumme samt Kapitalerträgen sei ungeachtet der Abtretung weiterhin wirtschaftlich dem Vermögen des Sicherungsgebers und damit dem Kläger zuzurechnen gewesen.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V und des § 15 Abs 3 der Satzung der Beklagten sowie des Art 3 Abs 1 GG. Die Beklagte dürfe lediglich seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb abzüglich Werbungskosten und damit die Mindestbeitragsbemessungsgrenze nach § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V für die Beitragsberechnung zugrunde legen. Die Kapitalerträge aus der Lebensversicherung seien keine beitragspflichtigen Einnahmen iS von § 15 Abs 3 der Satzung, weil sie nicht zugeflossen seien, nicht zum Lebensunterhalt verbraucht worden seien oder hätten verbraucht werden können und damit nicht seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht hätten. Er sei nicht Inhaber des Auszahlungsanspruchs gewesen und habe keine Liquidität gewonnen. Auf die steuerliche Behandlung komme es nicht an. Auch verstoße die Berücksichtigung von Kapitalerträgen bei freiwillig Versicherten gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, weil bei pflichtversicherten Mitgliedern Kapitalerträge nicht für die Beitragsbemessung berücksichtigt würden.
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Der Kläger beantragt, |
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die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7.1.2009 und des Sozialgerichts Dresden vom 27.2.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.7.2005 aufzuheben, soweit höhere Beiträge als 239,20 Euro für die Zeit ab 1.5.2002 und als 255,55 Euro für die Zeit ab 1.1.2003 festgesetzt worden sind. |
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.7.2005 ist rechtmäßig. Für die Höhe der zur freiwilligen Krankenversicherung zu zahlenden Beiträge waren für die Zeit ab Mai 2002 die Kapitalerträge aus der Lebensversicherung des Klägers als beitragspflichtige Einnahmen zu berücksichtigen.
1. Im Revisionsverfahren war lediglich noch über den Bescheid vom 13.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.7.2005 zu entscheiden, mit dem die Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit ab Mai 2002 in Höhe von monatlich 320,14 Euro endgültig festgesetzt worden sind. Die die Beiträge für die Zeit ab Mai 2002 und ab Januar 2003 festsetzenden Bescheide vom 23.9.2004 hat die Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2004 durch Neuregelung der Beitragshöhe ab Mai 2002 aufgehoben, nachdem der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vorgelegt hatte. Diese Festsetzung galt für die Zeit ab Januar 2003 bis zum Ende der Mitgliedschaft des Klägers mit Ablauf des 31.3.2003 fort.
2. Der Kläger konnte sein Begehren zulässig mit einer Teilanfechtungsklage verfolgen (vgl BSG, Urteil vom 6.9.2001 - B 12 KR 14/00 R - SozR 3-2500 § 240 Nr 41). Er wendet sich lediglich gegen die mit Bescheid vom 13.12.2004 festgesetzte Beitragshöhe, soweit für die Beitragsbemessung Kapitaleinkünfte aus seiner Lebensversicherung berücksichtigt wurden, damit höhere monatliche Einnahmen, nämlich 2.354 Euro statt der für hauptberuflich selbstständig tätige freiwillig Versicherte nach § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V geltenden beitragspflichtigen Mindesteinnahmen (2002: 1.758,75 Euro, 2003: 1.785,00 Euro) zugrunde gelegt wurden und deshalb Beiträge in Höhe von 320,14 Euro statt 239,20 Euro bzw ab Januar 2003 statt 255,55 Euro festgesetzt worden sind.
3. Die Beklagte hat zu Recht trotz der bereits mit Bescheid vom 2.7.2002 erfolgten Beitragsfestsetzung die Krankenversicherungsbeiträge auf der Grundlage des § 240 SGB V iVm § 15 Abs 3 ihrer Satzung neu festgesetzt und die im Jahr 2002 aus der Lebensversicherung des Klägers stammenden Einkünfte aus Kapitalvermögen als beitragspflichtige Einnahme zugrunde gelegt. Die Abtretung des Anspruchs und die Zahlung an eine Bank zur Erfüllung einer Darlehensforderung sowie der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG standen der Berücksichtigung als beitragspflichtige Einnahme des Klägers nicht entgegen.
a) Die Beklagte war berechtigt, rückwirkend ab Mai 2002 die Beiträge abweichend von der bisherigen Beitragshöhe von 239,20 Euro mit monatlich 320,14 Euro festzusetzen. Zwar hatte sie bereits mit Bescheid vom 2.7.2002, der für die Beteiligten bindend geworden war (§ 77 SGG), über die Beitragshöhe für die Zeit ab Mai 2002 entschieden, dieser Bescheid enthielt jedoch keine endgültige Regelung, sondern setzte ausdrücklich die Beitragshöhe nur vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt fest. Die Beitragsfestsetzung durch einstweiligen Verwaltungsakt war bei dem hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwillig versicherten Kläger auch zulässig, weil er im Jahr 2002 seine selbstständige Tätigkeit als Immobilienmakler erst aufgenommen hatte und deshalb der Nachweis geringerer Einnahmen iS des § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V für die endgültige Beitragsfestsetzung noch nicht erbracht werden konnte (vgl hierzu BSG, Urteil vom 22.3.2006 - B 12 KR 14/05 R - BSGE 96, 119 = SozR 4-2500 § 240 Nr 5).
Soweit die Beklagte danach zunächst mit Bescheiden vom 23.9.2004 entsprechend den Steuerberechnungen des Klägers für 2002 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag ab Mai 2002 nach beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 2.361,25 Euro mit 321,14 Euro und ab 1.1.2003 wegen der Veränderung des Beitragssatzes mit 337,66 Euro festgesetzt hat, hat sie diese Bescheide gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X aufgehoben, nachdem sich nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides ergab, dass sie von zu hohen monatlichen Einnahmen ausgegangen und deshalb zu hohe monatliche Beiträge festgesetzt hatte. Gegen die Aufhebung dieser Bescheide wendet sich der Kläger auch nicht.
b) Nach § 240 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) war die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkassen zu regeln (Abs 1 Satz 1). Die Satzung musste für die Beitragshöhe die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Abs 1 Satz 2) und mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen waren (Abs 2 Satz 1). Für hauptberuflich selbstständige freiwillige Mitglieder waren Mindesteinnahmen zu Grunde zu legen, es sei denn, es wurden niedrigere Einnahmen nachgewiesen (§ 240 Abs 4 Satz 2 SGB V in der hier anzuwendenden seit dem 1.1.1993 geltenden Fassung, angefügt durch Art 1 Nr 137 Buchst c des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl I 2266).
Diese Vorgaben erfüllten die Satzungsbestimmungen der Beklagten. Nach dem in den Jahren 2002 und 2003 geltenden § 15 Abs 3 der Satzung, die revisibles Recht iS von § 162 SGG enthält, weil ihr Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt und damit der Auslegung durch das Revisionsgericht unterliegt, galten als beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder deren monatliche Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht wurden oder verbraucht werden konnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Einmalige Einnahmen galten mit einem Zwölftel des Jahresbetrags als monatliche beitragspflichtige Einnahmen.
Eine solche Generalklausel reichte aus, um neben den im Gesetz genannten beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigten auch andere Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen, die bereits in der ständigen Rechtsprechung des BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden sind (vgl BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 12 KR 1/00 R - BSGE 87, 228 = SozR 3-2500 § 240 Nr 34). Auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Besteuerung unterliegen, beitragspflichtige Einnahmen freiwillig versicherter Mitglieder (vgl BSG, Urteile vom 23.9.1999 - B 12 KR 12/98 R - SozR 3-2500 § 240 Nr 31, und vom 9.8.2006 - B 12 KR 8/06 R - BSGE 97, 41 = SozR 4-2500 § 240 Nr 8 mwN). Die Satzungsbestimmungen der Krankenkassen können auch rechtmäßig regeln, dass einmalige Einnahmen mit einem Zwölftel des zu erwartenden Jahresbetrages monatlich für das betreffende Jahr anzusetzen sind (vgl BSG, Urteil vom 22.3.2006 - B 12 KR 8/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 6 mwN). Nach diesen Grundsätzen wurden durch die allgemeine Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen in der Satzung der Beklagten auch Einkünfte aus Kapitalvermögen als beitragspflichtige Einnahmen erfasst.
c) Die im Mai 2002 erfolgten Zahlungen aus der Lebensversicherung in Höhe von 23.979 Euro waren beitragspflichtige Einnahmen des Klägers. Von der Auszahlung aus der Lebensversicherung entfielen ausweislich des Steuerbescheides für das Jahr 2002 23.979 Euro auf Einkünfte aus Kapitalvermögen iS von § 20 Abs 1 Nr 6 Einkommensteuergesetz (EStG) in der hier anwendbaren im Mai 2002 geltenden Fassung. Der Berücksichtigung als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen stand nicht entgegen, dass Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens an ein Kreditinstitut abgetreten worden waren und die Zahlung zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Klägers erfolgte. Steuerrechtlich war der Kläger wirtschaftlicher Inhaber der Forderung iS von § 39 Abs 2 Nr 1 Satz 2 Abgabenordnung, weil die Abtretung zur Sicherung einer Darlehensforderung erfolgt war (vgl Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 8. Aufl 2003, § 39 RdNr 38; vgl zur Besteuerung von Zinsen aus zur Sicherheit übertragenen Lebensversicherungen BFH, Urteil vom 12.9.2007 - VIII R 12/07 - BFHE 219, 43). Soweit die Satzung vorgeschrieben hat, dass Einnahmen und Geldmittel ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zur Beitragsbemessung heranzuziehen sind, hindert dies nicht, die Wertung des Einkommensteuerrechts, eine Geldleistung sei eine Einnahme im Sinne des EStG, auch im Beitragsrecht zu berücksichtigen. Ziel der Satzungsvorschrift ist es, steuerrechtliche Vergünstigungen im Einkommensteuerrecht nicht auf die Beitragspflicht in der Krankenversicherung durchschlagen zu lassen. Im Hinblick auf das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl BFH, Urteil vom 1.3.2005 - VIII R 92/03 - BFHE 209, 285, 290) spricht die steuerrechtliche Zuordnung von Einnahmen als steuerbare Einkünfte jedoch in der Regel dafür, dass sie auch beitragsrechtlich als Einnahmen des Steuerpflichtigen zum Lebensunterhalt zu werten sind. Es ist nicht ersichtlich, dass die hier zu beurteilende Auszahlung des zur Sicherheit einer Darlehensforderung abgetretenen Anspruchs aus einem Lebensversicherungsvertrag an das Kreditinstitut, die zur Tilgung einer Verbindlichkeit des Versicherten bestimmt ist, anders zu beurteilen ist.
Im Rahmen von § 240 SGB V gilt vielmehr, dass dann, wenn dem Grunde nach beitragspflichtige Einnahmen von Versicherten abgetreten werden, dies eine für die Beitragsbemessung grundsätzlich unbeachtliche Verwendung der Einnahmen ist. Der Senat hat bereits für die Abtretung von Versorgungsbezügen versicherungspflichtiger Rentner im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs entschieden, dass der Betrag, den der Versorgungsträger insgesamt zur Erfüllung des Versorgungsanspruchs auszahlt, zur Beitragsbemessung heranzuziehen ist. Ein Anspruch auf laufende Bezüge werde in der Regel abgetreten, um mit den dann erfolgenden Zahlungen eine Verbindlichkeit gegenüber dem Abtretungsempfänger zu erfüllen; andernfalls handele es sich um freiwillige Zuwendungen an diesen. Eine Minderung der beitragsrechtlichen Leistungsfähigkeit trete damit nicht ein, weil entweder der Abtretende von einer Verbindlichkeit befreit werde oder er kraft freiwilligen Entschlusses über die Verwendung seiner Einkünfte verfüge, was die Beitragsbemessung ebenfalls nicht beeinflussen könne (vgl BSG, Urteile vom 21.12.1993 - 12 RK 28/93 - SozR 3-2500 § 237 Nr 3, und vom 28.1.1999 - B 12 KR 24/98 R - SozR 3-2500 § 237 Nr 7; vgl auch BVerfG, Beschlüsse vom 20.8.2001 - 1 BvR 487/99 - FamRZ 2002, 311, und vom 22.2.1995 - 1 BvR 117/95 - USK 95148). Diese Erwägungen gelten auch für eine Auszahlung aus einem zur Sicherheit einer Darlehensforderung abgetretenen Anspruchs aus einem Lebensversicherungsvertrag an das Kreditinstitut zur Tilgung einer Verbindlichkeit des Versicherten.
Eine Zahlung aus einer Lebensversicherung, die zur Sicherheit einer Darlehensforderung abgetreten ist, an einen Dritten zur Tilgung von diesem gegen den Versicherten zustehenden Forderungen aus einem Darlehensvertrag hat ihren Rechtsgrund in dem weiter fortbestehenden Lebensversicherungsvertrag zwischen Versichertem und dem Versicherungsunternehmen. Die Rechtsstellung des Abtretungsempfängers einer zur Sicherung abgetretenen Forderung unterscheidet sich von der des Vertragspartners dadurch, dass lediglich einzelne Ansprüche und Rechte abgetreten sind, er jedoch nicht vollständig in die Stellung als Vertragspartei mit den entsprechenden Rechten und Pflichten einrückt. Die Verwertung durch eine einen Kredit gewährende Bank unterliegt Beschränkungen (vgl BGH, Urteil vom 20.3.1991 - IV ZR 50/90 - ZIP 1991, 573), dem Sicherungsnehmer steht als Inhaber des Anspruchs in der Regel ein Recht nur in der jeweiligen Höhe seiner gesicherten Forderung zu (vgl KG Berlin, Urteil vom 12.12.2008 - 6 U 41/08 - KGR Berlin 2009, 238 = VersR 209, 1206). Wird zur Tilgung der Darlehensforderung des Sicherungsnehmers die Versicherungssumme an ihn gezahlt, wird der Sicherungsgeber in Höhe der Zahlung von seiner Verbindlichkeit befreit und damit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Entgegen der Auffassung der Revision wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht von der Höhe der liquiden Mittel bestimmt und können im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung auch Einnahmen, die der Erfüllung von Verbindlichkeiten dienen, zur Beitragsbemessung herangezogen werden (vgl zum im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Bruttoprinzip Urteile des Senats vom 21.12.1993 - 12 RK 28/93 - SozR 3-2500 § 237 Nr 3, und vom 28.1.1999 - B 12 KR 24/98 R - SozR 3-2500 § 237 Nr 7).
d) Der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet keine andere Auslegung. Soweit der Kläger meint, ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege darin, dass bei freiwillig Versicherten zur Beitragsbemessung auch Kapitalerträge als beitragspflichtige Einnahmen berücksichtigt werden, während bei Pflichtversicherten ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit herangezogen würden, trifft dies zum einen nicht in vollem Umfang zu, weil auch andere Einnahmen Pflichtversicherter der Beitragsbemessung unterworfen sind (vgl § 226 Abs 1 SGB V für versicherungspflichtig beschäftigte Pflichtversicherte; vgl auch § 227 SGB V für nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Pflichtversicherte). Zum anderen ist die unterschiedliche beitragsrechtliche Berücksichtigung von Kapitaleinkünften verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BSG, Urteil vom 24.11.1992 - 12 RK 8/92 - BSGE 71, 244 = SozR 3-2500 § 224 Nr 2; BVerfG, Beschluss vom 3.2.1993 - 1 BvR 1920/92 - SozR 3-2500 § 240 Nr 11).
e) Zu Recht hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid für die Zeit ab 1.5.2002 bis 31.3.2003 unter Berücksichtigung des nach der Satzung geltenden Beitragssatzes keine niedrigeren Beiträge als monatlich 320,14 Euro errechnet. Dieser Betrag ergibt sich unter Berücksichtigung monatlicher beitragspflichtiger Einnahmen in Höhe von 2.354 Euro. Niedrigere beitragspflichtige Einnahmen hat der Kläger nicht nachgewiesen. Der Steuerbescheid für das Jahr 2002 wies Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.092 Euro und aus Kapitalvermögen in Höhe von 24.243 Euro abzüglich Werbungskosten in Höhe von 87 Euro, insgesamt Einkünfte in Höhe von 28.248 Euro aus. Hieraus ergaben sich bei der zulässigen Berücksichtigung des Jahresbetrages der Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Zwölftel monatlich und Verteilung der Kapitaleinkünfte als einmalige Einnahmen mit einem Zwölftel des Jahresbetrags entsprechend § 15 Abs 3 der Satzung die berücksichtigten beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 2.354 Euro. Zu Recht hat die Beklagte bei der Bestimmung der beitragspflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen diese nicht um einen Sparerfreibetrag nach § 20 Abs 4 EStG gemindert. Einen solchen Abzug sehen weder § 240 SGB V noch die Satzung der Beklagten vor, ein solcher ist auch nicht rechtlich geboten, weil durch ihn die Höhe der zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Einnahmen aus Kapitalvermögen durch diese rein steuerrechtliche Privilegierung nicht berührt wird (vgl BSG, Urteil des Senats vom 9.8.2006 - B 12 KR 8/06 R - BSGE 97, 41 = SozR 4-2500 § 240 Nr 8 mwN).
Fundstellen
Haufe-Index 2351546 |
BFH/NV 2010, 2399 |
DB 2010, 18 |
DStR 2010, 1791 |
NZS 2010, 13 |
SGb 2010, 277 |
WISO-SteuerBrief 2010, 1 |